Sterne im Sand
besitze. Dies brachte Harry nun wirklich gegen seinen Vater auf. War es etwa allein das Geld, mit dem Austin sich den Gehorsam seiner Familie erkauft hatte? Er war stets großzügig gewesen. In seinem Büro bewahrte er eine Kassette auf, und wann immer seine Frau oder die Söhne Geld zum Einkaufen oder Ausgehen benötigten, zeigte er sich äußerst spendabel. Doch sie mußten ihn erst darum bitten.
Und anläßlich seiner Heirat und des Einzugs ins Parlament hatte Austin ihm den Start in ein mehr als angenehmes Leben ermöglicht, das mußte man ihm lassen.
Victor hatte es da schon weniger gut getroffen. Da er und seine Frau auf Springfield lebten, hatte er es nicht für nötig befunden, ihnen ein ähnlich großzügiges Hochzeitsgeschenk zu machen. Harry wußte, daß Louisa dies noch immer kränkte, doch Victor hatte nie ein Wort darüber verloren. Vielleicht verstand er, daß das Leben in der Stadt gewisse finanzielle Mittel erforderte.
Nun war jedenfalls sein ganzes Geld weg und die Quelle, aus der es stammte, versiegt. Er mußte sich nach etwas anderem umsehen.
Der Premierminister hatte seinen Rücktritt kurz angebunden zur Kenntnis genommen und augenblicklich die Vorbereitungen für die Nachwahl getroffen.
Anschließend hatte Harry seine Tante Fern aufgesucht und ihr für die Hilfe gedankt, die sie Connie in jenen schlimmen Tagen hatte zukommen lassen. Er entschuldigte sich für sein Verhalten und erwähnte Sam Ritter mit keinem Wort.
Zum ersten Mal führte er mit Fern ein wirkliches Gespräch. Sie wirkte überraschend ruhig angesichts des ganzen Durcheinanders. Selbst die Sache mit der Waffe, die sie selbst zur Sprache brachte, ließ sie erstaunlich kalt.
»Ich hoffe, es gibt keine nächtlichen Schießereien mehr.«
Er wurde rot. »Es tut mir so leid, das war sehr dumm von mir.«
»Mehr steckte nicht dahinter?« fragte sie mit Nachdruck.
»Nein.«
»Also gut, lassen wir’s dabei. Was hast du jetzt vor?«
»Josh Pearson hat die Tirrabeefarm bei Warwick gekauft und sucht einen Verwalter. Ich treffe mich heute nachmittag mit ihm.«
»Was ist mit seinem Sohn? Hatte er Tirrabee nicht ursprünglich für ihn gekauft?«
»Der arme Andy ist bei einem Sturz vom Pferd umgekommen. Hat sich den Hals gebrochen.«
»Oh, das tut mir leid.«
Beim Gehen drückte Fern ihm eine gefüllte Geldbörse in die Hand. Harry war diese Geste peinlich.
»Das kann ich nicht annehmen, Fern. Ich habe mir geschworen, nie wieder Geld zu borgen.«
»Es ist kein Darlehen, sondern soll dir über die Runden helfen, bis du auf eigenen Füßen stehst. Was hält Connie von dem Umzug nach Tirrabee?«
»Sie reißt sich nicht gerade darum, aber die Farm ist schön und das Haus ganz in Ordnung. Kein Palast, aber wir können es uns ein wenig herrichten. Ich würde mich glücklich schätzen, wenn ich die Stelle bekäme. Mehr kann ich ihr nicht bieten.«
Fern sah ihm nach. Sie war froh, daß er seinen Problemen endlich ins Gesicht gesehen und einen neuen Weg eingeschlagen hatte, selbst wenn Austin dies nicht guthieß. Seine Entscheidung, Harry von Springfield zu verbannen, war ebenso lächerlich wie typisch für ihn. Ihr machte es nichts aus, ihrem Neffen mit einigen hundert Pfund auszuhelfen. Sein Vater hatte sich ihr gegenüber immer so großzügig gezeigt, nun konnte sie wenigstens einen Teil davon in sinnvoller Weise zurückgeben.
Sie beschloß, Charlotte und Austin von Harrys Besuch zu schreiben, damit sie sich keine Sorgen machten. Dann kam sie auf ihre eigene Neuigkeit zu sprechen. Sie hoffte, Austin fühle sich besser, da sie gedenke, in einigen Wochen nach Springfield zu kommen.
Charlottes knappe Antwort kam postwendend und sorgte bei Fern für einige Bestürzung.
Vielen Dank für Deinen Brief. Austin geht es den Umständen entsprechend gut. Wir haben uns gefreut, etwas über Harry zu hören, doch er hat uns auch selbst geschrieben. Was Deinen Besuch auf Springfield betrifft, so ist der Zeitpunkt denkbar ungünstig gewählt. Wir haben gegenwärtig sehr viel zu tun.
Ich verbleibe usw.,
Charlotte Broderick.
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6. Kapitel
Hannibal Frawley, der selbsternannte Bischof der Kirche des Heiligen Wortes, litt unter Heuschnupfen. Er stand neben dem Schild mit der Aufschrift ZU VERKAUFEN und schniefte in sein Taschentuch. Dann machte er sich wieder daran, das Schild von dem Torpfosten zu entfernen. Er nahm es ab und eilte damit zum Haus, schlüpfte zwischen den üppig blühenden Akaziensträuchern hindurch und warf es zu dem
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