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Sternendieb - Roman

Titel: Sternendieb - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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ihrer Wange vorbei und stieß schnurstracks auf die Konsole hinunter.
    Xtaska hatte die Initiative ergriffen.
    Ungeduldig musterte Tabea die Bildschirme, sah aus dem Bugfenster.
    Nichts geschah.
    Energisch verschaffte sie sich Ellenbogenfreiheit und drückte selbst auf den Sensor.
    Nichts.
    Wann die Alice bei den gelegentlichen Umverteilungen im Hyperraum zu den Torpedos gekommen war, war jetzt nicht so wichtig. Entscheidend war, dass sie nur zwei Stück abbekommen hatte. Was übrig blieb, war der leere Hohn: eine beschriftete Sensortaste auf der Konsole und ein Zielmonitor mit der bedrohlichen, stachligen Silhouette des Feindes, die immer größer wurde.
    »O mein Gott …«
    Die Impulskanonen der Anakonda spuckten wieder, und die Alice Liddell ertrank in einem Hagel von Kugelblitzen.

38
    Finsternis.
    Finsternis draußen und Finsternis drinnen.
    Kein Funke von Energie, kein noch so trübes Licht an Bord der Alice Liddell . Nicht im Cockpit, wo das sonst derart muntere Arrangement aus bunten Statuslichtern, hintergrundbeleuchteten LCDs, LEDs und Messwertskalen jetzt stumpf und leblos dalag wie eine Fruchtgummimustertafel in einer finsteren Abstellkammer. Und nicht im Frachtraum, wo die gesamte Ausrüstung der Konterbande blind und stumm blieb. Auch nicht in der Kombüse, wo der Kühlschrank mit einem letzten Piepser seine Arbeit einstellte. Und ebenso wenig in den Triebwerken, in denen ein letztes, versiegendes Rinnsal von Plasma verflackerte, bevor sie auszukühlen begannen in der eisigen Finsternis.
    Die Datensicherung lag brach. Die Puffersysteme hatten versagt. Im Frachtraum kauerten die Drohnen in ihren Nischen, so regungslos wie der Frasqui im Tiefkühlsarg. Darüber hingen die Frachtarme, geringelt wie leblose Stahlschlangen. Alle Außenkameras waren blind. Die Klimaanlage verstummte mit einem letzten Seufzer.
    Die Zeit blieb stehen.
    Im stockfinsteren Cockpit glommen nur die kirschroten Augen von Xtaska, dem Cherub. Tabea tippte wütend auf Sensoren, betätigte Kippschalter. Nichts tat sich. Sie sah anklagend zu dem Cherub auf, als sei der an der Misere schuld. Ohne Energie würden sie rasch im Lähmungsnetz der Nackten Wahrheit landen, und das war dann das endgültige Aus.
    »Xtaska!«, appellierten die Zwillinge.
    Talo, verstört durch die jähe Finsternis, flatterte herum und stieß gegen blinde Monitore.

    »Hierher, Talo«, sagte Marco wie jemand, der sich geschlagen gab.
    Tabea ließ sich über die Konsole fallen. Sie hatte das Letzte aus der Alice herausgeholt, nur um ihr die Bullen vom Hals zu halten, und jetzt musste sie tatenlos zusehen, wie sie den Piraten in die Hände fiel. Zuletzt war es im Cockpit drunter und drüber gegangen, aber sie hatte getan, was in ihrer Macht stand.
    Tabea bemerkte, wie ihr die Zwillinge auf die Schulter klopften, wie die hageren Hände durch die Maschen ihres Netzes schlüpften und sie zu trösten suchten.
    »Tabea …«
    »Tabea …«
    »Was sind das für Leute?«
    »Was haben sie mit uns vor?«
    Sie wehrte sie ab. »Alice?« Sie tippte wieder die Sequenz für die Betriebsart »Stimme« ein. »Alice, kannst du mich hören?«
    Keine Antwort. Stattdessen hörte sie Marco leise in sich hineinfluchen, immer wieder.
    Was konnte sie jetzt noch tun?
    Konnte sie überhaupt noch etwas tun?
    Hatte ihre letzte Stunde geschlagen?
    Suchscheinwerfer blendeten sie. Die Jäger inspizierten die Beute.
    Die Zwillinge appellierten wieder an den Cherub.
    »Xtaska, kannst du denn …?«
    »Xtaska, du kannst doch …«
    Doch der Cherub war bereits unterwegs.
    Er schwamm flugs zur vorderen Backbordschleuse, nahm die Untertasse ins Schlepptau und zog die Kapuze über den Kopf.
    »Xtaska?«, riefen sie.
    Die einzige Antwort war das Geräusch, mit dem sich die innere Schleusentür schloss, und gleich darauf ein zweites, als Xtaska die äußere Tür entriegelte und die Luft ins Vakuum entwich.

    »Wo will er hin?«, wollte Tabea wissen.
    Die Zwillinge wussten es anscheinend auch nicht.
    Das Piratenschiff hing wie ein Wappenadler vor ihnen, eine symmetrische Silhouette, die die verschwommenen Sterne verdeckte. Ein blasssilbriger Schimmer trat in das Auge des Traktorstrahlprojektors, und sofort plumpste etwas Immaterielles an die Hülle der Alice Liddell .
    »Hoh!«, schrie Marco, der sich an einer Schlaufe fing, als das Deck bedrohlich krängte. Talo flatterte mit viel Gekreisch in die Luft. »Was ist das?«
    Tabea schlug mit beiden Händen auf die Konsole.
    »Wir sind tot«, verkündete sie.

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