Sternenfaust - 075 - Das Tor zur Hölle
als Gott verehrt.«
»Ja, Denuur versteht. Gott. Ein Wesen, das große Macht hat. Denuur weiß mehr als die, die ihr Morax nennt. Insofern ist er Gott.«
»Nein«, widersprach ich eifrig. »Gott weiß nicht nur einfach mehr als wir. Er ist der Ursprung des Universums. Er ist in allem und weiß von allem. Ich weiß, das sagt Denuur auch von sich, aber ich glaube, dass das Wesen, das ich Gott nenne, beispielsweise die Naturgesetze erschaffen hat.«
»Die Gesetze des Universums sind. Ohne sie geschieht nichts.«
»Das ist korrekt.«
»So seid ihr auf der Suche nach denen, die diese Gesetze entworfen haben?«
»Das ist auch richtig. Gott ist für mich … transzendent.«
»Transzendent. Ein einzelnes Schöpferwesen, das aller Erfahrungserkenntnis zugrunde liegt. Eine solche Wesenheit existiert nicht.«
Ich wollte antworten, aber zu meinem Entsetzen zweifelte ich an mir selbst und meinen Überzeugungen. Es gelang mir nicht, meinen Glauben diesem Wesen gegenüber zu vertreten. Es war, als wäre sämtliche Sicherheit, die ich bisher immer verspürt hatte, wenn es um die Verteidigung meines Glaubens an Gott ging, auf einmal nicht mehr da. Es war schlimmer als die Gefühle, gegen die ich gestern während des Sandsturms gekämpft hatte. Ich weiß nicht, woher ich schließlich die Kraft nahm, zu antworten.
»Ich bin sicher, dass es ihn gibt«, hörte ich mich heiser sagen. »Du kannst mich nicht überzeugen, dass Gott nicht in allem und der Ursprung von allem ist.«
Der Bote sah mich mit meinem eigenen älter gewordenen Gesicht an und ich stellte wieder schaudernd fest, wie »leer« es wirkte – leer wie der Blick, mit dem er mich angesehen hatte. Die tiefen Linien auf seiner Stirn und seinen Wangen schienen mit einem Mal nicht mehr echt zu sein, denn sie waren nicht aufgrund erlebter Erfahrungen dort eingegraben. Das Wesen vor mir schien unwirklicher denn je zu sein. Und es schien mir mit einem Mal sinnlos, mit ihm meine ganz persönliche, individuelle Lebenseinstellung zu diskutieren.
Doch was, wenn dieses Wesen nun recht hätte …? Und ich hätte mein bisheriges Leben verschwendet?
»Denuur weiß, dass es so ist. Ihr sucht vergebens.«
Wieder hatte der Bote meine Gedanken aufgenommen und ausgesprochen, obwohl ich nur darüber nachgedacht hatte. Doch ich war zu verwirrt, um den Gedanken weiterzuverfolgen. Im ängstlichen Bestreben, das Gespräch nur ja nicht abreißen zu lassen, sprach ich weiter.
» Nun, ich dachte, du hättest mich gefragt, was mich antreibt. Und das ist es – ich bin auf der Suche nach meiner Vorstellung von Gott. Ich versuche mein Wissen zu mehren … «
»… aber ihr werdet die Antwort auf diese Weise nicht finden.« Die Stimme des Boten klang hart und ich war entsetzt. Was, wenn er recht hatte und ich die Antwort auf mein Suchen und auf meine Gebete am Ende meines Lebens nicht fände? Und damit mein Leben, von dem ich ebenfalls glaubte, dass ich es von Gott erhalten hätte, vergeudet hätte?
Ich spürte, wie die Angst mich überwältigte und meinen Glauben – mein Gottvertrauen, der das einzige wirksame Mittel gegen diese Angst gewesen wäre – davonspülte. Wie eine Woge, die geradezu körperlich zu spüren war, brach die Panik über mir zusammen und obwohl ich dagegen ankämpfte, verlor ich das Bewusstsein.
*
Bergon Sin und die anderen waren erleichtert. Nachdem sie eine ereignislose Nacht auf einer Düne verbracht hatten, war es ihnen heute endlich gelungen, zu dieser Pyramide – oder besser, diesem ungeordneten Haufen Steinquader – zu kommen.
»Sieht aus, als hätte ein Riese einen Sack voll schwarzer Ziegel ausgeschüttet«, murmelte Yngvar MacShane und versuchte, seinem winzigen Scanner ein paar Daten zu entlocken, die er noch nicht kannte. Kandor Mertan, die anderen Elitekämpfer und Rekan-Tol machten sich auf, um das Gebäude zu erkunden.
»Sieht nicht so aus, als wäre schon einer von denen, die wir im Sandsturm verloren haben, hier angekommen«, meinte Philipp Harris verdrossen, als er von dem kurzen Erkundungsgang wiederkam. Sin und MacShane antworteten nicht. Sie hatten dieses Thema zwar während des ganzen Marsches nicht angesprochen, doch jeder einzelne des übrig gebliebenen Trupps hatte doch gehofft, die Vermissten hier wiederzusehen.
»Immerhin haben wir hier ein wenig Wasser und auch die Früchte dieser seltsamen Bäume da drüben scheinen essbar zu sein«, brach Sicherheitsoffizier Kandor Mertan das unbehagliche Schweigen. »Auch wenn wir bisher
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