Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Sterne über Tauranga - Laureen, A: Sterne über Tauranga

Titel: Sterne über Tauranga - Laureen, A: Sterne über Tauranga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Laureen
Vom Netzwerk:
Heiratskandidaten in Erwägung gezogen. Allein vom Aussehen her nicht, denn er hatte etwas Wildes an sich. Nicht dass Ricarda ihn für unzivilisiert hielt, aber jede Faser seines Körpers verströmte eine animalische Kraft, was durchaus anziehend war. Außerdem schien er sie als Frau zu akzeptieren. Ein anderer Mann hätte ein Nein auf den Vorschlag, sie zurück zur Pension zu kutschieren, wahrscheinlich nicht so einfach hingenommen, sondern sie so lange hofiert, bis sie schließlich nachgegeben hätte, nur um ihre Ruhe zu haben. Jack hingegen hatte zweimal gefragt und ihre Antwort respektiert, was ihr sehr gefallen hatte. Sie hoffte, ihn einmal wieder zu treffen.
    Heute standen jedoch andere Dinge auf ihrem Plan. Mit dem Geld, das sie am gestrigen Abend noch gewechselt hatte, würde sie eine Weile durchhalten und bei Molly wohnen können. Aber sie hatte dennoch nicht vor, sich auf die faule Haut zu legen. Sie wollte ihre Arbeit so bald wie möglich aufnehmen, denn es bestand Bedarf. Dr. Doherty war unmöglich in der Lage, alle Patienten aus der Stadt und dem Umland allein zu behandeln.
    So, wie er sich ihr gegenüber verhalten hatte, würde ihm das zwar nicht gefallen, aber Ricarda hatte nicht vor, sich abschrecken zu lassen. Früher oder später würde er sich schon mit ihr arrangieren und vielleicht auch einsehen, dass es besser war, wenn es zwei Ärzte in Tauranga gab.
    Guter Dinge verrichtete sie ihre Morgentoilette und kleidete sich an. Ihr grünes Kleid war vielleicht ein bisschen zu fein für den Tagesanfang, aber Ricarda wollte beim Bürgermeister einen guten Eindruck erwecken. Besser, er hielt sie für reich als für eine Bettlerin. Außerdem mussten ihre Kostüme gewaschen werden, zusammen mit einem ganzen Haufen Unterwäsche, die sie auf der Reise getragen hatte. Das würde sie später erledigen.
    Als sie ihr Haar aufgesteckt hatte, ging sie nach unten. Ein betörender Duft zog durch das gesamte Haus. Das Aroma von Kaffee mischte sich mit dem von Gebäck, Honig und Milch. Molly verwöhnte ihre Gäste wirklich. Da tat es Ricarda beinahe leid, dass sie vor lauter Aufregung wohl kaum einen Bissen herunterbringen würde. Aber zumindest etwas Kaffee brauchte sie, um ihren Kreislauf anzuregen.
    Alle Tische waren leer. Entweder war sie die Erste oder die Letzte im Frühstücksraum. Sie hatte herausgefunden, dass außer ihr noch zwei Männer bei Molly wohnten. Der eine war ein Professor, der tagsüber die Wälder rings um Tauranga erkundete und nachts seine Erkenntnisse mit der Schreibmaschine festhielt. Der andere war jünger, ein gelangweilter Aristokratensohn, wenn man Molly glauben konnte, der ein wenig Abwechslung suchte.
    Ricarda war ihm bereits einmal auf dem Gang begegnet, aber er hatte sie nicht zur Kenntnis genommen.
    »Guten Morgen, meine Liebe!«, rief Molly nun. »Wie war Ihre Nacht nach der gestrigen Aufregung?«
    »Sehr gut, vielen Dank.« Ricarda setzte sich wieder an den Tisch vor dem Fenster.
    »Sie haben ja wirklich für Wirbel gesorgt. Ich hätte gestern zu gern noch gewusst, wie es mit Miss Cooper weitergegangen ist, aber der Professor wollte mir unbedingt seine neueste Entdeckung zeigen: ein seltsames Tierchen, für das wohl noch niemand einen Namen gefunden hat. Ich muss zugeben, Ihre Geschichte hätte mir besser gefallen.«
    »Da wäre ich mir an Ihrer Stelle nicht so sicher«, murmelte Ricarda und breitete die säuberlich gefaltete Serviette auf ihrem Schoß aus. »Es hat Ärger gegeben, und ich habe mir in Doktor Doherty nicht gerade einen Freund gemacht, glaube ich.«
    »Sie haben immerhin einer Frau das Leben gerettet.«
    »Das hätte Doherty zu gern selbst getan.«
    »Aber er war nicht da?«
    »Ja, so war es. Sagen Sie, gibt es wirklich nur einen Arzt im Hospital?«, fragte Ricarda.
    »Soweit ich weiß, ja. Wollen Sie sich dort bewerben?«
    Ricarda schüttelte den Kopf. »Nein, eigentlich nicht. Aber ich finde es befremdlich, dass ein Krankenhaus mit einem einzigen Arzt auskommen muss. Wer versorgt denn die Patienten, wenn Doherty Operationen durchführt? Oder wenn ein Unfall passiert und viele auf einmal verarztet werden müssen?«
    Molly zuckte mit den Schultern. »Den Fall hat es bisher noch nicht gegeben. Sie müssen wissen, Tauranga hat nicht mal zweitausend Seelen. Die wenigsten Leute lassen sich ins Hospital einweisen, denn das kostet. Die meisten ziehen Hausbesuche vor. Die lässt Doherty sich zwar auch gut honorieren, aber man kann sie sich bei normalem Einkommen wenigstens

Weitere Kostenlose Bücher