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Sternen Stroemers Lied - Unter dem Weltenbaum 02

Sternen Stroemers Lied - Unter dem Weltenbaum 02

Titel: Sternen Stroemers Lied - Unter dem Weltenbaum 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglass Sara
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Augen geführt wurde, daß seine Frau deutlich gealtert war. Sternenströmer galt durchaus als jung und würde es auch noch viele Jahre sein. Als junger Mann hatte er seine eigenen Bedürfnisse. Selbstverständlich liebte er Goldfeder weiterhin wie am ersten Tag und fand sie auch immer noch begehrenswert. Aber wenn er sie manchmal ansah, fragte er sich, wie es wohl mit ihnen weitergehen würde. Sternenströmer ließ sich im Wasser treiben, öffnete die Augen und hielt wieder nach Aschure Ausschau – denn wie alle Ikarier war er eitel und sehr auf sein Vergnügen bedacht.
    Rabenhorst rief die Große Ratsversammlung für den Nachmittag ein, und nach dem Mittagessen begaben sich die Ikarier in den großen Saal im Zentrum des Krallenturms. Er war nicht nur die Heimstätte der Ikarier, sondern auch der massive Berg, der alle seine Brüder und Schwestern in den Eisdachalpen deutlich überragte. Seit tausend Jahren lebten die Vogelmenschen nun schon hier. Doch auch bevor die Axtschwinger sie aus ihren warmen, sonnigen Gefilden in Tencendor vertrieben hatten, waren sie schon gern zu diesem Berg gekommen und hatten hier auch manchmal Versammlungen abgehalten. Als die Alpenvulkane noch tätig gewesen waren, waren ganze Irrgärten von Gängen und Höhlen entstanden. Das traf in besonderem Maße auf den Krallenturm zu. Die Ikarier hatten sich diese Anlage zunutze gemacht und sie im Lauf von Generationen ausgebaut, bis für sie eine neue Heimstatt daraus entstanden war. Mochte es draußen bitterkalt sein und dort eine lebensfeindliche Welt vorherrschen, so sorgten die heißen Quellen im Berg für eine warme und behagliche Atmosphäre. Die ikarischen Zauberer konnten vielleicht nicht für sich in Anspruch nehmen, große Feldherren zu sein, aber sie hatten mit ihren magischen Liedern dafür gesorgt, daß es sich im Krallenturm aushalten ließ und die Ihren immer ausreichend mit Mahlzeiten und Kleidung versorgt waren. Vertrieben aus ihren Ländern im Süden, wandten die Ikarier sich hier verstärkt ihren besonderen Begabungen zu: der Mystik, der Magie, der Verführungskunst und der Verfeinerung ihres Talents für Ästhetik und Architektur.
    Der große Saal stellte eines der beeindruckendsten Beispiele dafür dar, wie sehr sich die Ikarier auf Architektur verstanden. Aus dem kreisrunden Innern des Raums stiegen Bankreihen auf, und wenn eine Ratsversammlung stattfinden sollte, trafen sich hier alle Erwachsenen. Gewöhnlich ging es dann recht laut und ungezügelt zu. Die Älteren unter ihnen stimmten allerdings darin überein, daß die Ästhetik des Saals am besten zur Geltung käme, wenn hier keine Versammlung abgehalten würde – was auch politisch wünschenswerter sei. Wände und Bänke waren mit goldgeädertem weißen Marmor eingefaßt, der Boden in der Mitte des Raums hingegen bestand aus sehr seltenem goldenen Marmor, durch den sich violette Adern zogen. Hellgoldene und blaue Kissen auf den Bänken dienten der Bequemlichkeit. Doch schien es nie genug für alle zu geben. Oft flogen Federn durch die Luft, wenn zwei von ihnen sich um ein Kissen stritten.
    Die untersten drei Reihen waren für die Ältesten, die Zauberer und die Familie des Fürsten reserviert. Diese Sitzgelegenheiten waren ausreichend mit Kissen ausgestattet: karmesinrote für die Ältesten, türkisblaue für die Zauberer und königsviolette für die Herrscherfamilie. Auf den obersten sechs Rängen fanden die Angehörigen der Luftarmada Platz. Hier gab es überhaupt keine Kissen, weil die Krieger nicht verweichlichen sollten.
    Den prächtigsten Teil des Saals bildeten jedoch nicht die marmornen Sitzreihen, die fast bis an die Decke hoch reichten, sondern ein Kreis von gigantischen Säulen, die weit über die Sitzgelegenheiten aufragten und das gewölbte Dach des Raums trugen. Sie waren den in Stein gehauenen Ikarierfiguren am Sternentor nachgebildet, nur übertrafen die hiesigen Säulen sie um das Fünffache und waren auch viel kunstvoller und in ihren Darstellungen vielfältiger. In der Kammer des Sternentors hatten die steinernen Vogelmenschen die Arme gefaltet, die Flügel angelegt, die Köpfe gesenkt und die Augen geschlossen. Im Berg aber fanden sich neben den männlichen auch weibliche Figuren, und hier streckten sie in großer Freude Arme und Schwingen aus und schienen wie ein Jubelchor zu singen. Die Bildhauer hatten sie vergoldet und mit Farben glasiert, die wie Juwelen glänzten. Echte Steine, die aus der Tiefe des Berges stammten, waren ihre Augen und

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