Sternenfaust - 041 - Das Kristallschiff
nur ihr versuchte den Sachverhalt zu erklären, sondern die ganze Zeit auch in das Mikrophon seines Aufzeichnungsgeräts sprach. »Hier herrscht zwar absolute Schwerelosigkeit, das heißt: Im Grunde brauchten wir hier unsere Antigravs überhaupt nicht. Andererseits ist dieser Raum aber mit Atmosphäre angefüllt und zwar exakt der gleichen, wie sie auch sonst auf dem Glasplaneten anzutreffen ist. Das heißt, wir haben den Planeten nicht verlassen und befinden uns noch mitten in dem Berg …«
Er zeigte mit einer Hand auf die nur noch als kleine Figuren in weiter Entfernung erkennbaren Archäologen.
»Das Erstaunlichste aber ist das da …«
Als sie die beiden Mantiden eingeholt hatten, sahen sie die unscheinbare Platte zum ersten Mal nicht nur auf einem Bild sondern in natura. Während ihrer Reise auf der STERNENFAUST zum Glasplaneten, hatten sich Dana und Tamara unzählige Male die Aufzeichnungen dieses Objekts angesehen. Es war selbst auf den zweiten und dritten Blick viel zu schlicht und einfach, um Worte wie erstaunlich oder spektakulär zu rechtfertigen. Außergewöhnlich war zweifellos das gesamte Drumherum, das eigentliche Zentrum der Inszenierung wirkte dagegen beinahe enttäuschend.
Das mitten im simulierten All schwebende Objekt sah aus wie ein von allen Seiten glatt gehauener, gelblich-weißer Marmorblock. Selbst seine Größe war unspektakulär. Mit einer Kantenlänge von 1,23 auf 0,75 Meter bei einer Dicke von einem halben Meter hätte er zur Not auch als Grabstein auf einem Friedhof dienen können. Die Mantiden und Menschen umschwebten ihn aber so, als sei er eine zu dick geratene Tischplatte, in deren Mitte sich zwei Vertiefungen befanden. In einer von ihnen steckte das Daten-Ei. Sie sahen jetzt mit eigenen Augen, das es ihrem Fundstück zum Verwechseln ähnlich sah.
Dana musste unwillkürlich an die Lästerzungen in der STERNENFAUST denken, die beim Anblick der Bilder dieses Objekts respektlos von kosmischer Eierschachtel oder galaktischem Eierbecher gesprochen hatten.
Dana musste grinsen, nickte aber Tamara aufmunternd zu. Die junge Wissenschaftlerin öffnete den mitgeführten Behälter und entnahm ihm das von der STERNENFAUST vor einiger Zeit unter wenig würdigen Bedingungen entdeckte Daten-Ei. Kurz entschlossen steckte sie es in die Öffnung, die dafür vorgesehen zu sein schien.
Nichts weiter geschah.
Enttäuschung machte sich breit. Jefferson schwebte in Rückenlage unterhalb des Blocks, konnte aber nichts weiter finden. Es wäre auch zu verwunderlich gewesen, schließlich war das Objekt von den mantidischen Wissenschaftlern zuvor bereits gründlich untersucht worden.
»Haben Sie irgendetwas gespürt, als Sie das Daten-Ei in die Vertiefung gesteckt haben …«, fragte Dana. Ihr Blick fixierte Tamara Brin, die hilflos die Schultern hob.
»Ich kann es ja noch einmal probieren …«, erwiderte sie und streckte ihre Hand nach dem Datenkristall aus. »Vielleicht eine leichte Drehung …«
Kaum berührten ihre Fingerspitzen die glatte Oberfläche, brach mit einem zischenden Fauchen ein scharf gebündelter Energiestrahl aus der Spitze des Daten-Eis. Tamara wurde von der Wucht dieses Ausbruchs zur Seite gefegt wie ein verwelktes Blatt im Herbststurm. Hilflos ruderte sie eine Weile durch die Schwerelosigkeit. Bruder William schoss geistesgegenwärtig hinter ihr her und erwischte ihren Arm. Er hielt sie wie ein Rettungsschwimmer, als er mit ihr zurück zu der Gruppe flog.
»Was … was war das …«, stammelte Tamara völlig benommen und blickte auf ihre Handfläche. Winzige blauweiße Tröpfchen befanden sich an ihren Fingerspitzen. Erschrocken schüttelte sie die Hand und die leuchtenden Tropfen lösten sich von ihrer Haut. Fasziniert blickte sie ihnen hinterher. Erst schienen die kaum stecknadelkopfgroßen Lichtpunkte in der Richtung, in die sie von Tamara geschleudert worden waren, davonzuschweben. Dann änderten sie die Richtung, beschleunigten und rasten zu dem Energiestrahl, um mit ihm zu verschmelzen. In genau diesem Moment schoss aus dem anderen Daten-Ei ebenfalls ein Energiestrahl empor, diesmal von rubinroter Färbung.
Alle Köpfe richteten sich nach oben, wo sich die beiden parallel angeordneten Strahlenbündel in weiter Ferne erst zu einer Linie vereinten und schließlich in der Unendlichkeit verschwanden. Einzig Jefferson schien von dem Vorgang unbeeindruckt zu sein und schrieb eifrig mit seinem Sensorstift auf ein glattes Stück Digitalfolie am Ärmel seines
Weitere Kostenlose Bücher