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Sterne im Sand

Sterne im Sand

Titel: Sterne im Sand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Shaw
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makellos weißen Laken sah riesig aus im Vergleich zu dem winzigen Patienten darin.
    Doombies dunkle Haut wirkte grau, die Wangen hohl; die dünnen Ärmchen ruhten auf der Bettdecke, doch die großen Augen schauten dem Besucher interessiert entgegen.
    Harry unterdrückte einen Aufschrei der Verzweiflung. Es war tatsächlich Doombie; er erkannte Gabbidgees Gesichtszüge in seinen und auch das breite, freundliche Lächeln.
    »Liebling, du hast Besuch«, sagte Molly Giles. »Erinnerst du dich an Mr. Broderick?«
    »Ich glaube kaum, daß er mich noch kennt«, murmelte Harry, doch er irrte sich.
    »Er großer Boß«, sagte der Kleine stolz.
    »Springfield«, erklärte Harry, küßte das Kind auf die Stirn und ergriff dessen zerbrechliche Hand. »Darf ich mich aufs Bett setzen?« fragte er die Frau.
    »Ja, bitte.«
    Er nahm vorsichtig Platz. »Ich wollte dir nur Hallo sagen. Wir vermissen dich alle ganz schrecklich, Doombie.«
    Zu seiner Überraschung verfiel dieser in seine eigene Sprache, erkundigte sich nach seinen Eltern, und Harry bemühte sich, im Dialekt zu antworten, was das Kind zu belustigen schien. Es wirkte erstaunlich fröhlich, doch als es immer weiter in seiner Muttersprache plapperte, sah Harry Mrs. Giles fragend an, ob er ihn auch nicht überanstrengte. Sie nickte ihm aufmunternd zu.
    »Lassen Sie ihn nur«, flüsterte sie. »Für ihn ist es eine Erleichterung, Englisch zu sprechen fällt ihm schwer.«
    Harry blieb lange bei dem Jungen sitzen und berichtete ihm von seinen Eltern und von Nioka, als lebten sie noch immer auf Springfield. Er gab vor, das Kind zu verstehen, und es ergriff beinahe heftig seine Hand, als wolle es die kostbaren Erinnerungen festhalten.
    Als sie wieder im Wohnzimmer waren, fragte Harry verzweifelt: »Gibt es noch Hoffnung, daß ich ihn zu seinen Eltern bringen kann?« Er könnte Victor telegrafieren. Ihn anweisen, die Eltern nach Springfield zu holen. Nioka würden wissen, wo sie lebten.
    »Tut mir leid, Mr. Broderick, er würde die Reise nicht überstehen.«
    »Wir könnten den Zug nehmen. Und dann eine bequeme Kutsche. Sie können natürlich mitkommen und ihn unterwegs pflegen. Bitte lassen Sie mich ihn nach Hause bringen.«
    »Es ist leider zu spät. Doombie hat nicht mehr viel Zeit. Sie haben den Hustenanfall ja selbst erlebt.«
    »Was sollen wir denn tun? Ich kann Spezialisten holen, falls es eine Frage des Geldes ist …«
    Sie schüttelte den Kopf. »Ich würde alles tun, damit er seine Eltern wiedersehen kann, das müssen Sie mir glauben. Aber man darf keine falschen Hoffnungen wecken. Mein kleiner Liebling würde es nicht schaffen.«
    »Ich habe ihm gesagt, ich würde morgen mit einem Geschenk wiederkommen. Geht das in Ordnung?«
    »Ja, natürlich. Er mag doch so gerne Eis, das wäre eine echte Überraschung für ihn.«
    An diesem Abend schrieb Harry einen weiteren Entschuldigungsbrief an Connie, überließ es jedoch Fern, in einem Begleitschreiben die näheren Umstände zu erklären, da er dazu viel zu aufgewühlt war. Jeden Tag suchte er Brisbane vergeblich nach Bobbo ab, nachdem er Doombie morgens mit Eis, Schokolade oder Stofftieren besucht hatte. Auch Jagga spukte stets in seinem Kopf herum.
    Harry, Molly und Buster hielten an Doombies Bett Wache, als das Kind erschöpft für immer die Augen schloß. Buster, der Ex-Boxer, weinte, als würde sein Herz brechen.
     
    Zu Austins Zeit war das Reisen vielleicht langsamer, dafür aber einfach gewesen, dachte Harry, als der Zug durch das offene Land in Richtung Ipswich ratterte. Wenn sein Vater nach Brisbane wollte, hatte er einfach sein Pferd gesattelt und war losgeritten. Er übernachtete ein paarmal auf anderen Farmen, wo man den Besucher herzlich willkommen hieß. Diese Zwischenstopps boten reichlich Gelegenheit zum Plaudern und für Fachgespräche über Wetter, Wolle und Pferde. Dann brach das Zeitalter der Eisenbahnen an. Die erste Strecke verlief zwischen Brisbane und Ipswich, später wurde sie bis Toowoomba ausgebaut. Niemand konnte sich dem Fortschritt entziehen. Austin beklagte sich, man könne vom Zug aus nichts sehen, und Harry war geneigt, ihm zuzustimmen. Er starrte trübsinnig aus dem Fenster. Hoch zu Roß überblickte man das Land, bemerkte sich abzeichnende Wetterwechsel, das nach Trockenheit oder Buschbränden wieder sprießende junge Grün, die scheuen Tiere, das Funkeln der Farben im unscheinbaren Gebüsch. Es gab immer etwas Neues zu entdecken. Er sah seine Mitreisenden an, die ebenso gelangweilt

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