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Sternendieb - Roman

Titel: Sternendieb - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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lassen.
    »Tabea?«, rief Marco von der untersten Stiege.
    Aber nicht in dieser Minute.
    »Bin beschäftigt«, rief sie ihrerseits.
    Er pustete vernehmlich und zog sich zurück.
    Danach schien die Szenenfolge nicht mehr zu stimmen, sofern in diesem Stück überhaupt etwas stimmte. Denn als Tabea von der Konsole aufsah, erblickte sie Xtaska. Der Cherub schwebte draußen, außerhalb des Schiffes herum, so wie Menschen, die sich in ihrem grauen Hinterhof die Füße vertreten.
    Tabea fragte sich, ob der Cherub wusste, was er tat, ob er begriff, welchen Gefahren er sich aussetzte. Vielleicht war er von Geburt an gegen diese Gefahren gewappnet oder hatte es gelernt, damit umzugehen, oder er war dagegen geimpft, sie wusste es nicht.
    Immer vorausgesetzt, das da draußen war keine Halluzination, keine Hyperraum-Fata-Morgana, sondern tatsächlich Xtaska.
    »Was machen wir, Alice?«
    »WIR KOMMEN VORAN.«
    »Wie geht’s unserem Wehwehchen?«
    »ÜBER WELCHES MÖCHTEST DU DICH UNTERHALTEN?«
    »Jesus. Über keins. Gibt es irgendwas, was ich wissen muss? Antworte mit ›ja‹ oder ›nein‹.«
    »NEIN, KÄPT’N.«
    »Alice, ich liebe dich.«
    Hinten im Frachtraum spielte jemand auf einer ausgedienten Violine oder auf etwas, das sich ganz genauso anhörte. Dann stimmten sie ein Lied an.

    »Das Schicksal mischt die Karten, es mischt sie immer neu …«
    Es ging ihr durch Mark und Bein. Sie drückte auf den Sensor der Bordsprechanlage. Sie musste mit ihnen reden, ein paar Regeln festlegen, einen Zeitplan, irgendwas. Sie holte tief Luft.
    »Ich schließe jetzt das Schott, verstanden?«, sagte sie, und bevor jemand antworten konnte, drückte sie den Verriegelungssensor.
    Sie warf sich vornüber auf die Konsole. »Ich bin kein guter Kapitän, Alice«, seufzte sie.
    »HÄTTEST DU GERNE EINE OBJEKTIVE AUSWERTUNG, KÄPT’N?«
    »Jesus, nein.«
    »DANN VIELLEICHT TROST?«
    »Später.«
    Sie taugte einfach nicht. Sie war zu egoistisch, zu sehr daran gewöhnt, auf den stumpfsinnigsten Transporten immer nur das zu tun, wonach ihr gerade der Sinn stand.
    Sie überprüfte Stück um Stück die zu Bruch gegangenen Außenkameras. Ein paar davon konnte sie vielleicht selbst reparieren. Sie legte ihren Anzug für Außenarbeiten an, nahm den Laserschweißstift und ein paar Ersatzmodule und stieg aus.
    Draußen fühlte man sich wohler als drinnen. Wenn man das einlullende Diskontinuum nicht zu genau in Augenschein nahm, konnte man sich einreden, dass man bloß in einer dichten Nebelbank auf dem bewegten Meer trieb. Wirklich eine vergleichsweise friedliche Vorstellung.
    Xtaska, schwanzlos wie sie war, kam um das Schiff herumgeschwommen, um Tabea bei der Arbeit zuzusehen.
    »Das funktioniert nicht, Käpt’n« , sagte sie über die Nahfrequenz, obwohl sie keine entsprechende Sende-Empfangs-Einheit bei sich hatte, jedenfalls war keine zu sehen. Xtaska kam auch ohne ihre fliegende Untertasse aus.

    Tabea merkte, wie sich ihr sprichwörtlich die Haare sträubten. »Wieso nicht?«
    »Ich befürchte, die Unterbrechung liegt weiter innen.«
    Tabea fixierte den Cherub durch die Sichtscheibe ihres Helms. Xtaska trug weiter nichts als ihren Schutzanzug, sie hatte die Kapuze übergestülpt. Tabea begegnete dem ruhigen Blick aus kirschroten Äugelchen.
    »Woher, zum Teufel, willst du das wissen?«
    »Ich kann es sehen« , sagte sie.
    Tabea hockte sich hin. Sie spielte mit dem Gedanken, dieser Behauptung auf den Grund zu gehen, aber sie war zu müde dazu.
    »Wenn du erlaubst …« , hob der Cherub an.
    » Ich mache das«, sagte Tabea.
    »Mit einem Fortsatz« , sagte Xtaska, »kann ich in den Sockel hineingreifen.«
    »Ich hab gesagt, ich mache das«, sagte Tabea.
    Der Cherub sah sie einen Moment lang an, dann sauste er wie ein Mitternachtsspuk davon.
    Mühselig grub Tabea die Verkabelung aus und fand Xtaskas Diagnose bestätigt. Sie schweißte die Bruchstelle und schob alles wieder in den Leitungskanal zurück.
    »Wie geht es uns, Alice?«
    »WIE WÄRE ES MIT EINEM IMBISS, KÄPT’N?«
    »Wie?«
    »DEINE BIOSIGNALE …«
    »Schon gut, schon gut. Ich komme rein.«
    Sie stand auf der Hülle und sah sich suchend um. Keine Spur von dem Cherub. Man konnte ihm nicht mal was zu essen anbieten. War das ihre Schuld? Zu spät begriff sie, dass er ihr nicht bloß Hilfe, sondern auch Wiedergutmachung angeboten hatte. Schließlich
hatte die Alice ihm die unliebsame Bekanntschaft mit dem Hangardach zu verdanken.
    Sie war ein lausiger Kapitän. Und ein lausiger

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