Sternenfaust - 046 - Exodus der Mantiden
ist sehr drastisch formuliert«, warf Botschafter Hutter ein, »aber es trifft den Kern der Dinge. Zwar beschränkt sich dieser höchst fatale Umbau der mantidischen Gesellschaft derzeit noch ausschließlich auf die Hauptwelt, auf Mantis VI, aber niemand sollte sich der trügerischen Hoffnung hingeben, der Rest des mantidischen Imperiums käme ungeschoren davon …«
»Es hat etwas von einem planmäßigen Vorgehen«, sagte Kkiku’h. »Erst Mantis VI und die Zentralgewalt, dann der Rest …«
»Unter den derzeitigen Prämissen«, fuhr Florian Hutter in seiner steifen Art fort, »fürchte ich, dass das mantidische Imperium als Verbündeter im gemeinsamen, galaxisweiten Kampf gegen die Dronte ein sehr unzuverlässiger Partner wäre.«
»Wenn sich die Mantiden überhaupt zu einer Allianz bereitfinden«, knurrte Dana.
»Captain«, sagte Bruder William, »erinnert Sie das Ganze nicht … an etwas …«
»Natürlich!«, erwiderte Dana heftiger, als sie wollte. »Aber daran will ich noch nicht einmal denken …«
Bruder William war zusammengezuckt, doch bevor er etwas erwidern konnte, klopfte es kurz an der Tür des Konferenzraums und ein Botschaftsangestellter kam herein. Er flüsterte Florian Hutter eine kurze Mitteilung ins Ohr.
»Vorwärts«, rief Hutter laut. »Bringen Sie sie herein. Qua’la und D’koh sind eingetroffen«, erklärte er den Anwesenden.
*
Es war tief in der Nacht, als sich der kennungslose Gleiter auf den Weg machte. In den vornehmen Vierteln, in denen sich Regierungsgebäude und Botschaften mit großen Villen, luxuriösen Appartementhäusern und weitläufigen Parkanlagen abwechselten, herrschte eine Stille, die man mit Grabesruhe verwechseln konnte. In der Nacht wurde der Durchgangsverkehr weiträumig um das Gebiet herumgeleitet und bewaffnete Wachposten sorgten dafür, dass nur solche Personen und Fahrzeuge in das Viertel hinein- oder herauskamen, die hier auch registriert waren.
In der gigantischen Metropole ringsherum sah es anders aus. In den meisten Industrieanlagen wurde auch während der Nacht gearbeitet. Rings um den viele Hektar großen Raumhafen hatten sich Vergnügungs- und Geschäftszentren angesiedelt, die rund um die Uhr geöffnet hatten. Hier wie auch in den ärmeren Außenbezirken pulsierte Tag und Nacht das Leben.
Der kennungslose Gleiter musste quer durch die Stadt und wäre beim Verlassen des streng bewachten Viertels zweifellos angehalten worden, hätte er nicht über ein kleines Gerät mit einem Programm verfügt, dass jede beliebige Kennung imitieren konnte. Solch eine Einrichtung besaß natürlich auch ihre Schwächen. Hatte etwa auf Grund eines dummen Zufalls ein Gleiter, der exakt diese Kennung besaß, den Kontrollpunkt kurz zuvor passiert, hätten die Alarmglocken geschrillt und die Fälschung wäre sofort aufgeflogen.
Der Fahrer war jedoch nicht so dumm, vor dem Verlassen des Regierungsviertels einfach eine x-beliebige Kennung zu generieren, sondern hatte sich die eines Gleiters »gesaugt«, der ein paar Hundert Meter zuvor in einer Parkbucht verankert war. Die Entschlüsselung verriet, dass der Besitzer in dem dahinter liegenden Haus lebte und als hochgestellter Verwaltungsmanager in einem Rüstungsbetrieb arbeitete. Es war kaum anzunehmen, dass er noch in dieser Nacht einen Ausflug unternehmen würde und wenn doch, dann war er es, der Probleme bekam.
Im Verkehrsgewimmel, das schon bald nach Passieren der Kontrollstation einsetzte, fiel es nicht weiter auf, dass die eben noch eingesetzte Kennung wieder abgeschaltet wurde und durch eine andere ersetzt wurde.
Der Sinn des Unterfangens war klar. Die Insassen des Gleiters wollten unter allen Umständen vermeiden, dass sich ihr Weg bei späteren Recherchen im Verkehrskontrollsystem rekonstruieren ließ. Mit anderen Worten, niemand sollte wissen, wohin sie gefahren, noch dass sie überhaupt unterwegs gewesen waren.
Auch für den Rückweg war bereits vorgesorgt. Vor einer Gleiter-Servicestation nahe des Diplomatenviertels parkten eine Reihe von Fahrzeugen, die am kommenden Tag gewartet werden sollten. Eine Überprüfung ergab mehrere Treffer. Hier standen eine ganze Reihe von Gleitern, die Leuten gehörten, die innerhalb der überwachten Region wohnten und wahrscheinlich zur Überbrückung mit geliehenen Fahrzeugen unterwegs waren oder von Mitarbeitern der Werkstatt nach Hause gebracht worden waren.
Da die Kontrollen an den Grenzen des Viertels für die hochgestellten Bewohner keine Behinderung darstellen
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