Sternen Stroemers Lied - Unter dem Weltenbaum 02
Ihr in Wahrheit nicht gestorben seid, wollen sie Euch unbedingt kennenlernen.«
Nach all den grausamen Lügen und nachdem er sein Leben lang hatte glauben müssen, niemand auf der Welt sei für ihn da, durfte er nun auf einmal erfahren, daß seine beiden Eltern noch lebten und ihn liebten. Seine Eltern … eine merkwürdige Vorstellung. Daran mußte er sich erst gewöhnen. »Und Ihr nennt mich Vetter?«
Freierfall lächelte sanft und freundlich, konnte er doch nur ahnen, wie es in seinem Gegenüber jetzt aussehen mußte. »Aber ja, der Sternenströmer ist mein Onkel, der Bruder von Rabenhorst, dem Krallenfürsten. Ihr habt übrigens auch noch eine Schwester, Abendlied. Ihr seht also, da gibt es eine ganze Familie, von der Ihr bis vor wenigen Minuten noch nichts wußtet. Willkommen im Haus Sonnenflieger.« Er trat noch ein Stück vor und umarmte das neue Familienmitglied.
Axis war so überwältigt, daß er erst einen Moment brauchte, ehe er diese Geste erwidern konnte. »Freierfall«, lachte er dann laut, und die inneren Spannungen der letzten Tage fielen von ihm ab, »wo habt Ihr denn diesen absonderlichen Namen her?«
»Und wie steht es mit Axis? Nie zuvor hatten wir in der Familie Sonnenflieger jemanden mit einem solchen Namen. Aber er hört sich gut an, Vetter, sehr gut sogar. Und ich bin glücklich, Euch gefunden zu haben.«
Alle auf dem Turm bewegte die Szene zwischen dem Ikarier und dem Axtherrn. Belial trat grinsend zu seinen Freund und umarmte ihn ebenfalls. »Axis Sonnenflieger, das gefällt mir. Und eine Schwester habt Ihr jetzt auch. Die würde ich zu gern einmal kennenlernen. Ich hoffe nur, sie hat nichts von Euren Unarten.«
Freierfall lächelte, weil Belial ihm auf Anhieb gefiel. Aber er hielt es für besser, von vornherein klare Verhältnisse zu schaffen. »In ihr vereinigen sich die schlechtesten Eigenheiten aller Sonnenflieger, mein Freund. Man sollte ihr tunlichst aus dem Weg gehen. Auf mich hat sie es besonders abgesehen. Täglich foltert sie mich mit der Drohung, meine Frau werden zu wollen.«
Der Leutnant verbeugte sich leicht. »Dann möchte ich mich entschuldigen, Freierfall, und seid meines Beileids gewiß. Schon viele Jahre muß ich Axis’ Eigenheiten über mich ergehen lassen. Kaum auszuhalten die Vorstellung, mit so jemandem auch noch verheiratet zu sein.«
Axis aber dachte weniger an seine Schwester als an Sternenströmer. »Freierfall, ich muß mit meinem Vater sprechen.«
»Ja, das verstehe ich gut. Unter anderem sind wir genau aus diesem Grund auch hierher gekommen.« Er winkte seine beiden Gefährten zu sich.
»Axis Sonnenflieger«, begann Suchauge feierlich, »wir kennen die Prophezeiung, und da sich hier so viele Wächter aufhalten, dürfen wir wohl annehmen, daß Ihr ebenfalls mit der Weissagung vertraut seid.«
Als Axis nickte, fuhr der Ikarier fort: »Demnach seid Ihr der Sternenmann, derjenige, der Gorgrael bezwingen wird. Doch hier könnt Ihr nichts tun.« Suchauge zeigte auf die Stadt und die Festung, und der Krieger zuckte zusammen. »Nein, Axis, macht Euch keine Vorwürfe. Ihr könnt nichts dafür, daß es so weit kommen mußte. Niemand hätte diesen Angriff verhindern können. Vielleicht tröstet es Euch ja zu erfahren, daß die Awaren und Ikarier genauso hilflos dem Überfall der Skrälinge ausgeliefert waren.« Er verzog bei der Erinnerung das Gesicht. »Da mußte erst eine Ebenenläuferin, Aschure, kommen, um uns zu zeigen, wie man sich gegen diese Kreaturen wehrt und sie besiegen kann.«
»Aschure?« fragten der Krieger und sein Leutnant wie aus einem Mund. Es überraschte sie sehr zu erfahren, daß die junge Frau nun unter den Ikariern lebte. Und wie hatte der Vogelmensch sie genannt? Ebenenläuferin? »Sie scheint also immer noch kräftig zulangen zu können«, murmelte Belial.
Freierfall konnte darauf nicht mehr eingehen, er mußte endlich seine wichtige Botschaft überbringen: »Axis, die Völker können sich nur vereint Gorgrael stellen, um ihn zu besiegen. Die Achariten, die Awaren oder die Ikarier allein vermögen nichts gegen ihn auszurichten. Unsere stolze Luftarmada hat gegen die Skrälinge schmählich versagt. So sehr sich mein Volk auch dagegen sträubt, wir sind zu der Überzeugung gelangt, daß wir unter Eurem Befehl kämpfen müssen. Ihr habt die Erfahrung und auch sonst alle Fähigkeiten, die ein großer Feldherr braucht. Axtherr, wir bitten Euch, die vereinten Streitkräfte anzuführen. Im Gegenzug werden wir der Feste Gorken zu Hilfe
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