Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Sternendieb - Roman

Titel: Sternendieb - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
Vom Netzwerk:
Diplomat.
     
    Tage vergingen. Subjektive, aber nichtsdestoweniger zermürbend langweilige Tage in dieser amnestischen Region, die die natürliche Ordnung der Dinge vergessen ließ. Tabea hatte die Reparaturarbeiten satt. Sie wollte einen Blick in den Frachtraum werfen, auf den sogenannten Sack voll Gold, aber nie war der Frachtraum leer. Xtaska konnte sich draußen herumtreiben, aber die anderen - wohin hätten sie gehen sollen?
    Die Zwillinge waren dabei, im Frachtraum ein monumentales Wandgemälde anzulegen. Es war hauptsächlich Sarahs Projekt. Inzwischen konnte Tabea die beiden ganz gut auseinanderhalten, und zwar anhand ihres Verhaltens. Sarah war impulsiv und unberechenbar, sie neigte zu jähen Stimmungswechseln. Sie hatte ständig Wünsche. Sie hatte immer Appetit. Sie malte mit großzügigen, ungestümen Bewegungen, die immer enger und kleiner wurden, bis sie, die Zunge im Mundwinkel, auf den Knien lag und jedes einzelne Blättchen der Blumen in dem Krug auf dem Grab in der rechten unteren Ecke des Bildes mit Licht und Schatten bedachte.
    Mogul war weniger verletzlich, war reservierter. Er konnte arrogant oder charmant sein, und er konnte sich als stiller Beobachter im Hintergrund halten. Derweil seine Schwester sich plackte, hielt Mogul es für wichtiger, vom Laufsteg herunterzusegeln und Tabea den Weg abzuschneiden, immer dann, wenn sie hereinkam, um irgendwelche Ersatzteile zu holen.
    »Meinst du, die Polizei könnte uns hierher folgen, Käpt’n?«
    »Nein«, sagte sie und durchwühlte den Spind nach einem omnipoligen Antennenkabel. Alles, was ihr in die Hände fiel, waren die vermissten Flussmitteldichtungen.

    »Auch nicht die Eladeldi?«
    Sie wusste, sie hatte das Kabel irgendwo. Sie hatte es noch am Morgen gesehen. Ungeduldig holte sie alle Dichtungsringe raus. Sie hüpften und kullerten träge am Boden herum.
    »Auch die nicht«, sagte sie.
    Sie kroch in den Spind hinein und grub ganz hinten in den Sachen herum. Sie spürte förmlich Moguls Blick auf ihrem Hosenboden. Halt deinen Kopf zusammen, Jute, ermahnte sie sich. Für einen Augenblick hatte sie vergessen, wonach sie überhaupt suchte.
    »Und die Capellaner?«
    Sie gab sich geschlagen und kroch rückwärts aus dem Spind. »Oh, naja«, sie wischte sich den Staub von den Händen, »die Capellaner …«
    Sie sah auf und begegnete seinem Blick. Moguls Augen verschlangen sie mit grenzenloser Zärtlichkeit. Ihr wurde heiß.
    »Die Capellaner können doch alles, oder nicht?«, flüsterte sie rau, sah nach unten und schlug sich kräftig den Staub aus den Hosenknien. Alles, was sie von ihm sehen konnte, war sein Gesicht, Sarahs und Moguls Gesicht. Heute trug er wieder das Schnauzbärtchen. Sie war bis jetzt nicht dahintergekommen, wie die beiden das anstellten mit dem Bärtchen. Er stand still da und ging ihr geduldig zur Hand. Widerstrebend sah sie ihn an. Er reichte ihr die sorgfältig gepackten Dichtungsringe.
    Er machte ihr Avancen, ob sie das nun wahrhaben wollte oder nicht. Er machte ihr kleine, spontane, verrückte Geschenke, brachte ihr ein Gläschen mit Krabben oder mit Ingwer oder Sauté-Pastinak, und immer dann, wenn sie gerade vor Hunger starb und keine Lust zum Kochen hatte. Das machte sie verlegen und unzufrieden, nicht zuletzt weil sie dasselbe wollte wie er. Alles wäre ganz einfach gewesen, aber nicht, solange Marco hier herumschwamm. Nicht, dass sie noch etwas mit Marco im Sinn hatte, aber sie wurde ihn nicht los.

    Dann verschwand der Laserschweißstift, und sie stellte das ganze Schiff auf den Kopf, um ihn zu finden.
    Sie fand ihn, und sie fand auch das omnipolige Antennenkabel, und zwar in Talos Reisebox. Und sie wusste genau, dass sie weder das eine noch das andere dort deponiert hatte.
    Der Vogel drehte völlig durch, als er sah, dass sie die Sachen gefunden hatte. Er flog wie wild im Kreis herum und machte ein Geräusch wie eine verstimmte elektrische Gitarre, dann tauchte er in seine Box und steckte den Kopf unter den Flügel. »Sriti naogar Nottamun fair!«, heulte er wehmütig. »Nobody knows the trouble I’ve seeeeeeen …«
    »Halt mich nicht noch einmal zum Narren«, drohte ihm Tabea. Plötzlich war Mogul an ihrem Ellenbogen und machte eine beschwichtigende Geste, doch sie wollte nicht beschwichtigt werden. Sie knallte den Deckel über dem gefiederten Dieb zu, drehte sich um und ging im Sturmschritt davon. Als sie den Frachtraum verließ, hörte sie Talo vor sich hin kollern. Was er da von sich gab, war das perfekte

Weitere Kostenlose Bücher