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Sterne über Tauranga - Laureen, A: Sterne über Tauranga

Titel: Sterne über Tauranga - Laureen, A: Sterne über Tauranga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Laureen
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Spekulationen durch die Stadt geistern. Aber sollten die Leute doch ruhig rätseln, wem er diesmal den Hof machte!
    Ist es wirklich das, was ich will: Ricarda den Hof machen? Zweifel benebelten plötzlich Jacks Verstand. Hat das überhaupt Aussicht auf Erfolg? Oder setze ich mich damit nur der Lächerlichkeit aus? Vielleicht ist sie auch nur eine von diesen Suffragetten, die ihr Leben ohne Männer einrichten. Ich habe Ricarda mehrfach geholfen, und deshalb war sie stets freundlich zu mir. Ob sie jedoch die gleichen Gefühle für mich hegt wie ich für sie, das steht noch dahin.
    Jack seufzte und schob die unangenehmen Gedanken beiseite. Er beobachtete, wie der Strauß unter Mrs Turners Händen wuchs, und stellte sich Ricardas lachende Augen vor.
    Nachdem er das Bouquet vorsichtig auf seinem Wagen abgelegt hatte, lenkte er das Gefährt über den Strand in Richtung Spring Street. Er grüßte Bekannte und wich Kindern aus, die leichtsinnigerweise auf die Straße gerannt waren. Jack schimpfte nicht, sondern sah es den kleinen Rabauken nach. Ob solch eine muntere Schar eines Tages auch über seinen Hof toben würde? Bisher hatte er sich noch nie Gedanken über eigene Kinder gemacht, und beinahe erschrak er. Doch seit Ricarda in sein Leben getreten war, hatte sich plötzlich alles verändert.
    Als er sich der Praxis näherte, bemerkte er, dass die Haustür sperrangelweit offen stand.
    Wahrscheinlich lüftet Ricarda, um den Karbolgeruch zu vertreiben, dachte er. Dennoch überfiel die Nervosität Jack plötzlich wie ein Schwarm Moskitos. Es hatte ihn eigentlich noch nie verlegen gemacht, einer Dame gegenüberzutreten, aber das hier war kein Scheunenfest und Ricarda war nicht gerade ein williges Mädchen auf der Suche nach einer guten Partie. Jack bezwang das Zittern seiner Hände, während er die Zügel anzog. Seine Handflächen wurden feucht, und seine Kehle war auf einmal wie ausgetrocknet.
    Du meine Güte, Jack! Du gibst ihr doch nur wegen der Einladung Bescheid und bedankst dich dafür mit einem kleinen Blumenstrauß. Nun lass mal gut sein, Mann!, redete er sich zu, während er auf Ricardas Veranda zuhielt.
    Da bemerkte er Brandgeruch und in einem Fenster einen Feuerschein, der sich rasch voranzufressen schien.
    Heiß und kalt überlief es Jack, während er die Treppe hinaufrannte.
 
    Als die Hitze des Feuers über ihr Gesicht strich, kam Ricarda wieder zu sich. Trotz ihrer Benommenheit bemerkte sie einen starken Brandgeruch. Die Kerle hatten ihre Praxis angezündet!
    Ricarda versuchte sich aufzurichten, doch ein plötzlicher Schwindel ließ sie taumeln. Ihr linker Arm geriet zu nahe an das Feuer, das sich in Windeseile ausgebreitet hatte. Sie schrie auf, als die Flammen ihren Arm versengten, aber der Schmerz riss sie aus ihrer Benommenheit. Ihr Verstand war mit einem Schlag merkwürdig klar. Sie musste sich unverzüglich ins Freie retten, um einer Rauchvergiftung zu entgehen. Aber dann schoss ihr ein Gedanke durch den Kopf: Das Diplom! Alles konnte sie verlieren, nur nicht ihr Diplom. Ohne ihr Diplom wäre sie verloren.
    Sie stürzte zu der Wand, an dem die Urkunde hing. Ihr Rocksaum fing Feuer, doch das beachtete sie nicht. Mit zitternden Händen griff sie nach dem Rahmen.
    »Kommen Sie da weg!«, rief eine Stimme hinter ihr.
    Ricarda reagierte nicht. Sie riss das Diplom an sich, als ein jäher, unerträglicher Schmerz durch ihre Beine fuhr und der Rahmen ihren Händen entglitt. Jemand warf sich auf sie. Ricarda schrie und wehrte den Eindringling ab.
    »Ruhig, Ricarda! Ich bin es doch nur, ich bring Sie hier raus«, rief Jack Manzoni, packte sie und hob sie hoch.
    Ricarda barg das Gesicht an seiner Schulter. »Die Männer ... Sie wollten ...«, schluchzte sie.
    »Schon gut! Wir müssen hier raus«, flüsterte Jack. Er hatte ihre zerrissene Bluse bemerkt und konnte sich ausmalen, was passiert war.
    »Das Diplom!«
    Jack begriff, weshalb sie sich in Gefahr gebracht hatte, setzte Ricarda kurz ab, gab ihr den Rahmen, in dem das Glas gesplittert war, hob sie wieder auf die Arme und trug sie in Windeseile zur Tür.
    Draußen hatten sich bereits Schaulustige eingefunden.
    »Verdammt, steht nicht rum und glotzt, sondern löscht das Feuer!«, brüllte Jack wütend und setzte Ricarda in seinen Wagen, wo er fürsorglich eine Decke um ihre Schultern legte. Dann reichte er ihr seine Wasserflasche. »Hier, trinken Sie!«
    Ricarda hielt die Decke krampfhaft vor der Brust zusammen und weinte. Sie reagierte nicht.
    »Ricarda, bitte!«

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