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Sterne über Sansibar - Vosseler, N: Sterne über Sansibar - Die diamantene Zisterne

Sterne über Sansibar - Vosseler, N: Sterne über Sansibar - Die diamantene Zisterne

Titel: Sterne über Sansibar - Vosseler, N: Sterne über Sansibar - Die diamantene Zisterne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole C. Vosseler
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erhält?«
    Heinrich überflog die Aufstellung. So weit er die arabischen Zeichen entziffern konnte, handelte es sich um Namen, die ihm von seinen Besuchen hier bekannt vorkamen. Aufgrund der Anzahl schätzte er, dass sämtliche Sklaven dieses Hauses aufgeführt waren. Er sah Salima über den Rand des Blattes hinweg überrascht an. Dass die Sklaven auf ihren Plantagen mit der Überschreibung an ihn, den Deutschen, der keine Sklaven besitzen durfte, ihre Freiheit erhielten, schien Salima in Kauf genommen zu haben. Doch offenbar hatte sie sich ihre eigenen Gedanken gemacht und schenkte ihren Leuten dieselbe Freiheit, die sie für sich selbst beanspruchte.
    »Dass ich mich damit in der Stadt unbeliebt machen werde, spielt nun auch keine Rolle mehr«, hörte er sie, wie zu ihrer Rechtfertigung, heiser flüstern.
    »Ich bringe dir die Papiere morgen zur Unterschrift vorbei«, versprach er, küsste sie auf die Wange und erhob sich.
    »Heinrich.« In der Tür stehend, drehte er sich noch einmal um. »Übermorgen also?«
    Er nickte. »Übermorgen Nacht.«
    Salimas Inneres ballte sich zu einem harten, schmerzenden Klumpen zusammen, und unbewusst legte sie die Hand auf ihren gewölbten Bauch, wie um ihr Kind vor diesem inneren Aufruhr zu schützen. Übermorgen. Nach dem Kalender der Christen der 9. August des Jahres 1866.
    »Ich hole dich gegen zehn Uhr am Abend ab und bringe dich nach Bububu.«
29
    John Witt hastete durch die nächtlichen Gassen der Stadt. Ein Schauer prasselte hernieder, trommelte auf seinen Hut, den er tief ins Gesicht gezogen hatte, durchtränkte Anzugjacke und Hosenbeine. Bei jedem Schritt spritzte das schlammige Wasser von seinen Hacken die Waden hinauf, und er fluchte vor sich hin.
    »Aufmachen!« Seine Faust hämmerte gegen das starke Portal des Hauses. »Aufmachen! Es ist dringend!«
    Ein Türflügel schob sich vorsichtig auf, geöffnet von einem Diener, der verschüchtert um das Türblatt herumlinste, die Tür dann aufriss und sich tief verbeugte. Keuchend vom schnellen Gehen marschierte John Witt über die Schwelle, riss sich den tropfnassen Hut vom Kopf und schüttelte ihn aus.
    »Guten Abend, Herr Witt.« Aus einem angrenzenden Raum trat Heinrich Ruete mit einer Miene der Verblüffung, die sich jedoch rasch verdüsterte. »Was ist passiert?«
    »Ihr grandioser Plan ist soeben auch grandios gescheitert«, bellte sein Besucher, ohne sich lange mit Begrüßungsfloskeln aufzuhalten, und seine freie Hand gestikulierte wild in Richtung des O’Swald’schen Handelshauses. »Vor kaum einer halben Stunde sind zwei Männer des Sultans in mein Kontor geschneit und haben mich in rasend schnellem Suaheli und mit Händen und Füßen beschworen, dass Ihre Bibi Salménicht an Bord unseres Schiffes dürfe, was diese ja wohl zu tun beabsichtige. Der Sultan lasse deren Haus zwar bewachen, dennoch müsse ich unter allen Umständen dafür Sorge tragen, dass unser Segler ohne Ihre verehrte Braut in See sticht.«
    »Dann müssen wir –«, begann Heinrich, doch John Witt fiel ihm ins Wort.
    »Wir müssen gar nichts! Vor allem ich nicht!« Er hielt inne, als sei ihm soeben etwas eingefallen. »Hatten Sie schon alles an Gepäck an Bord bringen lassen?«
    »Ein paar Kisten fehlen noch.«
    John Witt überlegte kurz. »Gut. Dann lasse ich dem Kapitän eine Nachricht zukommen, dass er im Norden, vor Kokotoni, noch ein paar Stunden ankert. Wenn Sie wollen, können Sie dort noch etwas aufs Schiff bringen lassen. Alles – außer Ihrer … Ihrer Verlobten .«
    »Herr Witt, ich –«
    »Nein und abermals nein!« Seine Handkante schnitt in Abwehr durch die Luft. »Gepäck, so viel Sie wollen, Ruete, deklariert als Frachtgut – aber keine Personen! Ich hatte Ihnen angekündigt, dass unsere Abmachung hinfällig sei, sollte der Sultan Wind davon bekommen, und das ist hiermit eingetreten. Ich riskiere mit dieser Fracht schon genug für meine Firma – mehr kann ich nicht für Sie tun. Suchen Sie sich jemand anderen, der für Sie die Kohlen aus dem Feuer holt. Viel Glück!«

    Salima kauerte in einer Ecke und ließ ihren Tränen freien Lauf. So nah war sie der Freiheit gewesen, doch noch ehe sie davon hatte kosten können, war sie ihr auch schon entglitten. Und nun war alles noch schlimmer als zuvor: Soldaten hielten Tag und Nacht Wache vor dem Portal, ließen sie nicht hinaus und ließen auch Heinrich nicht ein. Hoffnungslosigkeit hatte sich über das Haus gelegt wie ein Vogel mit düsterenSchwingen, und es wirkte mit seinen leeren

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