Sterne im Sand
übrigen Abfall, der sich unter dem Haus angesammelt hatte.
Er seufzte erleichtert, wischte sich die weichen, rosigen Handflächen an der Hose ab, trat auf die Veranda und warf einen zufriedenen Blick auf den ungepflegten Garten. Ohne den Heuschnupfen wäre Hannibal ein wirklich glücklicher Mann gewesen. Dies war seine letzte Nacht in der Kirche, die ihm auch als Wohnung gedient hatte, denn er hatte das Anwesen gewinnbringend verkauft. Der Käufer war ein Gemeindemitglied, ein überaus ehrenhafter Mann mit großer Familie, der außer sich vor Freude war, weil er ein vom Herrn gesegnetes Haus erwerben durfte. Er hatte – dies war eine Verkaufsbedingung gewesen – mit der Hand auf der Bibel geschworen, das Gebäude mit Respekt zu behandeln, denn Hannibal konnte seine Kirche verständlicherweise nicht an jeden x-beliebigen Interessenten veräußern.
»Es ist immer ein trauriger Tag, wenn eine Kirche schließen muß«, meinte der Käufer, doch die Antwort seines Bischofs heiterte ihn gleich wieder auf.
»Ganz im Gegenteil, dieser Tag ist herrlich. Es wird Zeit, daß ich eine wirkliche Kirche baue. Das prachtvolle Gebäude wird gleich neben unserem Missionsheim an den Hängen des Mount Nebo entstehen. Dort gibt es so viele Kinder und Laienhelfer, die dringend der Nähe ihres Bischofs bedürfen.«
»Gott segne Sie, Herr Bischof«, sagte der Mann, als das Geld den Besitzer wechselte.
Auch du seist gesegnet, dachte Hannibal nun grinsend, trat ins Haus und bediente sich an der Brandykaraffe. Dieser Trottel hatte teuer bezahlt für das Privileg, sein Haus mit dem Herrn zu teilen, und dem Bischof zu einem schönen Profit verholfen.
Auch das Missionsheim war geschlossen. Man hatte die Kinder ins Waisenhaus oder in die Obhut von Laienpredigern gegeben, die sich von nun an auf sich selbst gestellt durchschlagen mußten. Hannibal hatte ihnen in aller Freundlichkeit dargelegt, daß es sich lediglich um einen vorübergehenden Rückschlag handle, da die Pacht für das Missionsgrundstück abgelaufen sei und nicht erneuert werden könne. Sie waren so herrlich leichtgläubig und hatten ihm sogar abgekauft, daß er in Verhandlungen über den Erwerb eines sehr viel schöneren Grundstücks stehe, das in Redcliffe unmittelbar am Strand gelegen war. Dort sollte in vier Wochen die große Wiedervereinigung stattfinden.
Brisbane hatte ihm Glück gebracht; seine Anhänger hatten ganze Arbeit geleistet. Als hingebungsvolle Spendensammler hatten sie in seinem Namen ein kleines Vermögen zusammengetragen, wofür er ihnen überaus dankbar war. Als kleine Anerkennung hatte er jedem von ihnen eine wunderschöne Schriftrolle überreicht mit ihren Namen in goldenen Lettern darauf, die verkündete, daß sie hiermit zu neu geweihten Pastoren der Kirche des Heiligen Wortes ernannt seien. Ihre Freudentränen darüber wären ihm beinahe zu Herzen gegangen.
Doch nun war es an der Zeit, neue Wege einzuschlagen. Bei einem weiteren Brandy überdachte Hannibal seine Pläne. Das Heilige Wort war eine gute Idee, doch die wahre Goldgrube versprachen Wunderheilungen zu werden. Dazu bedurfte es jedoch einer größeren Stadt. Sydney wäre da genau richtig …
Mit Erstaunen vernahm er draußen das Quietschen des alten schmiedeeisernen Tores. Pferde zogen einen verstaubten Wagen in die Einfahrt, und er spürte schon wieder ein Kitzeln in der Nase.
Wer zum Teufel konnte das sein?
Als Hannibal Tom Billings, dessen Frau und den drei schwarzen Rangen entgegentrat, hatte er sich wieder gefangen. Nur das Niesen ließ sich nicht unterdrücken.
»Meine Lieben«, verkündete er schniefend und streckte die Arme zur Begrüßung aus. »Ich freue mich, euch zu sehen. Gesegnet sei der Herr, der euch sicher heimgeführt hat.«
Hannibal hatte das neuseeländische Paar, das er in den Busch geschickt hatte, um bei den Squattern reiche Beute zu machen, völlig vergessen.
»Geht es Ihnen gut, Herr Bischof?« fragte ihn Mrs. Billings besorgt. »Sie sehen krank aus.«
»Vielen Dank, meine Liebe. Ich leide unter einer ganz abscheulichen Grippe. Bitte vergeben Sie mir meinen Aufzug, aber ich habe tagelang im Bett gelegen. Mir ist es sehr unangenehm, Sie in Hemdsärmeln zu empfangen. Treten Sie doch ein, ich werde mich rasch umziehen.«
Doch Billings lehnte das Ansinnen entschieden ab. »Um Gottes willen, nicht doch. Wir kommen schließlich unangemeldet. In Gottes Augen ist ein Mann in Hemdsärmeln ein Mann wie jeder andere. Wir haben immerhin drei Wochen auf der
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