Sternenfaust - 041 - Das Kristallschiff
Kamera ab.
Tamara Brin hatte auf Anhieb ihre Kollegin Kd’ra wiedererkannt, die ihr wenig später die übrigen Archäologen der mantidischen Forschungsgruppe vorstellte. Schon während des Fluges zum Glasplaneten hatte sie erfahren, dass auch sie eine alte Bekannte wiedertreffen würde. Inzwischen umringten auch Dana, Bruder William und Jefferson die hoch aufragende Gestalt Kkiku’hs, der seine Freude über das Wiedersehen mit zahllosen Knarz- und Knacklauten Ausdruck gab, die von den Translatoren nicht übersetzt werden konnten.
Doch Dana brach die lebhafte Unterhaltung schon bald ab und verschob sie auf den Abend. Bevor es zu dämmern begann, mussten sie ihr eigenes Lager neben dem der Mantiden errichten. Auf der Oberfläche traten zwar die gefürchteten Stürme wesentlich seltener auf als in den höheren Luftschichten und obwohl der Ort zusätzlich durch das wuchtige Massiv eines Glasgebirges geschützt wurde, legte Dana großen Wert auf eine sorgfältige Verankerung der ballonförmigen Kuppeln.
Die Atmosphäre des Glasplaneten war für Menschen nur eingeschränkt atembar. Das völlige Fehlen von Wasser bewirkte zum einen die rasche Austrocknung der Schleimhäute, zum anderen wussten sie zu wenig über die möglicherweise Krankheiten erregenden Staubanteile in der Luft. Die Vorstellung, reines Glas einzuatmen, weckte bei niemandem in Danas Team die Bereitschaft, sich als freiwilliges Versuchskaninchen zur Beobachtung eventueller Spätfolgen zur Verfügung zu stellen. Die Atemmasken blieben also vor Mund und Nase. Geredet wurde mittels einer hauchdünnen Mikrophonfolie, kaum halb so groß wie ein Fingernagel, die im Inneren der Maske klebte. Der Umweg über den kleinen Außenlautsprecher an den Anzügen hatte zudem den Vorteil, dass beim Gespräch mit den Mantiden der Translator zugeschaltet werden konnte.
*
Zwei Tage später
Bei der nächsten Exkursion in das linke Auge des Bösen Gottes begleiteten Dana Frost, Tamara Brin, Bruder William und Simon E. Jefferson das mantidische Team. Der Leitende Ingenieur war nicht nur für die Antigrav-Aggregate zuständig, mit denen die leichten Schutzanzüge schon vor der Landung auf dem Glasplaneten ausgerüstet worden waren. Er war auch dafür geschult, mit Fremdtechnik umzugehen.
Auf mantidischer Seite bestand die Gruppe wie bei der ersten Erforschung des künstlichen Höhlensystems aus dem Archäologen-Duo Kd’ra und Tbq’ri, das durch Kkiku’h ergänzt wurde.
Diesmal sollte nicht nur seine Kamera das Geschehen lückenlos dokumentieren. Die Menschen verfügten über leichte und handliche Miniaturkameras, die von den Gesichts- und Atemmasken, an denen sie sich befanden, abgenommen werden konnten, etwa um Detailaufnahmen zu machen, ohne den Träger der Kamera dazu zu zwingen, sich mit seinem Gesicht einem Objekt, das man filmen wollte, zu sehr zu nähern.
Um den Charakter der Kooperation und Gemeinsamkeit zu betonen, war zwischen Mantiden und Menschen vereinbart worden, dass alle einlaufenden Rohdaten nicht nur beiden Seiten zur Verfügung stehen, sondern auch zusammen ausgewertet werden sollten.
Seit der ersten Erforschung der Höhle hatte man einige Scheinwerfer heraufgebracht, deren Licht für atemberaubende Reflexe an den spiegelnden Wänden sorgte. Und man hatte sich inzwischen auch der Erforschung der rechten Augenhöhle gewidmet.
»Leider ist sie für unsereins schon nach wenigen hundert Metern zu eng«, sagte Kd’ra zu Tamara Brin. »Wir wissen also nicht, was sie noch für Geheimnisse birgt.«
»Wir Menschen sind deutlich kleiner als Mantiden«, sagte die schmächtige Wissenschaftlerin mit leisem Lächeln.
»Sie würden zweifellos ein Stück tiefer hineinklettern können«, erwiderte die Mantidin, »aber Sie sollten die Gefahren nicht unterschätzen.«
»Welche Gefahren?«
»Jeder dieser Glasgrate an den Höhlenwänden ist messerscharf. Ihr Schutzanzug mag ja aus einem stabilen Material bestehen, aber ich würde es nicht darauf ankommen lassen …«
»Haben Sie es denn schon mit Robotern versucht?«
»Die für diesen Zweck notwendigen Maschinen haben wir leider nicht dabei.«
»Pech«, konstatierte Tamara Brin. »Aber mit der öffentlichen Aufmerksamkeit, die Sie mit Ihrer Expedition erregt haben, bekommen Sie mit Sicherheit die notwendigen Mittel bewilligt, um auch noch einen zweiten Ausflug zum Glasplaneten organisieren zu können …« Die junge Wissenschaftlerin von der Erde wusste, worauf es bei derartigen Unternehmungen
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