Sternenfall: Roman (German Edition)
in allem war es ein ziemlich gutes Jahr gewesen. Nicht nur die Produktion aller Firmenteile war gestiegen, auch das erdrückende Gewicht kurzfristiger Kredite, das noch vor einem Jahr auf ihm gelastet hatte, war getilgt. Das verdankte er Thomas Thorpe. Die Aktienverkäufe waren beinahe unmittelbar nach Ankündigung der Expedition zum Kometen Hastings in die Höhe geschnellt. Es sah so aus, als befürchtete jeder, der darauf gewettet hatte, dass sich der Felsen als ein kostspieliger Flop erweisen würde, sich eine neue, ähnliche Gelegenheit entgehen zu lassen.
Beim Gedanken an die Expedition hob Smith seinen Blick zum Jupiter. Es war jetzt einen Monat her, dass der Komet das Jupitersystem durchflogen hatte. Wie erwartet, war die Story in den Medien eine weitagessensation gewesen und gleich darauf vergessen worden. Man würde sich erst dann wieder an den Kometen erinnern, wenn er am Nachthimmel der Erde sichtbar wurde.
Hinter ihm schwoll der Partylärm plötzlich an. Als Smith sich umdrehte, entdeckte er vor der hellen Tür die Silhouette einer Frau. Sie hatten beide zusammen das College besucht. Es war Anna gewesen, die ihn mit Victoria bekanntgemacht hatte, die später seine Frau geworden war. Sie hatten alle drei mehrere Male zusammen auf der Sierra Seas gesegelt, und Anna hatte Victoria häufig Gesellschaft geleistet, wenn Smith geschäftlich unterwegs war. Nach Victorias Tod hatte sie ihm geholfen, die Scherben seines Lebens wiederaufzusammeln.
»Da bist du ja!«, rief sie aus, als sie ihn am entfernten Ende des Balkons entdeckt hatte. »Ich habe überall nach dir gesucht. Bist du allein?«
»Wen hast du denn bei mir erwartet?«
»Also komm, Hal! Ich hab doch eben noch diese Blondine an deinem Arm hängen sehen. Es ist allgemein bekannt, dass Männer deines Alters und in deiner gesellschaftlichen Position eine gewisse … Verwundbarkeit besitzen, oder wie sagt man?«
»Warst du deshalb so vorsichtig? Du dachtest, ich wäre hier mit so einem jungen Ding zugange?«
Anna lachte. »Ich hätte es nicht so drastisch formuliert, aber ja! Es wäre auch ein ermutigendes Zeichen gewesen. Du arbeitest zu viel! Du denkst an nichts anderes mehr als an diesen verdammten Asteroiden. Wenn dir eine kleine Affäre helfen würde, dich zu entspannen, dann bin ich ausgesprochen dafür.«
»Wenn mir der nächste Antrag gemacht wird, werde ich mich daran erinnern. Bist du herausgekommen, nur um mir einen Vortrag über mein Liebesleben zu halten?«
»Eigentlich nicht«, sagte sie und schauderte. »Es gab eine ganze Reihe von Gründen. Der erste ist, dass du mir von Weihnachten immer noch einen Kuss schuldig bist.«
»Du mir ebenfalls. Und der zweite?«
»Dein Butler Jarmon sucht nach dir.«
»Ist uns der Champagner ausgegangen?« Diese Frage war rhetorisch. Halver Smiths Weinkeller war auf drei Kontinenten berühmt.
Sie schüttelte den Kopf. »Die Kommunikationsüberwachung von der Zentrale hat angerufen. Man hat für dich eine Nachricht aus dem Raum.«
»Vom Felsen ?«
Anna zuckte mit den Achseln. »Du weißt doch, dass ich einen Planeten nicht vom anderen unterscheiden kann. Jarmon machte einen aufgeregten Eindruck. Er meinte, die Nachricht sei in deinem Privatcode. Er durchsucht die andere Seite vom Haus. Mir ist eingefallen, dass du in diese Richtung gegangen bist, da dachte ich mir, ich sag dir Bescheid.«
»Danke. Es ist bestimmt der Manager vom Felsen , der sich wieder über den Wirtschaftsprüfer beschwert. Die beiden gehen schon seit Monaten aufeinander los. Du entschuldigst mich doch, nicht wahr?«
»Nicht, bevor ich meinen Kuss bekommen habe.«
»Richtig«, sagte er grinsend. Er schloss sie in die Arme, und für ein paar Augenblicke waren sie wieder zwanzig. Nach einer langen Weile brach er den Kuss ab. »Tut mir leid, aber ich glaube, ich sollte mal nachschauen, was los ist.«
»Du kommst doch wieder zur Party zurück, oder?«
»Wenn ich kann.« Er nahm Anna beim Arm und geleitete sie zurück nach drinnen.
Der Hausherr brauchte fünf Minuten, um seinen Butler inmitten des Gewühls der Partygäste ausfindig zu machen. Schließlich entdeckte er Jarmon im hinteren Schlafzimmer, wo ein nachtlanges Pokerspiel im Gange war.
»Sie haben eine Nachricht für mich, Jarmon?«
»Ja, Sir. Der Diensthabende am Komm hat eine lange, codierte Mitteilung herübergeschickt. Die Authentizitätsprüfung lässt vermuten, dass es sich um einen Ihrer Privatcodes handelt.«
»Wer hat sie geschickt?«
»Mr. Thorpe von der
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