Sternenfaust - 049 - Der Virus
»Mein Parasit hat das Weite gesucht, ist aus mir geflohen. Egal … wichtig ist etwas anderes: In den Bergen sind an die tausend Menschen seit Monaten ohne Nachschub im Eis eingeschlossen. Ich habe keine Ahnung, wie viele von ihnen noch leben, aber die Schmarotzer suchen nach ihnen. Ihr müsst euch beeilen, sonst sind alle verloren. Ich schicke mit diesem Spruch einen Datensatz aus. Wenn der von den Parasiten abgefangen wird, dann kann ich auch nichts daran ändern. Aber nur so könnt ihr vielleicht den einen oder anderen noch retten, bevor …«
Die Stimme brach ab. Nur das Rauschen erklang auch weiterhin. Wenige Sekunden später folgte dann die absolute Stille. Der Sender schwieg.
Dana Frost blickte in ratlose Gesichter. Das war eine reichlich verwirrende Nachricht. Van Deyk durchbrach die Stille für seinen Captain.
»Also, Fakt ist, das es sich offenbar um die Dronte handelt, die wirklich keinen noch so unbedeutenden Planeten auslassen. Der Absender dieser Nachricht scheint wohl wie ein Eremit gelebt zu haben, denn die richtige Bezeichnung für seine ›Nassauer‹ kannte er nicht. Ich verstehe allerdings nicht, was er damit meinte … sein Parasit sei geflohen? Das muss untersucht werden. Der von ihm angesprochene Datensatz enthält eine präzise Karte jedes einzelnen der Claims, auf denen die Siedler wohl festsitzen.«
Dana Frost übernahm. »Wir werden auf Wingat VII mit den Fähren landen. Die Marines plus einem ausgewählten Team. Zuvor jedoch …« Der Captain der STERNENFAUST hob die Stimme an. »Zuvor werden wir den Virus in die Atmosphäre dieser Welt aussetzen. Ich hoffe, dies wird uns die endgültige Bestätigung geben, eine wirksame Waffe gegen die Dronte in den Händen zu halten. Und nun sollten wir keine Sekunde mehr verschwenden. Der Erste Offizier wird die Teams zusammenstellen. Ich werde die Leitung des Einsatzes übernehmen.«
Was nun folgte, das war Routine – unzählige Male geübt und in der Praxis bewährt. Jeder wusste, was er zu tun hatte. Dana Frost wandte sich an den Kridan und Sergeant Ndogo. »Ich möchte sie beide kurz im Besprechungsraum sehen.«
Die Angesprochenen nickten kurz, verließen die Zentrale.
Van Deyk wandte sich an seinen Captain. »Das ist eine Situation, die Ihren verständlichen Skrupeln entgegenkommt, richtig? Und wenn ich verständlich sage, dann lasse ich die militärische Ebene nicht ganz außen vor. Wir sind Soldaten, aber auch die dürfen sich durchaus freuen, wenn ein Einsatz sich nicht als aggressiver Akt, sondern als Hilfsaktion entpuppt. Wenn wir hier den Virus testen, retten wir damit vielleicht tausend Individuen den freien Willen.«
Frost wiegte den Kopf hin und her. »Sofern diese Individuen noch leben. Diese Siedler machen sich doch vollkommen abhängig von ihren zentralen Verwaltungen, wenn sie unter bestimmten Umständen auf ihren Claims zu Gefangenen werden.«
Gemeinsam gingen sie in Richtung Besprechungsraum.
»Das ist nicht einmal so unüblich, denke ich.« Van Deyk hatte schon viele dieser Prospektor-Welten gesehen. »Manchmal gibt es technische Gründe – oder finanzielle. Ich denke, hier sind es die klimatischen Verhältnisse. Wingat VII scheint zu bestimmten Teilen seines Jahres an den Polen eine wirkliche Frosthölle zu sein …« Der Erste Offizier stockte. Mit einem raschen Seitenblick erkannte er das Lächeln seines Captains. Dieses Wortspiel mit ihren Namen war ihm einfach so passiert.
Dana Frost lachte leise. »Nomen est Omen, aber ich werde mich bemühen, Wingat VII nicht als meine persönliche Hölle zu sehen. Das soll schon eher für die Dronte zutreffen.«
Sun-Tarin und Sergeant Wanda Ndogo warteten bereits auf den Captain.
Dana betrachtete das ungleiche Paar kurz, dann begann sie.
»Sergeant Ndogo – ich möchte Sie mit nach Wingat VII nehmen. Es gehört für einen Versorgungsoffizier, dessen Part Sie hier an Bord ja übernommen haben, nicht unbedingt dazu, dass er an solchen Aktionen teilnimmt, aber in diesem Fall scheint mir ihre Anwesenheit überaus wichtig. Wir werden auf dem Raumhafen der nördlichen Region landen, denn aus dieser Gegend kam der Funkspruch. Wenn der Virus dann bereits Wirkung gezeigt hat, was ich hoffe, wird es darum gehen, die Menschen in den Bergen zu retten. Und da kommen Sie ins Spiel.«
Wanda Ndogo lächelte. »Ich vermute, ein ärztliches Team wird dabei sein, das medizinische Ersthilfe leisten kann?«
Dana Frost nickte. »Selbstverständlich. Lieutenant Gardikov wird dieses Team leiten.
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