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Sterne über Sansibar - Vosseler, N: Sterne über Sansibar - Die diamantene Zisterne

Sterne über Sansibar - Vosseler, N: Sterne über Sansibar - Die diamantene Zisterne

Titel: Sterne über Sansibar - Vosseler, N: Sterne über Sansibar - Die diamantene Zisterne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole C. Vosseler
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dass sie sich nach der fehlgeschlagenen Thronrevolte mit Majid ausgesöhnt, Heinrich geheiratet und ihm zuliebe dessen Glauben angenommen hatte. Angst, ob sie auf Sansibar freundlich empfangen würde oder gleich wieder mit Schimpf und Schande davongejagt. Choles und Metles Briefe und die von Zamzam, die ersteren gefolgt waren, sowie das, was sie von den Matrosen der Ilmedjidi damals erfahren hatte, gaben eigentlich Anlass zur Hoffnung. Doch sie hatte nicht vergessen, wie erzürnt man auf Sansibar über ihre Liebe zu Heinrich und über ihre Flucht gewesen war.
    Rosa, die – wie so oft – die unausgesprochenen Sorgen ihrer Mutter erriet, küsste sie sanft auf die Wange.
    »Mach dir keine Sorgen. Es wird schon alles gut werden, mein Kind .«

    Erst auf dem Mittelmeer begann Emily sich zu entspannen. Sie genoss die Sonne an Deck, die hier bereits so viel wärmer war als in Deutschland, und sah lächelnd ihren Kindern zu, die sich an die Reling drängten und sich über jeden neuen Küstenstreifen, jede Insel und jeden Fels freuen konnten wie über ein kostbares Geschenk. Wie ein Schwamm sogen sie alles an Neuem, an Fremdem auf.
    In umgekehrter Richtung sind wir einst diese Route gefahren, weißt du noch, Heinrich? So glücklich waren wir. Glücklich, frei zu sein und endlich zusammen. Alles Schwere, alles Leid und alle Angst schienen wir hinter uns gelassen zu haben. Warum nur war uns kein besseres Los vergönnt? Hatten wir uns wahrhaftig so schwer versündigt? Gegen Gott, gegen Allah und gegen die Menschen?
    Die Sonne, die immer mehr an Kraft gewann, das weite Blau des Meeres ließen die Last auf Emilys Seele dahinschmelzen, je weiter sie nach Süden fuhren. Als sie am Morgen des 5. Juli Korfu anliefen, blieben ihnen einige Stunden, bevor das Schiff am Nachmittag wieder ablegte. In einer offenen Kutsche fuhren sie über die Insel, am Fuß der trutzigen Festung entlang, durch Felsen und blühende Sträucher, an blendend weißen Häusern vorbei, gegen die das Meer in einem Blau wie Lapislazuli abstach. Emily badete in all dieser Schönheit, in den kräftigen Farben und Kontrasten, bestaunte an der Seite ihrer Kinder auf der Weiterfahrt die kahle, karstige Küste Ithakas, während Said aus Homers Odyssee Verse deklamierte, die er in der Kadettenschule hatte auswendig lernen müssen.
    Doch es war in Alexandria, dass Emily zum ersten Mal wieder so etwas wie Heimatgefühl verspürte. Die Palmen vor allem und die Tamarisken mit ihrem Silberlaub; die Kuppelnund Minarette der Moscheen. All die orientalischen Häuser in ihrer mehrstöckigen Würfelform mit kleinen Fensteröffnungen, an denen Kamele vorbeitrotteten und turmhoch beladene zweirädrige Eselskarren vorbeibollerten. Männer in der galabija , dem langärmligen, knöchellangen Hemd, und mit um den Kopf gewundenen Tüchern; verschleierte Frauen, deren Augen vor Lebensfreude sprühten und mit dem vielsagenden Ausdruck darin ganze Romane erzählen konnten.
    Umso beklemmender empfand es Emily, die Wunden zu sehen, die der Kampf der Besatzer gegen die Bevölkerung in der Stadt geschlagen hatte. Das Bombardement der Engländer hatte Ruinen hinterlassen, zerklüfteten Stein und Einschusslöcher in den Wänden. Mehr als einmal schnappte Emily abfällige oder zornerfüllte Bemerkungen über die Engländer auf, die sie den Menschen hier nicht verdenken konnte.
    Da das Hotel, in dem sie zwei Nächte logierten, wenig einladend zu nennen war, heruntergekommen und schmutzig, wie es war, und dabei heillos überteuert, streiften Emily und ihre Kinder stundenlang durch die Stadt, vor allem durch das arabische Viertel mit seinen Läden und Ständen.
    »Oh, Mama, kann ich so einen bekommen?« Rosa zupfte ihre Mutter am Ärmel und wies mit der anderen Hand auf den Schmuck, der auf bunten Tüchern auf der Erde ausgebreitet lag. Ein gehämmerter Armreif aus Silber hatte es ihr angetan.
    »Ich will auch was!«, rief Tony sogleich aus und deutete auf ein Paar Ohrringe, durchbrochene Mondsicheln aus Silber, die aussahen, als wären sie aus Spitze, und an denen unzählige Silberperlen baumelten. Said verdrehte nur die Augen und richtete sein Augenmerk auf einen Eselskarren, der mit einer waghalsig aufgestapelten Pyramide aus Blumenkohlköpfen vorüberholperte.
    »Aaaaah, die jungen Damen beweisen erlesenen Geschmack«,rief der Silberhändler im glatt polierten Arabisch Ägyptens aus und zeigte ein breites Grinsen. Rasch stellte er sein Glas mit karkadeh , dem purpurroten Malventee, ab, griff

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