Sternenfaust - 081 - Der Hohe Rat
sich weder in seinem Gesicht noch in seinem Auftreten verbergen ließen, hatte in einem weichen Plüschsessel an der Vorderseite von Molls Schreibtisch Platz genommen. Unsicher blickte er sich um. Der Mann mit dem Sikh-Turban und dem sherwani , einem traditionellen, nordindischen Gewand, wirkte alles andere als glücklich mit seiner Sitzgelegenheit. Immer wieder rutschte er hin und her und konnte keine bequeme Position innerhalb der butterweichen Polster finden. Doch leider schien der Sessel das einzige Sitzmöbel für Gäste in dem Büro zu sein.
Leider aber nicht der einzige Gegenstand in Rosa.
»Gefällt Ihnen mein kleines Reich, Mr. Gustafsson?«, flötete die Botschafterin in einem plaudernden Ton. Dabei machte sie mit den fleischigen Armen ihres massigen Körpers eine ausladende Geste, um auf die zahlreichen herumstehenden Sachen zu zeigen, die sie sich offenbar in den fernsten Ecken des bekannten Universums zusammengesammelt hatte und die jetzt Vijays Netzhäute zu verätzen drohten.
»Doch, doch, sehr schön, Frau Botschafterin, überaus – äh – geschmackvoll«, stotterte der Angesprochene. Dabei hatte Gustafsson ganz andere Gedanken. Wo er zum Beispiel schnellstens eine Sonnenbrille herbekommen sollte, um die schwindelerregende Farbmischung der Möbel, Kunst- und Gebrauchsgegenstände nur noch in abgemilderter Form genießen zu müssen.
»Ja, ich bin auch mächtig stolz auf mich!«, strahlte Moll und klimperte mit ihren stark geschminkten Augen.
Neongelber Lidschatten. So etwas gehört verboten!
»Hören Sie, Miss Moll, ich bin nicht zu Ihnen gekommen, damit Sie mir Ihr Büro zeigen.«
»Nein, Schätzchen, natürlich nicht. Das wäre auch reichlich sonderbar, finden Sie nicht?«, meinte die Botschafterin amüsiert.
Nicht sonderbarer als du! , ging es Gustafsson durch den Kopf, der sich nicht gerne »Schätzchen« nennen ließ, aber wusste, dass Moll diesen Ausdruck ständig benutzte. Das war eine ihrer zahlreichen bekannten Schrullen und deswegen schwieg er. Immerhin wollte er etwas von ihr.
»Ich komme heute in meiner Funktion als Ratsmitglied für außerirdische Politik im Hohen Rat der Solaren Welten zu Ihnen. Wie Sie sicher wissen, sind in Hinblick auf den lockeren Bund der Menschen mit den bedeutendsten uns bekannten Fremdvölkern – dem Bündnis, dass man gemeinhin schon Interstellare Union zu nennen beginnt – immer mehr Aufgaben im Bereich der interkulturellen Vermittlung auf die Solaren Welten zugekommen …«
Rajiv Gustafsson unterbrach sich, als er bemerkte, dass Jefica Moll sich von ihm abgewandt und in einer ihrer Schreibtischschubladen zu wühlen begonnen hatte. Augenscheinlich suchte sie dort nach etwas.
»Miss Moll? Miss Moll, hören Sie mir eigentlich zu?«
Die Botschafterin schien gefunden haben, wonach sie gesucht hatte und stellte eine kleine Schüssel mit Keksen vor dem Ratsmitglied auf.
»Selbst gebacken!« verkündete sie.
Gustafsson ignorierte den rosa Zuckerguss auf den Plätzchen und blickte ihr streng in die Augen.
»Miss Moll, haben Sie auch nur ein Wort von dem mitbekommen, was ich gerade gesagt habe?«
»Aber ja doch«, gab Jefica prompt zurück. »Ich freue mich sehr, dass der Hohe Rat sich zu so einer positiven Stellung gegenüber den Interstellaren Beziehungen durchgerungen hat! Es wurde aber nach den letzten Ereignissen und der Panik, die von den seltsamen Sonden und nicht zuletzt vom PFS-Virus ausgelöst wurden, auch Zeit, dass mehr Mittel für die Diplomatie bereitgestellt wurden. Schauen Sie sich doch nur mal hier im Gebäude um! Sehen Sie außer mir und ein, zwei Mitarbeitern der Verwaltung noch irgendwelche Diplomaten, die im Umgang mit außerirdischen Kulturen geschult sind? Dass Sie mich hier gerade erwischt haben, grenzt übrigens an ein Wunder!«
»Lassen Sie mich nun zum Wesentlichen kommen«, unterbrach der Gustafsson den kaum zu stoppenden Redefluss der Botschafterin. »Um die Situation zu ändern, oder doch zumindest zu entschärfen, will der Hohe Rat Ihren Vorschlag prüfen, ein Diplomatencorps zu gründen. Wie Sie mir ja bereits darlegten, soll das Corps Diplomatique die bereits im Einsatz befindlichen Botschafter in sich vereinigen. Darüber hinaus soll dieser Grundstock an Personal sobald wie möglich neue Mitglieder rekrutieren und ausbilden, um sie auf entsprechende Missionen zu unseren Verbündeten zu schicken. Schließlich beschränken sich die Aufgaben ja nicht nur auf den politischen Bereich, sondern sind auch auf den Gebieten
Weitere Kostenlose Bücher