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Sternendieb - Roman

Titel: Sternendieb - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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Hunger«, sagte sie mit Inbrunst und lachte. »Oder knackige braune Käferchen.« Sie strich ihrem Bruder über den Kopf. »Hast du gar keinen Hunger?«
    »Hunger macht wach«, sagte ihr Bruder träge und wie aus weiter Ferne.
    »Papperlapapp«, meinte Sarah. »Hunger macht hungrig, sonst nichts.« Sie stocherte mit dem Fuß nach Talo. Talo biss in die Stiefelspitze.
    Die Robotdroschke bog ab und jagte eine holprige, hohe Gasse hinunter. Aus den oberen Gefilden der Wände ragten in seltsamen, schiefen Winkeln erkerartige Behausungen in die Gasse, eine wahre Domäne von Astrologen, Kartenlegern und obskuren Therapeuten. Die Grotten und Höhlen darunter waren durch Teppiche und Vorhänge unterteilt. In den Alkoven der bröckligen Gebäude kauerten die Leute unter baumelnden HiSo-TV-Schirmen, rauchten Wasserpfeifen, tranken Bier und debattierten. Irgendwo in einer Nebengasse wurden Stimmen laut, man hörte das kurze Rattern einer Maschinenpistole, einen Schrei. Niemand nahm Notiz davon.
    Alle paar Meter, derweil das Taxi mal hierhin und mal dorthin schlenkerte, um dem Sockel eines kalten, schleimigen Pfeilers oder einem Spalt im Boden auszuweichen, erhaschte Tabea einen Blick in die dunklen, oberen Behausungen und hinter die improvisierten Trennwände aus Tüchern und auf die grellen Namensschilder. Das bewohnte Innere von Plenty, begriff Tabea. Es war wie ein gigantischer Schwamm, die Gebäude in zellenartige, schattige Löcher gekeilt, umgeben von verrottenden Abfällen, eiternden Pilzgeschwülsten und vergessenen Leibern.
    Tabea zuckte heftig zusammen, als Marcos Hand auf ihrer Schulter landete. »Guck dir das an!«. Er kicherte. Eine Frau mit
Gasmaske und schwarzem Foliennegligé ging vorüber. Sie führte einen Mann an der Kette und schleckte an einem rosaroten Softeis. Marco lachte. »Irre Gegend«, sagte er.
    Sie ruckelte seine Hand von der Schulter.
    »Heeeeh …«, beklagte er sich gekränkt.
    Tabea rückte von ihm ab und klatschte in der Lücke rasch die Handflächen gegeneinander. »Husch, husch«, sagte sie.
    Einer der Zwillinge kicherte.
    »Bitte nicht den Piloten ärgern, Marco.«
    Die nächste Kaverne war weniger hell erleuchtet. Aus lederverhangenen Kellergeschossen dröhnte heiße, rhythmische Musik. Ein schwerer Geruch nach Ammoniakverbindungen und Räucherwerk hing in der Luft, ab und zu schlug ihnen ein Dunstschwall von saurem Wein und Schweiß entgegen. Auf Balkonen saßen Huren, tranken und behielten die Straße im Auge. Überall lagen Haufen geplatzter, längst überfälliger Müllsäcke.
    Die Robotdroschke sauste in einen engen Tunnel hinein. Der Boden klang hohl. Mit Maschendraht verschlossene Öffnungen gaben Einblick in einen schattigen Abgrund. Tief unten konnte Tabea winzige Brücken und hauchdünne Leitern sehen. Sie verbanden jähe, spinnwebfeine Vorsprünge miteinander, die wie gefrorene Spritzer aus Haferbrei in den leeren Raum ragten.
    Marco drehte sich auf seinem Sitz und sah in die Kaverne zurück, die sie eben verlassen hatten.
    »Das ist nicht der Weg«, sagte er. »Oder doch?«
    Tabea blickte erst ihn, dann die Zwillinge an, die Marco die Antwort schuldig blieben. Sie saßen nur da und lächelten verschwiegen.
    Tabea hätte ihnen am liebsten den Hals umgedreht.
    Talo reagierte auf Marcos scharfen Tonfall und flatterte laut flötend auf dessen Knie. Marco schob ihn rasch beiseite und erhob
sich. Talo hüpfte verstört auf Tabeas Knie. »Scher dich fort!«, schrie sie mit schriller Stimme und schlug nach dem grünen Zweibeiner.
    Der eigenartige Vogel entging mühelos der Attacke.
    Marco kniete sich auf den Sitz und kontrollierte die Steuerarmaturen. »Wer hat das Ding programmiert?«
    Die Zwillinge sahen einander belustigt in die Augen.
    Tabea stellte sie zur Rede: »Was habt ihr gemacht?«
    »Nichts«, sagten sie wie aus einem Mund.
    »Überhaupt nichts, Käpt’n«, unterstrich Mogul.
    Die Fahrt war zu rasant, um herauszuspringen.
    Tabea stand auf und stieß Marco zur Seite, um selbst einen Blick auf die Armaturen zu werfen. Die Anzeigen waren unbeschriftet und völlig fremdartig. Sie zog ein Taschenmesser heraus und begann, auf die Kontrollen einzustechen, in der Hoffnung, irgendeinen Lebensnerv zu treffen.
    Die Sekunden rannen dahin, und sie geriet immer tiefer in die unbekannten Gefilde von Plenty.
    Alice, wandte sie sich innerlich an ihr Schiff, sobald ich hier raus bin, werde ich mich um dich kümmern. Danach wirst du so gut wie neu sein. Und sie flehte: Nehmt mir nicht mein

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