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Sterne über Tauranga - Laureen, A: Sterne über Tauranga

Titel: Sterne über Tauranga - Laureen, A: Sterne über Tauranga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Laureen
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das war doch eine ganze Menge«, meinte Ricarda, während sie sich aus Höflichkeit von Mollys Porridge auftat. Er schmeckte nicht einmal schlecht.
 
    Nach dem Frühstück beschloss Ricarda, den Besuch beim Bürgermeister noch etwas vor sich herzuschieben. Das Government Building in der Willow Street würde sie erst aufsuchen, wenn sie wusste, wie es ihrer ersten neuseeländischen Patientin ergangen war. In der Hoffnung, dass Doherty am Morgen Hausbesuche unternahm, spazierte sie in Richtung Hospital.
    Ricarda genoss die Bewegung an der frischen Luft, während die Stadt langsam zum Leben erwachte. Die Sonne war bereits sehr kräftig, und vom Hafen her strömte ein starker salziger Geruch herbei. In den Bäumen des Krankenhausparks zwitscherten und krächzten die Vögel. Ricarda war ein wenig mulmig zumute, als sie durch die Eingangstür trat. Am Empfang war niemand. Das Klappern von Bettpfannen und Stimmen hallte durch das Haus. Die Schwestern waren wohl gerade bei den Patienten.
    Da Ricarda nicht wusste, welches Zimmer man Miss Cooper zugeteilt hatte, wartete sie geduldig auf eine der Pflegekräfte. Nach dem gestrigen Streit wollte sie sich nicht erneut Ärger einfangen. Hier und da lockerte ein kleines Bild die strengen weißen Wände des Warteraumes auf. Alles in allem besaß das Hospital den Charme eines privaten Sanatoriums. Ricarda konnte sich vorstellen, dass Doherty diese Villa als Dank für seine medizinische Betreuung von einer reichen kinderlosen Witwe geerbt und dass es hier früher so manchen Empfang gegeben hatte. Bevor sie diesen Gedanken weiterspinnen konnte, erschien die Schwester mit dem französischen Akzent.
    Ausgerechnet Zerberus!, dachte Ricarda, während sie sich um ein freundliches Lächeln bemühte.
    »Sie wünschen?«, fragte die Schwester kühl.
    »Ich würde gern die Patientin mit den Rippenbrüchen besuchen. Sie wissen schon, die junge Dame, die ich gestern eingeliefert habe.«
    Die Nase der Schwester krauste sich. »Bedaure, aber Miss Cooper wurde heute Morgen abgeholt.«
    »Abgeholt?« Ricarda zog die Augenbrauen hoch. Hatte Doherty sein Personal angewiesen, sie mit dieser Ausrede abzuwimmeln? Oder war wirklich jemand so rücksichtslos gewesen, das Mädchen trotz der gebrochenen Rippen und der Lungenquetschung auf einen Wagen zu laden und durch die Gegend zu schaukeln?
    »Können Sie mir sagen, wohin sie gebracht wurde?«
    »Bedaure, aber der Herr Doktor hat uns angewiesen, Fremden keinerlei Auskünfte zu geben.«
    Speziell wohl mir nicht, dachte Ricarda und verspürte den Drang, die Frau an der Schürze zu packen und zu schütteln. Aber die Selbstbeherrschung, die sie durch die jahrelang ertragenen Spötteleien während des Studiums erworben hatte, hielt sie davon ab.
    »Na gut«, antwortete sie gedehnt, denn sie wusste, dass es nichts bringen würde, eine Szene zu machen. »Haben Sie vielen Dank!« Damit wandte sie sich ab. Sie würde schon herausfinden, wo Miss Cooper steckte.
    Dass Zerberus noch die Dreistigkeit besaß, ihr spöttisch einen schönen Tag zu wünschen, quittierte Ricarda mit einem Achselzucken, bevor sie erhobenen Hauptes das Gebäude verließ.
 
    Die Willow Street war ebenso bevölkert wie die Cameron Road, aus der Ricarda gerade gekommen war. Das Governement Building fand sie auf Anhieb, genau wie Molly es ihr versichert hatte.
    Schon die Ausmaße des weiß gestrichenen, zweistöckigen Holzbaus ließen auf ein Verwaltungsgebäude schließen. Mehrere Schornsteine, die ebenfalls schneeweiß waren, ragten in den Morgenhimmel, und aus einigen schlängelte sich trotz der vormittäglichen Wärme Rauch. Das Rathaus erhob sich auf einem Erdwall, was ihm ebenso etwas Majestätisches verlieh wie das von Säulen getragene Vordach über dem Eingang.
    Eine Gruppe Menschen hatte sich vor der Treppe versammelt, die zum Portal hinaufführte. Ricarda fühlte sich an die Suffragettendemonstration auf dem Berliner Königsplatz erinnert, obwohl keine Frauen mit Schildern umherwanderten. Nur Männer waren hier zusammengekommen. Ihre Haut war hell, das Haar dunkel, aber vorwiegend kraus, und ihre Gesichter schienen vollständig bemalt zu sein. Die Männer hielten mit Federn geschmückte Stöcke in den Händen und waren seltsam gekleidet: Sie trugen Baströcke zu Anzugsjacken, die offen standen und den Blick auf die nackte, ebenfalls bemalte oder tätowierte Brust freigaben. Ricarda wusste sofort, dass sie Maori vor sich hatte.
    Sie hätte die Ureinwohner nur zu gern genauer in

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