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Sternenfaust - 049 - Der Virus

Sternenfaust - 049 - Der Virus

Titel: Sternenfaust - 049 - Der Virus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Krämer
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Geschichte ja weit in die Vergangenheit reichte. Doch Sun-Tarin machte keine Anstalten sie zu unterbrechen. Wanda sprach also weiter.
    »Kenia und Tansania hießen die Staaten, in denen die Massai ihr Nomadenleben führten. Sie waren Krieger und Hirten, und sie besaßen einen starken, unbeugsamen Stolz. Auf dem Berg Mount Kenya lebte der Gott der Massai, den sie verehrten und anbeteten. Sein Name lautete Ngai, der Regengott. Ngai hatte seinem Volk ein großes Geschenk gemacht: Er hatte den Massai alle Rinder auf der ganzen Erde vermacht.« Nach wie vor regte sich im Falkengesicht Sun-Tarins kein Muskel. Er hörte ganz einfach nur zu, ermutigte seine Erzählerin zur Fortführung ihrer Geschichte. »Es war für die Massai nur logisch, dass sie dem Willen ihres Gottes gehorchten – also gingen sie zu den benachbarten Stämmen und nahmen ihnen ihre Rinderherden ganz einfach weg. Was daraus entstand …«
    »… war ein großer Religionskrieg, nicht wahr?« Der Kridan schien zu begreifen, was Wanda Ndogo ihm hier erzählte. Die dunkelhäutige Frau lächelte.
    »Nicht ganz. Ich würde es eher Stammesfehde nennen. Das Ergebnis war jedenfalls, dass mein Volk – das zahlenmäßig nicht so groß war – immer wieder in Kämpfe verwickelt wurde. Man verjagte und verfolgte sie. Schon bald waren sie nirgendwo mehr willkommen. Solche Nachbarn wollte man ganz einfach nicht haben.« Wanda schwieg, senkte ihren Blick, denn sie war nicht sicher, ob sie nicht zu weit gegangen war. Ganz sicher hatte sie als kleiner Sergeant nicht das Recht, dem Vertreter einer anderen Rasse ihre Ansicht aufzuzwängen.
    Doch Sun-Tarin reagierte nicht mit Ablehnung, nicht mit gereiztem Unverständnis. Vielmehr schien er für lange Sekunden tief in sich zu gehen. Das Shuttle setzte bereits zur Landung an. Wanda spürte, wie die Erregung in ihr nun doch sprunghaft wuchs. Niemand konnte genau wissen, was in den kommenden Stunden geschah, in welche Situation das Landeteam geraten mochte. »Dieser Regengott Ngai war natürlich nicht der eine wahre Gott, doch ihr Volk hat an ihn geglaubt.«
    Wanda nickte.
    Sun-Tarin machte mit seiner Krallenhand eine Geste, die der Sergeant nicht zu deuten wusste. »Ihr Volk war von seinem Anspruch voll und ganz überzeugt. So sieht es auch bei meinem Volk aus. Wir sind sicher, vollkommen sicher, dass unser Glaube der einzig richtige ist. Nicht nur für uns, sondern für alle denkenden und fühlenden Wesen im All.« Die Vogelaugen musterten Ndogo. »Bitte sagen Sie, Sergeant: Kämpft ihr Volk immer noch um sein Recht auf die Rinder?«
    »Nein, irgendwann haben wir die Kriege aufgegeben. Den Massai können nicht alle Rinder der Welt gehören, das haben wir eingesehen.«
    »Ich verstehe, wieso Sie glauben, dass unsere Völker viel miteinander gemeinsam haben. Doch in zwei wichtigen Punkten unterscheiden wir uns. Zum einen kämpfen die Kridan darum, dass auch die anderen Völker den Segen Gottes erfahren. Wir kämpfen also letztendlich zu deren Wohl, auch wenn sie es verständlicherweise zunächst nicht verstehen. Zum Zweiten werden wir niemals aufgeben.« Sun-Tarin hielt einen Moment inne und dachte nach. »Doch möglicherweise werden sich unsere Methoden ändern.«
    Kurz darauf war das Shuttle sanft an exakt der Stelle gelandet, an der es vor kurzen die Marines abgesetzt hatte.
     
    *
     
    »Hauptgang – gesichert!« Sören Münchs Stimme klang hart und emotionslos.
    »Bürotrakt – gesichert!« Loyd Ruben gab die Meldung nur zwei Sekunden später als sein Vorgänger durch. Acht Marines waren in den Trakt der Raumhafenverwaltung vorgedrungen. Erst nachdem ihre Meldungen bei Takashi angekommen waren, gab der grünes Licht für das Landeteam.
    Dana Frost, Sun-Tarin, Sergeant Wanda Ndogo und die Ärztin der STERNENFAUST II, Lieutenant Simone Gardikov, folgten in das Gebäude.
    Roy Takashi wirkte in seinem Panzeranzug auf Dana Frost plump und relativ unbeweglich. Doch sie wusste nur zu gut, wie unglaublich geschickt sich ein ausgebildeter Marine in diesen Ein-Mann-Panzern zu bewegen wusste. Dana und ihr Landeteam steckte in dicken Thermo-Schutzanzügen, die ihnen das Laufen und rasche Drehungen erheblich erschwerten. Takashi und seine Leute waren in Wirklichkeit also die mobileren, denn sie bedienten die Servos in ihren Panzerungen perfekt.
    »Nichts, Captain. Der gesamte Trakt ist menschenleer. Auch kein einziger Toter. Ich meine, der Virus …« Takashi fühlte sich wie die meisten nicht wohl, wenn er an diesen unsichtbaren

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