Sterne über Sansibar - Vosseler, N: Sterne über Sansibar - Die diamantene Zisterne
während doch jedermann wusste, dass er Sklaven und sonstige Untergebene zu misshandeln pflegte.
Lieber gar keine Ehe als eine mit einem solchen Ungeheuer , schoss es Salima durch den Kopf, doch sogleich schämte sie sich für diesen Gedanken angesichts der Zufriedenheit, die Zamzam wie mit einem Goldschimmer umgab.
Zamzam missdeutete Salimas gedankenvolles Schweigen. »Verzeih, dass ich unangemeldet erschienen bin. Ich habe dich bestimmt gestört. Hast ja gewiss viele Pflichten im Haus und mit den Ländereien …«
Salima wehrte lächelnd ab. »Da ist nichts, was nicht bis morgen warten könnte.« Sie wollte schon um Tee und Gebäck schicken, zögerte dann und fügte hinzu: »Es sei denn, du möchtest mich begleiten, auf einen kurzen Ausritt, ein paar Nelkenbäume begutachten.«
»Nichts lieber als das!«, rief Zamzam aus und klatschte begeistert in die Hände.
Seite an Seite ritten die beiden Frauen über die schmalen Pfade im Inneren der Insel, dicht umsäumt von Gesträuch und von Bäumen. Begleitet wurden sie von bewaffneten Sklaven, deren Pistolen und Dolche mit ihrer reichen Verzierung aus Perlmutt und Edelstein, Gold und Silber mehr Status und Reichtum zu verteidigen wussten denn im Ernstfall Leib und Leben. Belustigt lauschte Salima Zamzams Geplauder. Die zählte begeistert auf, was an teurem Mobiliar und an Zierrat sie unlängst angeschafft, wie sie Zayanas kostbare Klöppelarbeiten zur Zierde im Haus verteilt hatte, und schwärmte von ihrem neuen Rezept für Hammelbraten mit Ingwer und Koriander. Zamzam hatte eine große Begabung für Haus und Küche, aber auch für den Garten und für die Plantagen. Zamzam war es gewesen, die Salima vor fünf Jahren als ihre neue Gutsnachbarin in alles Wichtige eingewiesen hatte, was es beim Anbau von Gewürznelken zu wissen gab.
»Weißt du noch«, warf Salima ein, »als ich damals hierankam und du stundenlang mit mir durch die Pflanzungen geritten bist, um mir alles zu zeigen und mir manchen Kniff beizubringen?«
Zamzam nickte. »Und ob ich das noch weiß! Dass du von Natur aus verständig bist, war mir sehr wohl bewusst, aber du hattest ja niemanden, der dir das entsprechende Wissen über die Nelken vermittelt.« Sie lachte auf. »Ich erinnere mich noch gut an deinen gekränkten Blick, als ich eines Tages deinem nakora sagte, er müsse geduldig sein und besondere Sorgfalt walten lassen, weil du noch ein Kind seist und gar nichts verstündest von alledem.«
Salima stimmte in ihr Lachen ein. »Oh ja, das bedeutete einen herben Schlag für meine Eitelkeit! Wie überhaupt jede Zurechtweisung, die du mir im Lauf der Zeit erteilt hast.«
»Das glaube ich dir gern«, antwortete Zamzam vergnügt. »Aber schau, Salima, die weiblichen Tugenden sind dir nicht in die Wiege gelegt worden. Du musst dich mehr darum bemühen als andere. Umso mehr freut es mich zu sehen, welch großes Geschick du mit deinen Pflanzungen beweist. Man hört nur Gutes über deine Ernten.«
»Es macht mir einfach Freude«, wehrte Salima voller Bescheidenheit ab, und doch klang der Stolz durch, den sie empfand.
Zamzam wiegte bedächtig das Haupt unter ihrer schele . »Es ist ein Jammer, dass weder deine gute Mutter noch Zayana das noch miterleben konnten. Es wäre ihnen ein großes Glück gewesen zu sehen, was für eine prächtige junge Frau aus dir geworden ist.«
Salima errötete unter ihrer Maske und spürte gleich darauf Zamzams prüfenden Blick auf sich.
»Du hast mich vorhin gefragt, ob ich glücklich bin. Bist du es denn?«
Salima schwieg. Glücklich … Ein einfaches Wort imGrunde, doch beileibe kein kleines. Wann war sie das letzte Mal von ganzem Herzen glücklich gewesen? Das musste geraume Zeit zurückliegen. Bevor sie sich von Chole gegen Majid hatte einnehmen lassen. Bevor sie ihre Mutter verloren hatte. Nicht mehr, seit ihr Vater gestorben war. Davor, ja, da war sie glücklich gewesen, auf eine unbekümmerte, weltumarmende Weise.
»Fehlt dir denn etwas zu deinem Glück, Salima?«, hakte Zamzam behutsam nach.
Außer dem Bedürfnis, die Kinder von Kisimbani zu hegen und gut aufgehoben zu wissen, gab es noch einen weiteren Grund, weshalb sie sie Tag für Tag im Innenhof versammelte: Sie wünschte sich, die im Hof umherspringenden Sprösslinge wären ihre eigenen. Das Leben auf Kisimbani behagte ihr. Es war ein gutes Leben, doch eine eigene Familie hätte es vollkommen gemacht.
Manchmal, wenn Metle – inzwischen verheiratet – sie besuchte, brachte sie die Zwillinge mit, mit
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