Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sternenfaust - 046 - Exodus der Mantiden

Sternenfaust - 046 - Exodus der Mantiden

Titel: Sternenfaust - 046 - Exodus der Mantiden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luc Bahl
Vom Netzwerk:
oder die an einer unbekannten Krankheit gestorben waren.
    All diese Fälle wurden hier untersucht und begutachtet, die Körper seziert und erst nach Abschluss der Untersuchungen zur Verbrennung oder einer anderen, weniger gebräuchlichen Methode der Bestattung freigegeben.
    Noch in der Botschaft hatte D’koh ausgiebig mit Qua’la diskutiert, ob sie es sich antun wolle mitzukommen, aber die Meinung der Prinzessin war unerschütterlich gewesen. Es war ihr nichts anzumerken, als der Leichnam ihres Bruders vor ihnen lag und Dkt’urrl zu erläutern begann, was sie bisher mit ihm gemacht hatte.
    »Als Opfer einer Exekution brauchen wir uns natürlich nicht um Fragen wie die Todesursache kümmern«, sagte sie mit leisen Klackgeräuschen, die von dem Translator mit gedämpfter Stimme übersetzt wurden.
    »Da Hinrichtungen heute häufig per Strahlerschuss in den Kopf ausgeführt werden, bleibt vom Gehirn in der Regel leider nicht viel übrig«, fuhr Dkt’urrl fort. »Aus medizinischer, noch mehr aus pathologischer Sicht ist das sehr schade, da gerade bei Delinquenten, die schwere Verbrechen zu verantworten hatten, die Untersuchung des Gehirns vielleicht Aufschlüsse gewähren könnte, was ihn zu seinen Taten getrieben hat …«
    »Entschuldigen Sie, wenn ich hier einhake, Frau Kollegin«, unterbrach Dr. Gardikov, »aber das müssten Sie etwas näher erläutern …«
    »Manchmal, in seltenen Fällen konnten wir die Beeinträchtigung bestimmter Hirnregionen feststellen«, antwortete Dkt’urrl. »Diese Beeinträchtigungen waren oft bereits in der frühesten Jugend des Delinquenten entstanden. Sie wissen: heranwachsende Mantiden müssen sich oft häuten bis sie ihre erwachsene Größe erreicht haben. In diesen Phasen ist das Gehirn nahezu ungeschützt – zum Beispiel vor Schlägen. Wird während eines Häutungsverlaufs ein junger Mantide gegen den Kopf geschlagen – egal ob absichtlich oder unabsichtlich – kann eine Hirnregion in Mitleidenschaft gezogen werden, die unter normalen Umständen für Empathie zuständig ist. Fehlt diese Fähigkeit ganz oder teilweise, kann das zur Erklärung späterer Verbrechen von Bedeutung sein …«
    Qua’la und D’koh sahen sich lange an. Die Übrigen konnten nur ahnen, was gerade in ihren Köpfen vorging. Bruder William ahnte es neben Kikku’h als Erster. Es waren nicht Kukk’tars Überreste, die ihre Nachdenklichkeit auslösten, sondern der Gedanke an ihre eigenen Kinder.
    »Im Fall Ihres Bruders«, fuhr die mantidische Pathologin fort, »war es nicht nötig, den Körper zu öffnen, um die Innereien zu untersuchen. Ich habe mich auf eine äußere Inaugenscheinnahme und die obligatorische Mikro-Untersuchung des genetischen Materials beschränkt …«
    »Ist Ihnen bei Ihren Untersuchungen irgendetwas Ungewöhnliches aufgefallen?«, fragte Kikku’h. Die Frage war rein rhetorisch. Die Andeutungen, die Dkt’urrl ihm gegenüber bereits zuvor gemacht hatte, waren eindeutig gewesen. Dank seiner langjährigen journalistischen Erfahrung wusste Kikku’h meistens sofort, wo er nachfragen musste, mit wem er Kontakt aufnehmen musste, um ungeklärten Sachverhalten nachzugehen. So war es auch im Fall des von Königin Ggu’kha’tha eigenhändig hingerichteten Bruders von Qua’la gewesen.
    »Ja«, antwortete Dkt’urrl knapp. »Ich fand im sogenannten Blauen Kanal genetische Spuren im Nanobereich, die nicht mit der DNA des Toten übereinstimmten.« Sie schwieg einen Moment. Als niemand spontan reagierte, fügte sie noch hinzu: »Das ist äußerst ungewöhnlich …«
    »Blauer Kanal … was bitte sehr ist das?«, fragte Bruder William. Auch er musste sich bei diesem Begriff auf die Translatorübersetzung verlassen. Eine kleine gelbe Anzeige leuchtete an dem Gerät auf, als es diese Worte gebrauchte. Ein Hinweis darauf, dass die Übersetzung nur vage war und keine bessere Entsprechung im Speicher des Translatormoduls vorhanden war.
    »Der Blaue Kanal«, erläuterte Dkt’urrl, »ist ein physiologisches Merkmal, über das heute nur eine Minderheit von Mantiden verfügt. Interessanterweise findet man es fast nur bei Mitgliedern alten mantidischen Adels, weshalb der Blaue Kanal auch Adelsöffnung genannt wird. Es ist eine seltsame körperliche Besonderheit, die nur passiv vererbt wird und deshalb sicher irgendwann aussterben wird. Es wäre nicht schade drum, denn diese Körperöffnung verfügt über keinerlei Funktion oder Nutzen. Mantiden brauchen den Blauen Kanal ebenso wenig wie Menschen einen

Weitere Kostenlose Bücher