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Sterne im Sand

Sterne im Sand

Titel: Sterne im Sand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Shaw
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Springfield waren, wurde er sehr still, doch Harry ahnte, daß er das tat, was Kinder am besten können: intensiv und schweigend die Welt beobachten. Jagga hatte einen wachen Verstand. Kannte er diese Straße? Erinnerte sie ihn an seine seltsame Abreise? Glaubte er wirklich, daß er zu seiner Mutter gebracht wurde, oder bereitete er sich innerlich auf eine erneute Enttäuschung vor?
    In Harrys Augen sprachen der trockene Busch, das hohle Krächzen der Mönchsvögel und die dunklen Augen der wachsamen Krähen von Qual und Angst, als wüßten sie um das Geheimnis, als wiege der Verlust zweier Buschkinder auch für sie unendlich schwer.
    Im Dunkeln ritten sie an den hohen Fichten vorbei, auf die Lichter des Hauses zu. Jagga lehnte schlafend an Harrys Brust. Er traute sich nicht, den Jungen zu wecken und ihm zu sagen, daß er zu Hause angekommen sei.
    Alle waren verblüfft, als er mit Jagga auf dem Arm ins Haus trat, doch er grinste nur und ging weiter in die Küche. Nioka war sicher irgendwo dort draußen.
    Hannah rief nach ihr, und bald stand sie wie betäubt in der Tür, als könne sie ihren Augen nicht trauen. Doch da war er, ihr Junge, Jagga, der sich schläfrig in Harrys Armen bewegte, und hinter ihm drängten sich alle anderen in die Küche. Missus Louisa weinte. Dann ging Nioka lautlos über den Steinboden, vorbei an dem großen Küchentisch, und nahm tränenüberströmt ihren Sohn entgegen.
    Als Harry später mit ihr draußen saß, stellte sie ihm die unvermeidliche Frage: »Wo sind andere Kinder?«
    Nachdem sie alles gehört hatte, gab sie sich voller Verzweiflung selbst die Schuld an allem. Schluchzte, sie hätte an jenem Tag im Lager bleiben sollen, anstatt die Kinder den zaghaften Frauen zu überlassen, die sich nicht gegen die Entführung wehrten. Sie war entsetzt, daß Doombie so weit entfernt von seiner Familie und seinem Traumort gestorben war, und fürchtete, sein kleiner Geist werde nie den Heimweg finden. Sie hatte Angst, daß auch Bobbo gestorben sein könnte. Harry bemühte sich vergeblich, sie davon zu überzeugen, daß ihr Neffe eines Tages ebenso wie Jagga heimkehren würde.
    »Meine Tante, die in Brisbane lebt, hat mir versprochen, nach ihm Ausschau zu halten. Sie wird ihn finden.«
    Schließlich setzte er sich mit seiner eigenen Familie zusammen und berichtete von der Suche. Er wußte, daß Vorwürfe und Beschuldigungen nichts brachten, da sie aufrichtig entsetzt waren, als sie von Doombies Tod, Bobbos Verschwinden und dem furchtbaren Betrug der Missionare hörten.
    »Ich hab’ diesen Schweinehund ja nie gemocht«, erklärte Victor.
    Dann sah Harry Victor, Louisa und Charlotte an, die seinen Erzählungen so aufmerksam gelauscht hatten.
    »Wo steckt eigentlich Rupe?«
    Charlotte rutschte unbehaglich auf ihrem Stuhl hin und her.
    »Das ist wieder eine andere Geschichte.«

[home]
    15. Kapitel
    Charlotte fühlte sich ziemlich geschmeichelt. Sie hatte zwei Briefe von Mr. Winters, ihrem neuen Anwalt, erhalten. Beide waren geschäftlicher Natur, doch der zweite endete mit der persönlichen Bemerkung, er hoffe, sie bald wieder in Brisbane begrüßen zu können. Die Stadt entwickle sich rasend schnell, es gäbe viel Neues zu sehen.
    Einerseits errötete sie angesichts seines forschen Stils, andererseits versuchte sie, ihn vor sich selbst zu verteidigen. Warum sollte er sich nicht ein wenig forsch geben? Die meisten Leute verhielten sich ohnehin viel zu steif. Außerdem war er eine stattliche Erscheinung und, das hatte sie bereits über ihn in Erfahrung gebracht, verwitwet. Mr. Winters verstand besser als jeder andere, wie einsam sich eine Witwe selbst innerhalb ihrer Familie fühlen mußte. Schon als sie ihm zum ersten Mal begegnet war, hatte sie ihn überraschend attraktiv gefunden, diese Tatsache jedoch vor Fern verborgen, um nicht zur Zielscheibe von Neckereien zu werden. Auch wußte sie nur allzu gut, daß sie keine Schönheit war; weshalb also sollte sich ein so charmanter Mann für sie interessieren?
    Dennoch lächelte sie, als sie ihm nun antwortete. Der Brief fiel länger aus als geplant. Sie beschrieb ihm das betriebsame Leben auf der Farm zur Zeit der Schur, wenn es im berühmten Wollschuppen vor Scherern nur so wimmelte. Es war schön, einen Briefpartner zu haben, selbst wenn die Korrespondenz hauptsächlich aus höflichen Nichtigkeiten bestand. Sie hob seine Briefe in ihrem Zimmer auf, um keine Neugier zu wecken.
    Ihre Stimmung hatte sich dadurch soweit gebessert, daß sie Louisa bei

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