Sterne im Sand
Landstraße hinter uns.« Er lächelte dünn. »Ich fürchte, auch wir sind für den Anlaß kaum passend gekleidet, wollten Ihnen aber auf schnellstem Wege mitteilen, daß wir unsere Mission erfüllt haben …«
»Mit großem Erfolg«, fügte seine Frau hinzu und erntete dafür ein Stirnrunzeln von seiten ihres Mannes. »Durch Gottes Gnade«, verbesserte er sie.
Hannibal mußte sie wohl oder übel hereinbitten. Er entschuldigte sich für die Abwesenheit der Haushälterin, erlitt einen erneuten Husten- und Niesanfall und rieb sich demonstrativ die angeblich fiebrige Stirn. Der Anblick dieser Glaubenseiferer in Begleitung dreier schwarzer, unglücklich dreinblickender Kinder konnte einem aber auch wirklich einen Fieberanfall bescheren. Besonders jetzt.
»Sie Ärmster«, sagte Mrs. Billings. »Kann ich etwas für Sie tun?«
»Nein, danke. Ich befürchte allerdings, daß Sie sich anstecken werden, diese Grippe grassiert derzeit in Brisbane.«
Er legte die Fingerspitzen aneinander und gab vor, den Berichten des Ehepaars zu lauschen, das von seinen Touren und Torturen erzählte. Mit welchem Recht drängten sie sich ihrem Bischof derart auf? Nur das triumphierende Glitzern in Toms Augen hielt ihn davon ab, sie hinauszuwerfen. Hinter diesem Auftritt mußte mehr stecken als die Bekehrung von drei schwarzen Kindern.
Die Jungen drängten sich wie ängstliche Welpen in einem Sessel zusammen. Hannibal mußte den Blick abwenden. Jesus, wie alt mochten sie sein? Höchstens sieben. Sicher, er hatte seinen Laienpredigern eingetrichtert, daß jüngere Kinder schneller Englisch lernten, doch das hier waren noch halbe Babys. Die Kinder in der Mission waren nicht jünger als elf und damit alt genug zum Arbeiten.
Dieser verfluchte Tom Billings! Hannibal fiel ein, daß der Mann jedes seiner Worte als Evangelium betrachtete. Eigentlich wäre er genau der richtige Begleiter für ihn, ein fanatischer Idiot, der keine Fragen stellte.
Worum ging es denn bei seiner ganzen Gottsuche? Er wollte die Leichtgläubigen, die Frommen, die Fanatiker aufspüren, die die Grundfesten seiner Kirche bildeten. Sie arbeiteten für ihn und schafften unermüdlich Geld heran. Billings war der ideale Helfer.
Hannibal gestattete Mrs. Billings, in seiner Küche Tee zu kochen, den sie im Salon servierte. Die Kinder bekamen Wasser und Kekse. Er wartete gespannt auf die guten Neuigkeiten. Und dann rückte Tom Billings mit der Sprache heraus und präsentierte den Scheck des Squatters Austin Broderick.
Er überreichte ihn Hannibal mit großer Geste, dazu noch einen Beutel mit Münzen aus ihren übrigen Kollekten, von denen er die Spesen bereits abgezogen hatte. Mit seinen nächsten Worten verscherzte er es sich jedoch gründlich mit dem Bischof. Er teilte ihm mit, daß Austin Broderick weiterhin seine Hand über die Kinder halten wolle. So hatte sich Hannibal die Sache nicht vorgestellt. Männer, die sich auf solche Vereinbarungen einließen, konnte er als Helfer nicht gebrauchen.
Er gab Tom Billings die Münzen großzügig zurück, die er als Gottes Lohn für einen ehrlichen Mann bezeichnete, und hoffte, sie würden nun ihres Weges ziehen, doch Tom ließ sich nicht so leicht abwimmeln.
»Wir können keine schwarzen Kinder mit in unsere Unterkunft nehmen. Das ist nicht gestattet, Herr Bischof. Sie können sich nicht vorstellen, wie schwierig es war, sie herzubringen, nachdem wir uns von den Viehtreibern getrennt hatten. Selbst auf dem Land gab es keine Unterkunft für sie, so daß wir die Jungen nachts in Schuppen einsperren mußten. Hier in der Stadt wird sie erst recht keine Pension aufnehmen.«
»Nun gut, nun gut«, murmelte Hannibal salbungsvoll. Mrs. Billings hatte auch schon eine Lösung parat.
»Ich weiß, daß wir Ihnen Umstände bereiten, vor allem jetzt, da es Ihnen nicht gut geht, aber wir müssen sie hier bei Ihnen lassen. Uns bleibt leider keine andere Wahl. Morgen fahren wir sie zur Mission hinaus.«
»Das wird wohl das Beste sein«, bekräftigte ihr Mann. »Dann kann ich an Mr. Broderick schreiben und ihm mitteilen, daß die Kinder wie vereinbart untergebracht wurden. Sie müssen wissen, daß er während unseres Aufenthaltes einen Schlaganfall erlitten hat. Zu gut gelebt, würde ich sagen. Der Mann trinkt. Das tun sie alle.«
Zum Glück habe ich noch rechtzeitig die Brandykaraffe versteckt, dachte Hannibal.
Schließlich erklärte er sich bereit, die Kinder bei sich zu behalten, da es der einzige Weg schien, seine Laienprediger
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