Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Sternendieb - Roman

Titel: Sternendieb - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
Vom Netzwerk:
kannst du, wenn du willst, auf dem Absatz kehrtmachen und zu deinem Schiff zurückkehren. Das ist mein letztes Wort.«
    Wie aus dem Nichts tauchte Talo urplötzlich auf, kam durch die staubgeschwängerte bernsteinfarbene Luft geflattert und ließ sich auf Marcos Schulter nieder.
    »Marco!«, rief eine Stimme.
    »Marco.« Die gleiche Stimme aus einer anderen Richtung.
    »Hannah wartet schon, Marco.«
    »Beeil dich, Marco!«
    Einer von den Zwillingen tauchte auf und kam erschöpft die Stange irgendeines Gerüstes heruntergeklettert.
    Marco sah auf die Uhr. »Wir nehmen besser ein Taxi.«
    Er hatte die Worte noch nicht ganz aus dem Mund, als ein offenes Taxi auftauchte. Auf dem Rücksitz saß der andere Zwilling. Die schmuddelige kleine Robotdroschke kam unter dem Gerüst zum
Stehen. Der erste Zwilling nahm an einer Querstange Schwung und sprang gekonnt an Bord.
    »Beeil dich, Marco!«, sagten sie fast synchron.
    Tabea gruselte bei dem Gedanken, die beiden nach Titan zu befördern. Während sie Marco ins Taxi folgte, nahm sie sich vor, Hannah Su eines Besseren zu belehren. Sie würde ihr verklickern, dass die Alice für die Jungs nichts taugte. Sie würde nur die Ausrüstung zum Titan bringen; das brachte schließlich auch Geld. Oder sie würde die Reparatur so lange hinziehen, bis es zu spät war und Hannah einen anderen Skipper aufgetrieben hatte. Dann stand sie zwar bei Hannah in der Kreide, aber das ließ sich regeln, wenn die anderen fort waren. Falls Hannah wirklich die Managerin war, musste es noch andere Möglichkeiten geben, ins Geschäft zu kommen. Wo man es nicht gleich mit gemeingefährlichen Musikern und durchgeknallten Akrobaten zu tun bekam.
    Sie saß neben Marco, mit dem Rücken in Fahrtrichtung. Gegenüber saßen die Zwillinge. Am Boden, zwischen Zigarettenstummeln und Krabbenstäbchenhüllen, hüpfte Talo umher. Eine leere Getränkedose kullerte ihnen zwischen die Füße, als die Droschke wendete, vom Frachthof fegte und sich in das Labyrinth von Plenty stürzte.
    Der Fahrtwind zerzauste ihnen die Haare. Aus Fahrtrichtung schossen pausenlos Leuchtstäbe über sie hinweg. Tabea warf einen flüchtigen Blick auf die Zodiak-Zwillinge, die dasaßen und einander im Arm hielten wie zwei Mannequins auf Hochzeitsreise. Sie waren tatsächlich identisch. Eineiige Zwillinge verschiedenen Geschlechts. Was eigentlich ausgeschlossen war. An wessen Genen, fragte sie sich, war da herumgepfuscht worden?
    Sie lehnte sich auf die Armstütze, versuchte nicht an die Frist zu denken, die ihr noch blieb, und betrachtete die düstere Szenerie, die vorüberflog. Die Wände waren überwiegend schwärzlich
braun, mit nassen oder dampfenden Flecken durchsetzt, und bröckelten, wo elektrische Verteilerkästen und Halterungen von Frischluftrohren und Abwasserleitungen saßen. Der Tunnel wand sich nach links und rechts, schlug Haken, ging bergauf und bergab, ohne ersichtlichen Grund, während die Decke floh oder beängstigend herunterkam. Einige Male kreuzten sie andere schnell befahrene Tunnels. Es schien hier keinerlei Verkehrsordnung oder Signalsystem zu geben.
    Das Robot-Taxi sauste über eine Rampe in ein größeres Geschäftsviertel hinunter, verlangsamte seine Fahrt und schlängelte sich durch das Publikum, das sich zwischen den Waffen- und Geschenkläden herumtrieb. Reduzierte Preise und leicht beschädigte Artikel bestimmten das Bild. Ständer mit schusssicheren Westen und wankende Türme aus »Werkzeugsätzen« und Porno-Senso-Chips machten die Straße nahezu unbefahrbar. Die Luft war geschwängert mit würzigen Bratendüften, zuckersüßen Gerüchen und dem unverkennbaren Gestank nach Kordit. Jemand stieß einen gellenden Schrei aus und warf eine Dose. Er traf das Taxi an der hinteren Stoßstange.
    Sarah sagte plötzlich etwas. Tabea, die sich unwillkürlich umdrehte, erkannte am Lippenbärtchen, dass es Sarah war.
    »Ich habe Hunger«, sagte sie.
    Die Stimmen der Zwillinge klangen ununterscheidbar harsch und leise, ein warmer Strom in einem Bett aus steinharten Konsonanten. Offenbar war Panenglisch nicht ihre Muttersprache. Tabea fragte sich, ob es sich bei den beiden um Extraterrestrier handelte, um Angehörige irgendeiner unbekannten, nicht registrierten Rasse.
    »Ich könnte ein ganzes Pferd essen«, meinte Sarah.
    Sie sah sich in den erleuchteten Schneisen des Viertels um, als hoffte sie, jemanden auszumachen, der in weiser Voraussicht den
Grill vorheizte. »Ich könnte Fliegen und Würmer essen, so groß ist mein

Weitere Kostenlose Bücher