Sternenfaust - 056 - Die Verschwörung (2 of 2)
Gerücht über eine unbekannte, neuartige und schreckliche Waffe, über die die Feinde verfügen sollten. Es war das jüngste, das frischeste Gerücht und hielt sich bereits so hartnäckig, als entspreche es einer unumstößlichen Wahrheit.
Für das unablässige Getöse der Kriegstrommeln gab es natürlich noch einen weiteren Grund. Es zermürbte die bewaffneten und unbewaffneten Bewohner des Tempelbezirks und verwandelte sie in nervliche Wracks. Doch dann brach das verstörende, tiefe Gedröhne wie auf ein geheimes Kommando hin abrupt ab. Die plötzliche Stille klingelte in ihren Ohren. Es war auf einmal so ruhig, dass Kanturiol glaubte, das Flüstern der Toten verstehen zu können.
»Es geht los«, sagte der Herzog knapp.
*
Es waren nicht nur die ungewohnte Umgebung, die ungewohnten Geräusche, das fremde, luxuriöse Zimmer, das viel zu weiche Bett, die sie nicht schlafen ließen. Und das obwohl sie so müde und erschöpft war, dass sie normalerweise auch im Stehen eingeschlafen wäre. Es war eine Kette von Gedanken, die ihr durch die überreizten Hirnwindungen tanzten, die sie wach hielten. Gedanken, die sie nicht denken wollte, die sich aber auch nicht einfach abschalten ließen, schließlich war sie keine Maschine.
Allerdings hätte sie sich in diesem Augenblick nichts anderes mehr gewünscht, als den berühmten Knopf zu finden, mit dem sie dieser irrwitzige Jagd an Überlegungen, die sie unter Strom setzte, den Saft abdrehen konnte.
»Es war Iandroffs Idee gewesen«, hörte sie Sarah Windsors unverwechselbare Stimme in ihrem Kopf, »Sie als Rudenkos Sicherheitsexpertin von Anfang an in unsere Planungen einzubeziehen …«
Iandroff, der Vater, Iandroff, der Ältere, hatte sie während dieser Worte mit eiskaltem Blick gemustert und gleichzeitig so breit angelächelt, als bestünde sein Gesicht aus zwei unabhängig voneinander operierenden Teilen. Einer Freundlichkeit ausstrahlenden unteren und einer regungslosen oberen Hälfte. Valentina Duchamp hatte schon viel gesehen, aber eine derartig irritierende Spaltung im Ausdruck war ihr noch nicht untergekommen.
Ein besonders augenfälliges Beispiel dafür, was Geld aus einem Menschen machen kann … , dachte sie. Aber sie wusste, dass sie sich nichts anmerken lassen durfte; und sie wusste vor allem, dass es jeglicher Professionalität widersprach, die ihr Job von ihr forderte, sich von solch rein emotional geprägten Eindrücken in ihrer Beurteilung leiten zu lassen.
Ebenso wie Valentina hatte sich auch Sebastian Iandroff zusammen mit seinem Sohn Philomon und dessen Freundin Gundi von Sarah Windsor einladen lassen, über Nacht auf der künstlichen Insel zu bleiben, die zu den privaten Refugien der Vorsitzenden von Pro Humanity gehörte. Die drei waren aber – so weit sie es mitbekommen hatte – in einem anderen Gebäudekomplex der Art-Key untergebracht worden. Wohin sich die Eignerin von Windsor-Island zurückgezogen hatte, wusste Valentina nicht. Seit sie hier angekommen war, hatte sie nur einen kleinen Teil der Insel zu Gesicht bekommen.
»Betrachten Sie den nächsten Tag oder die nächsten Tage – so lange Sie es wünschen – als Urlaub. Sie können sich auf meiner Insel völlig frei bewegen. Sie sind mein Gast! Erkunden Sie alles! Es gibt viel zu sehen. Der ganze Südosten ist ein Naturschutz-Reservat, mit einigen Fußwegen erschlossen. Man kann dort herrlich spazieren gehen, seltene Tiere beobachten. Man ist dort völlig ungestört …«
Aus Sarah Windsor sprach der ungebrochene Stolz auf ihren Besitz, der natürlich auch ein künstlich angelegtes Naturschutzgebiet einschloss. Es kam Valentina wie ein dummer Widerspruch vor, aber sie hütete sich, die mächtige Frau auf solche Feinheiten hinzuweisen.
Vor allem aber kehrte ein Gedanke mit penetranter Regelmäßigkeit in ihr Bewusstsein zurück: Auf ihre Frage, ob Gregor Rudenko in das Vorhaben eingeweiht sei, hatte Sarah Windsor nur energisch den Kopf geschüttelt. »Wo denken Sie hin, meine Liebe! Wir werden unseren Kandidaten doch nicht mit derart trivialen Informationen belasten. Es wird Ihre Aufgabe sein, ihn im Vorfeld des Wahlkampfs vor solchen Belanglosigkeiten zu schützen. Sie sind für seine Sicherheit verantwortlich. Dazu gehört auch, alles von ihm fern zu halten, das ihn unnötig belasten könnte …«
»Wenn die Bombe platzt, erfährt er es natürlich«, warf Iandroff, der Ältere, ein. »Denn dann profitiert er von der Explosion.« Wieder fokussierte sein kalter Blick sie,
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