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Sterne im Sand

Sterne im Sand

Titel: Sterne im Sand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Shaw
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Kinder auf dem Hof vorzufinden; sie trafen in allen Größen und Hautfarben ein, von winzigen Babys bis hin zu zerlumpten Lausejungs. Die Menschen schienen das Armenhaus für einen sicheren Zufluchtsort zu halten, doch darin täuschten sie sich gewaltig.
    Es war eher ein Irren- als ein Armenhaus.
    Buster, ein ehemaliger Boxer, hatte wegen seiner Trinkerei schon mehr als einen Job verloren. Daher war er dankbar für seine Arbeit als rechte Hand des Leiters dieser Anstalt, die ihm auch ein Dach über dem Kopf bot. Seine Schwester, die ihm die Stelle besorgt hatte, leitete die Frauenabteilung. Buster hatte ihr versprechen müssen, den Schnaps aufzugeben, da er nun, wie sie es nannte, eine verantwortliche Position innehatte. Allerdings hatte er bald begriffen, daß die Angestellten dieser Institution eigentlich nichts taten außer ihr Gehalt zu beziehen und die Insassen davon abzuhalten, sich gegenseitig an die Gurgel zu gehen. Der Leiter, ein ehemaliger Bankdirektor mit bewegtem Vorleben, verbrachte den ganzen Tag in seinem Büro über Journale, Hauptbücher und Akten gebeugt und wagte sich nur selten vor die Tür, von einem Kontakt mit den Insassen ganz zu schweigen.
    Also diente ihm Buster als Laufbursche. Er verteilte die Dienstpläne, übermittelte Anweisungen an die unfähigen Arbeiter in der sogenannten Schuhfabrik, informierte Insassen, wenn sie das Armenhaus verlassen mußten, hielt sich von der stinkenden Küche fern und griff in Auseinandersetzungen ein. Es war ein furchtbarer Ort, doch wie alle anderen hatte auch er keine Wahl. Immerhin erhielt er fünf Pfund pro Woche für seine Arbeit.
    Das Armenhaus trieb scheinbar jeden dem Alkohol in die Arme. An Schnaps herrschte beileibe kein Mangel, sogar der Leiter griff zur Rumflasche, um seine Nerven zu beruhigen. Alle übrigen tauschten, stahlen, bettelten und prügelten sich um jeden Tropfen, der auch nur nach Fusel roch.
    Buster, der seine Fäuste noch immer zu gebrauchen wußte, hatte sich zum Beschützer der wenigen Abstinenzler entwickelt und dabei entdeckt, daß er darüber selbst die Lust am Schnaps verloren hatte. Es war wie eine Erleuchtung über ihn gekommen. Buster Giles empfand seine Umgebung als derart abstoßend, daß er nie wieder einen Tropfen anrührte und sich richtig gut dabei fühlte. Allmählich glaubte er, diese Position tatsächlich ausfüllen zu können.
    Doch zunächst mußte er sich um diese Kleinen hier kümmern.
    »Wo kommt ihr her?« fragte er sie.
    »Busch, Boß. Wir kommen aus Busch«, sagte einer.
    »Woher? Aus welchem Busch?«
    Kleine Hände zeigten in unbestimmte Richtungen.
    »Wer hat euch hergebracht?«
    »Weißer Boß. Bringt uns nach Hause.«
    »Wo ist denn euer Zuhause? Wo sind eure Mamis?«
    Die beiden anderen Jungen brachen in Tränen aus.
    »Im Lager«, sagte ihr Sprecher. Buster begriff, daß er es tatsächlich mit Schwarzen aus dem Busch zu tun hatte. Zwei von ihnen brabbelten nur in ihrer eigenen Sprache. »Na, wunderbar«, sagte er und brachte sie zu seiner Schwester in die Frauenabteilung.
    »Sie können nicht hierbleiben!« rief sie aus.
    »Das weiß ich auch, aber ich muß jetzt meine Runde machen.«
    Danach ging die alte Leier los. Das Armenhaus appellierte an Kirchen und Waisenhäuser, an Privatschulen und jeden anderen, der geneigt war zuzuhören, doch diese Kinder waren sehr viel schwerer unterzubringen als niedliche Babys und arbeitsfähige größere Kinder. Also blieben Bobbo, Jagga und Doombie, Herkunft unbekannt, wochenlang im Armenhaus. Gelegentlich kümmerten sich einige der Frauen um sie, die den kleinen Ausgestoßenen das wenige boten, das sie besaßen, nämlich Zeit.
    Der Sommer brachte eine erstickende Hitzewelle sowie Moskitos, Fliegen und Horden gigantischer Küchenschaben, die durch die heißen Schlafsäle und Schuppen wimmelten. Sie verursachten epidemieartige, verheerende Krankheiten und Fieber. Die Frauen konnten sich nicht länger um die drei schwarzen Kinder kümmern, von Molly Giles ganz zu schweigen. So blieben sie sich selbst überlassen, irrten durch das labyrinthartige Gebäude und suchten jeden Winkel nach etwas Eßbarem ab.
    Endlich gelang es Buster, den kleinen Bobbo, da er des Englischen mächtig war, in einem Waisenhaus der Methodisten unterzubringen. Die beiden anderen Jungen waren strikt abgelehnt worden.
    Buster wußte, daß es schwierig sein würde, die Kinder zu trennen, und brachte Bobbo heimlich in der Nacht weg.
    Seine Freunde weinten am nächsten Morgen stundenlang, und ihr

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