Sternenfall: Roman (German Edition)
Kalifornien, bei dem man sich darauf verlassen kann, dass er das Geheimnis für sich behält.«
»Was mich betrifft, so plane ich, den Direktor des Farside-Observatoriums einzubeziehen. Er wird ebenfalls auf strikte Geheimhaltung eingeschworen. Irgendwelche Vorschläge, was man tun könnte, wenn sich die Information als zutreffend erweisen sollte?«
»Kanzler ist Mitglied des Systemrates. Ich dachte mir, ich bitte ihn darum, beim Generalsekretär vorgelassen zu werden. Sind Sie einverstanden?«
»Ich pflichte Ihnen bei, dass der Systemrat die richtige Stelle ist, um anzufangen. Luna behält sich das Recht vor, notfalls selbstständig zu handeln.«
»Was auch für die Erde gelten wird. Aus diesem Grund muss der Rat die Gegenmaßnahmen koordinieren.«
»Ich bin ganz Ihrer Meinung, Sir«, sagte Hobart. »Es könnte allerdings dazu kommen, dass politische Erwägungen bei dieser Krise im Vordergrund stehen werden.«
»Eine gute Möglichkeit, dies zu verhindern, ist, die Sache so lange unter Verschluss zu halten, bis wir die Bestätigung haben, dass ein Problem vorliegt. Ich nehme an, die Rohdaten über den Kometen werden alle im Farside-Observatorium gesammelt.«
»Das ist zutreffend.«
»Es ist wichtig, dass Sie von dort aus nicht weitergereicht werden. Wir wollen schließlich nicht, dass ein unabhängiger Forscher darüber stolpert, ehe wir so weit sind.«
»Wir werden es nicht lange zurückhalten können«, warnte Hobart.
»Das werden wir auch nicht müssen«, erwiderte Smith. »Entweder wir weisen nach, dass es keinen Anlass zur Sorge gibt, andernfalls arrangiere ich ein Treffen mit dem Chefkoordinator des Rates.«
»Wie lange haben Sie vor zu warten?«
»Zehn Tage.«
»In Ordnung«, sagte Hobart. »Ich werde mich bemühen, auf unserer Seite den Deckel auf dem Topf zu lassen. Wenn ich bis in zehn Tagen nichts von Ihnen gehört habe, werde ich gezwungen sein, mit dem, was ich weiß, an die Öffentlichkeit zu gehen.«
»Das ist nur recht und billig.«
Es wurden noch ein paar Sätze gewechselt, dann legte Smith auf, und Hobart starrte auf den leeren Bildschirm. Schließlich seufzte er und rief seine Privatsekretärin zu Hause an.
»Ja, Sir?«, fragte sie, als sie auf dem Monitor erschien.
»Erinnern Sie sich an einen Regierungsbericht vor etwa einem Jahr, Amalthea? Eine Übersicht über Lunas Abhängigkeit von Erdimporten?«
»Ja, Sir.«
»Erinnern Sie sich an den Verfasser?«
»Ich glaube, es war Dr. Jinsai von der Universität. Der Titel war ›Eine Studie über strategische Abhängigkeiten der Lunaren Wirtschaft‹.«
»Holen Sie Jinsai an den Apparat und fragen Sie ihn, ob er mir den Gefallen erweisen würde, mich zu Hause zu besuchen. Heute noch, falls möglich. Könnte sein, dass ich Arbeit für ihn habe.«
19
NACHRICHTENMELDUNG:
UNIVERSAL FAX, DEN HAAG, VEREINTES EUROPA – 15. JAN 2086
HALVER SMITH, BEKANNTER AMERIKANISCHER UNTERNEHMER, BESUCHT HEUTE DEN HAAG. ER WIRD MIT CONSTANCE FORBIN, CHEFKOORDINATORIN DES SYSTEMRATES, IN IHREM NEUEN BÜRO IM RIDDERZAAL ZUSAMMENTREFFEN. OBWOHL DER GEGENSTAND IHRER GESPRÄCHE NICHT ÖFFENTLICH GEMACHT WURDE, VERLAUTET AUS KREISEN DER RATS-BÜROKRATIE, SMITH WERDE SICH UM DIE UNTERSTÜTZUNG DER CHEFKOORDINATORIN FÜR EINE INTERNATIONALE VEREINBARUNG ÜBER EXTRATERRESTRISCHE ZOLLGEBÜHREN BEMÜHEN, WIE SIE AUF METALLE AUS DEM ASTEROIDENBERGBAU ERHOBEN WERDEN. MAN ERWARTET KEIN KOMMUNIQUÉ IM ANSCHLUSS AN DAS TREFFEN.
ENDE
Constance Forbin saß in ihrem Büro im fünfzigsten Stock und schaute aus dem Fenster auf Den Haag hinaus. In der Ferne lag der historische Stadtkern einschließlich des Binnenhofs und des Hovijver Teichs. Der Teich war hinter den Reihen imposanter Gebäude nicht zu erkennen, doch die kahlen Äste der Bäume am Rande des Kanals reckten sich wie eine randomistische Skulptur von Anfang des Jahrhunderts in den bleiernen Himmel. Der über Nacht gefallene Schnee bedeckte die Straßen und Parks der ehemaligen Hauptstadt der Niederlande und lag in hohen Haufen, wo er vom steilen Dach der alten Burg heruntergerutscht war. An einem Dutzend Stellen in der Altstadt markierten orangefarbene Blinklichter die Positionen der Schneeräumungsroboter. Die Geräte waren die ganze Nacht unterwegs gewesen und hatten einen aussichtslosen Kampf geführt, um die Straßen freizuhalten. Jetzt, da es aufgehört hatte zu schneien, würden sie die Stadt rasch wieder ausgraben. Innerhalb von achtundvierzig Stunden würden in der Stadt alle Spuren des
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