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Sternendieb - Roman

Titel: Sternendieb - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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Nacken ein nervöses Kichern. Aufgeschreckte, eilfertige Schnauzen der Eskorte rissen ihre Waffen hoch. Kybernator Perlmutter sah auf sie alle hinab wie auf einen Korb voller junger Hunde, dann winkte er seinem Steward, wandte sich ab und entschwebte rasch zur Tür.
    »Vorwärts!«, befahl er mit einem bauschigen Schlenker seiner Pelerine. »Auf nach Charon!«
    Tabea und Sarah wurden aus der Halle eskortiert. Da, wo man sie hinbrachte, wurden sie gebadet, frisiert und manikürt. Tabea ließ ihre Tasche nicht los. Die vor Schmutz starrende Kleidung der beiden wurde gegen adrette, neue Pyjamas aus grauem gekämmten Baumwolldrillich eingetauscht. Passend dazu bekamen sie Leinenschuhe. Alles saß wie angegossen.
    Sie wurden durch das Schiff geführt, passierten Arkaden aus Velourstahl, fuhren auf rollenden, weich beschichteten Gehsteigen unter luftige Brückenbogen hindurch, die mit Geissblatt und Bougainvillea bewachsen waren. Von schmiedeeisernen Balkonen
blickten kleine Kinder in quadratischen Käppchen und glühenden Kittelschürzchen auf die Fremden herunter und flüsterten hinter vorgehaltenen Händchen. Drohnen, die die Fliesen verwaister Korridore wienerten, schnurrten beiseite, wenn sie kamen.
    Sie wurden nicht mehr wie Gefangene behandelt. Man brachte sie auf ein Aussichtsdeck oben auf einem hohen Turm, führte sie in eine komfortable Lounge und überließ sie der Obhut von Robotdienern.
    Tabea wollte weder essen noch trinken, sie wollte auch keine Drogen. Sie saß auf dem Rand einer weichen Couch, die Beine ausgestreckt und gespreizt, und starrte ins Leere. Auf allen Seiten gab es riesige Fenster, aber dahinter gab es nichts zu sehen, denn die Porzellanzitadelle bei Sonnenaufgang war bereits nahtlos und unbemerkt in jenes undefinierbare Reich zwischen hier und überall getaucht, in jene hauchdünne Spiegelregion, den Hyperraum zwischen Silber und Glas.
    Sarah hing, ein Bein untergeschlagen, an Tabeas Schulter.
    Tabea tätschelte Sarahs Handrücken und sah ihr ins Gesicht. Sie erschrak und fühlte sich noch elender. Sarah wirkte so bekümmert, als habe nichts sie je so betroffen gemacht wie Tabeas augenblicklicher Gemütszustand. Tabea versuchte zu lächeln, dann ließ sie wieder den Kopf fallen und sah in eine andere Richtung.
    Die Türflügel fegten auseinander, und Xtaska kam hereingeschwirrt.
    Sarah sprang mit einem Freudenschrei auf und ließ Tabea auf der Couch zurück.
    Tabea raffte sich auf.
    Xtaska ging tiefer, bis ihr Kopf auf gleicher Höhe mit Sarahs war. »Wie fühlst du dich?«, fragte Sarah ängstlich und legte beide Hände auf den Rand der Untertasse, wie jemand, der über eine Mauer blickt.
    »Aufgeladen«, sagte Xtaska noch ein bisschen schnarrend.

    Tabea kam hinzu. »Worüber weiß ich nicht Bescheid?«, sagte sie viel aggressiver, als sie beabsichtigt hatte.
    Xtaska sah auf sie hinunter. »Über dein Schiff.«
    Tabeas Mund klappte zu.
    Sarah legte ihr eine Hand auf die Schulter. »Xtaska, was sollte das alles? Was wollte er von dir?«
    »Ich sollte Alice freisetzen.«
    »Freisetzen?«
    »Betriebsbereit machen.«
    »Für was?«
    »Um einen er …« Xtaskas Stimme versagte. »… gänzenden Antrieb zu steuern.«
    Sarah, in deren Ohren das reichlich technisch klang, sah Tabea die Stirn runzeln. »Ergänzenden?«, fragte Tabea.
    »Einen Sternen …«, krächzte Xtaska, und ihre kleine Brust blähte sich heftig, »… antrieb.«
    »Xtaska, lass doch …«, sagte Sarah unglücklich.
    »Was für einen Sternenantrieb?«, fragte Tabea gepresst.
    »Den frasquischen«, sagte Xtaska.
    Tabea holte tief Luft. Sie machte auf dem Absatz kehrt, ging ein paar Schritte und traktierte ihre offene Hand mit Faustschlägen.
    »Du hörst jetzt besser auf mit Reden«, sagte Sarah an Xtaskas Adresse. Dann folgte sie Tabea und hängte sich wieder an ihre Schulter. »Tabea …?«
    Ohne Sarah anzublicken, schob Tabea die Hand von ihrer Schulter und ging zur Couch zurück. Sie setzte sich wieder auf den Rand und starrte zu Boden.
    »Tabea?«
    »Verdammt, warum hast du mir das nicht vorher gesagt?«, raunte Tabea, ohne aufzublicken. Sie hatte einen galligen Geschmack auf der Zunge.

    »Egal«, sagte Xtaska einsilbig.
    Sie riss den Kopf hoch und sah Xtaska an, die Fäuste geballt. »Woher willst ausgerechnet du das wissen?«
    »Kein Antrieb da«, sagte Xtaska.
    Tabea seufzte und ließ wieder den Kopf hängen.
    Sarah konnte nicht mehr folgen, wartete auf einen Anhaltspunkt, ein Stichwort.
    Tabea machte die Augen fest zu.

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