Sternen Stroemers Lied - Unter dem Weltenbaum 02
Augen verloren ihr grünes Leuchten, die Macht fiel von den Zügen ab, und sie sah wieder so aus wie vorher.
Faraday hob den Kopf und sah den Leutnant an. Sie warf das kastanienrote Haar über ihre Schultern, und nunmehr sah sie völlig verwirrt aus.
»Was habe ich getan?« flüsterte die Edle. Belial beugte sich über Axis und nahm Faradays blutige Hand. »Ihr habt ihm das Leben gerettet«, erklärte er feierlich, »und dafür bin ich Euch zu tiefstem Dank verpflichtet.«
Der Axtherr atmete tief ein und schüttelte sich. Obwohl er die Augen noch geschlossen hatte, bekam sein Gesicht langsam wieder Farbe.
»Was geht hier vor? Welches verblödete Spatzenhirn hat befohlen, das Tor zu öffnen?« Bornheld war es endlich gelungen, sich wieder aufzurichten und von den Zinnen herunterzusteigen. Er humpelte deutlich und ärgerte sich immer noch maßlos. Besaß denn hier niemand genug Verstand, um zu begreifen, daß die Skrälinge in Massen durch das offene Tor hätten stürmen können?
Ungefähr zehn Personen hatten sich vor dem Stall versammelt, und der Herzog schob sich mit Schultern und Ellenbogen hindurch. Sein Halbbruder lag bewußtlos auf dem Boden, neben seinen zerfetzten und blutgetränkten Kleidern. Faraday kniete an seiner Seite, riß sich Streifen aus dem Umhang und verband Axis damit die Wunden. Ihre Zofe saß ebenfalls da und hielt seinen Kopf in ihrem Schoß.
»Wenn das die einzigen Wunden sind, die dieser Axtherr bei der Verteidigung von Gorken davongetragen hat«, erklärte Bornheld gereizt, »sollte man annehmen, daß er mehr die Beine bewegt als das Schwert geschwungen hat. Kommt, Faraday. Die Bediensteten können ihn versorgen. Ihr solltet Euch nicht hier draußen in Matsch und Schnee zu so etwas herablassen.«
Seine Gemahlin erhob sich, und ihren Zügen war deutlich anzumerken, welche Anstrengung sie gerade hinter sich hatte. »Als Burgherrin von Gorken gehört es zu meinen Pflichten, mich um die Verwundeten zu kümmern. Und hier liegen noch viel mehr, nach denen ich zu sehen habe.« Sie kehrte ihm den Rücken und schritt zu den Männern, die von ihren Kameraden hereingetragen worden waren.
Bornheld platzte fast vor Wut. »Wer hat befohlen, das Tor zu öffnen?« brüllte er über den ganzen Burgplatz.
Magariz straffte sich und wollte gerade vortreten, als Faraday ihm zuvorkam: »Das war ich, mein Gemahl. Mir ging es furchtbar nahe, als ich zusehen mußte, wie unten in der Stadt Männer starben, nur weil wir sie nicht einlassen wollten.« Sie bedachte den Fürsten mit einem raschen Blick, der besagte, daß er ja nicht widersprechen solle. Magariz stand der Mund offen, weil er nicht fassen konnte, daß die Edle sich auf ein solch gefährliches Spiel einließ. Auch wenn Faraday die Gattin des Obersten Kriegsherrn war, ließ sich nicht sagen, wie er in seiner momentanen Verfassung mit ihr verfahren würde.
Der Herzog starrte sie fassungslos an. Wie konnte diese Frau es wagen, seinen Befehlen zuwiderzuhandeln? »Ihr verblödete …« begann er, konnte sich dann aber gerade rechtzeitig unterbrechen. Es kostete ihn deutlich sichtbare Anstrengungen. Die Adern traten ihm auf die Stirn, während er schwer atmend versuchte, seinen Zorn zu bändigen. Wenn ein anderer als sie das Tor geöffnet hätte, hätte Bornheld sofort auf ihn eingeprügelt. Aber Faraday war nun einmal seine Gemahlin. Als Frau verstand sie natürlich nichts von militärischen Dingen und ahnte auch nichts von der Gefahr, die mit dem Öffnen des Tors über die Festung hätte hereinbrechen können. Und natürlich erregten die Kämpfe vor der Burg ihr Mitleid, und … Und mit ihrem unbesonnenen Eingreifen hatte sie dem Axtherrn das Leben gerettet. »Haltet Euch gefälligst aus Angelegenheiten heraus, die Euch nichts angehen!« grollte er schließlich. »Von mir aus wischt das Blut auf, aber dann kehrt gefälligst an den Kamin zurück, wo Ihr hingehört. Ich dulde nicht, daß Gefühlsduseleien noch einmal meine Festung gefährden!«
Nachdem er sie noch eine Weile grimmig angestarrt hatte, machte er auf dem Absatz kehrt und marschierte in den Wohnturm. Die Erleichterung war ihr deutlich anzumerken, als sie Magariz ansah.
»Ihr habt die Hochachtung aller gewonnen«, erklärte der Fürst, »die Zeuge dessen wurden, was Ihr für den Axtherrn und auch für mich getan habt. Euer Mut beschämt mich, und ich verneige mich vor Eurer Kraft und Stärke. Verfügt von nun an über mich als Euren Diener.« Er verbeugte sich vor ihr und folgte dann rasch
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