Sternenfaust - 022 - Im Tempel der Toten Götter
Abgesandten wurden ausnahmslos grün vor Schreck. Drunor zischte zustimmend. »Genauso haben wir uns auch gefühlt, als es das erste Mal passierte. Wir waren überzeugt, dass die Götter unseren Untergang beschlossen hätten. Doch offensichtlich war dem nicht so. Licht und Wärme kehrten bald zurück.
Natürlich waren wir alle, besonders die Priester, überzeugt, dass wir irgendetwas getan haben mussten, um die Götter zu verärgern, sonst hätten sie uns nicht so entsetzlich bestraft. Aber als es wieder und wieder passierte, ohne dass wir uns eines gravierenden Fehlverhaltens schuldig gemacht hätten, kamen die Priester zu dem Schluss, dass es Zeichen sein sollten, die nur eines bedeuten konnten. Die Götter wollten uns dadurch auffordern, uns aus der Abhängigkeit von ihren Wohltaten zu lösen und zu lernen, auch ohne ihre Gaben zurechtzukommen.«
Das war eine absolut logische Schlussfolgerung, der nicht einmal der kritische Filkren etwas entgegenzusetzen hatte.
»Und was habt ihr daraufhin getan?«, fragte Siarin neugierig.
»Wir haben uns überlegt, was wir tun würden, wenn uns die Götter ihre Wohltaten vollständig oder zumindest für lange Zeit versagen sollten. Also haben wir begonnen, eigene Licht- und Wärmequellen zu erschaffen und die Oberfläche zu erforschen. Man kann hier oben gut leben, wenn man entsprechende Vorkehrungen trifft.«
Für die Rhukani aus den Nördlichen Siedlungen war das vollkommen undenkbar. Siarin war allerdings eher neugierig als erschrocken über eine solche Möglichkeit.
»Wie habt ihr das gemacht?«, fragte sie interessiert. »Wie erzeugt ihr eigene Wärme und Licht?«
Drunor schimmerte amüsiert. »Das werden wir euch gern zeigen. Dazu müsstet ihr aber mit in unsere Siedlung kommen.«
»Nicht bevor ihr uns nicht zugesagt habt, den Tempel für unsere Besuche wieder freizugeben!«, verlangte Filkren nachdrücklich.
»Das werden wir erst tun, wenn wir sicher sind, dass auch ihr dem Willen der Götter folgt und die neuen Wege geht«, erklärte Drunor unnachgiebig.
»Schluss damit!«, unterbrach Kurshak den beginnenden Streit, bevor er richtig ausbrechen konnte. »Wir sind gekommen, um diese Angelegenheit zu klären, nicht um uns zu streiten. Und wenn wir zu dem Schluss kommen, dass die Götter für alle Rhukani Veränderungen wünschen, werden wir uns nach ihrem Willen richten. Dann gibt es ohnehin keinen Grund mehr, uns von unser aller Heiligtum fern halten zu wollen.«
»Eine weise Entscheidung«, fand Drunor. »Kommt ihr also?«
»Zeig uns den Weg«, forderte Kurshak ihn auf.
Noch ehe die beiden Gruppen sich in Bewegung setzten, fegte ein heftiger Wind über die Tempellichtung. Ein großer Schatten zeichnete sich auf dem Boden und den Wänden des Tempels ab, der aus dem Himmel kam und langsam zu Boden sank. Der Schatten gehörte zu einem lang gezogenen ovalen Gebilde, das die Länge von etwa elf Rhukani hatte, silbrig im Licht der Sonnen glänzte und seltsame, laut brummende Geräusche von sich gab.
Die Rhukani waren wie erstarrt und sahen das unheimliche Ding sprachlos an, das sich unglaublich schnell der Lichtung näherte.
»Bei allen Göttern!«, entfuhr es Filkren schließlich. »Was ist das?«
*
Dana Frost ließ sich nicht anmerken, dass Steins Vermutung ihr einen leichten Adrenalinstoß durch die Adern jagte. Auch sie konnte sich nicht vorstellen, dass dieses Sonnensystem in seiner jetzigen Form auf natürliche Weise entstanden war. Also hatte jemand Alard-9 nach seinen Vorstellungen geformt. Und für einen solchen, nach menschlichen Maßstäben nahezu unmöglichen Akt, gab es nur zwei Kandidaten, die dafür in Frage kamen.
Die einen waren die Basiru-Aluun, eine technisch so hoch entwickelte Rasse, dass sich niemand einen Begriff davon machen konnte, zu welchen Leistungen sie wirklich in der Lage waren. Eine ihrer scheinbar leichtesten Übungen war, Kristallschiffe zu konstruieren, die ein eigenes Bewusstsein hatten und selbstständig denken konnten, wenn auch nur in eingeschränktem Maße. Bisher hatte die STERNENFAUST nur eine einzige Begegnung mit einem ihrer Vertreter gehabt – und soweit Dana wusste, war es auch die einzige der Menschheit.
Die anderen waren eine Rasse, auf deren Artefakte – das einer Steuerzentrale ähnelte – sie erstmals auf dem Planeten der Fash’rar gestoßen waren. Das fischartige Volk nannte die Erbauer dieses Artefakts die »Toten Götter«. Leider hatte die STERNENFAUST keine Gelegenheit gehabt, diese
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