Sternenfaust - 087 - Amnesie
einfach nicht weiter , dachte sich Valentina Duchamp. Warum tue ich mir das alles eigentlich an?
Geld und Macht waren es nicht. Es war das, was man in vielen Zeiten Pflichtbewusstsein genannt hatte. Bei ihr hieß besagte Pflicht, dass sie das Beste mit den ihr zur Verfügung stehenden Ressourcen für die gesamte Menschheit erwirken wollte und in diesem Punkt wusste sie sich mit Gregor Rudenko einig. Das war es auch, was sie eigentlich als Sicherheitsberaterin zum Ratsvorsitzenden hatte gehen lassen – von den Absichten der GalAb konnte man nicht immer so überzeugt sein. Aber nur hinter einem Schreibtisch sitzen, das konnte sie nicht. Als Laufmagd eines Herrn Rudenko enden, war nichts, was sie auf Dauer ertragen konnte.
Jefica Moll hatte da nicht unrecht. Sie musste das tun, was sie am besten konnte: der Agentin, die in ihr steckte, freie Bahn lassen.
Eilig verließ sie den Krankenhauskomplex und begab sich auf schnellstem Weg zurück in ihre Suite im Aqua-Hotel. Anstatt nur den Posten der Sicherheitsbeauftragten Rudenkos auszufüllen, erfüllte sie jetzt die alte Jagdleidenschaft der Spitzenagentin. Aber zuerst kam die Basis aller Agentenarbeit – die Recherche.
In ihrer unterseeischen Unterkunft angekommen, führte sie einen Sicherheitscheck durch. Aber niemand hatte in ihrer Abwesenheit den Wohndiskus betreten. Weder die versteckten Sensoren der Bewegungsmelder, noch die Infrarotaufzeichnungen, noch ihre Spezialtricks gaben Grund zur Beunruhigung.
Ja, manchmal sind die simpelsten Methoden doch einfach die besten , schmunzelte sie in sich hinein. So opferte sie nach urältester Agentenmanier von Zeit zu Zeit eines ihrer langen roten Haare, um sie als Siegel und Einbruchmarker an der Tür zu verwenden. Sie holte genau bestimmte Kleidungsstücke aus ihrem Kleiderschrank, warf sie über einen der Besucherstühle. Der Druck der exakt bestimmten Menge ließ eine der versteckten Sicherungen inaktiv werden und das Überprüfungsszenario einleiten.
»Da bin ich auf diese wichtige, wichtige Party eingeladen und habe wieder einmal nichts anzuziehen!«, lamentierte sie. Die Stimmerkennung begann Wortinhalt und Stimmqualität zu vermessen. Nach einigen weiteren Signalsätzen war die nächste Sperre beseitigt. Scheinbar frustriert und genervt huschte Valentina ins Bad und wusch sich kurz ihr schönes Gesicht ab.
Die Bewegungen ihrer Hände vor dem Infrarotsensor waren alles andere als Zufälligkeiten. Das Waschen der Hände erfolgte nach einer vorgegebenen Choreografie. Eine weitere Schaltung wurde aktiviert. Sie zog ihren Lidstrich nach, und die im Spiegel eingelassene Iriserkennung gab endgültig alle Zugänge frei.
Valentina fuhr sich mit beiden Händen durch die rote Mähne und verließ das Bad. »Ich stehe voll und ganz zu Ihrer Verfügung«, vernahm sie eine sonore, dunkle Männerstimme aus dem begehbaren Gästekleiderschrank. Die Suite des JACQUES-YVES COUSTEAU-Luxushotels hatte sich endgültig in ein kleines autarkes Raumschiff unter Wasser zurückverwandelt. Als solches war es als getarnte Einsatzzentrale der GalAb hier am Seegrund platziert worden. Die Vernetzungen und der enorme Energieverbrauch der umgebenden Luxussuiten überlagerten dabei die Energieemissionen des geheimen GalAb-Büros.
Die Maske der Sicherheitsberaterin fiel endgültig von Valentina ab. Sie setzte sich in den Kleiderschrank, der nichts anderes als die Kommandozentrale des Kleinstraumschiffes war und stellte eine Verbindung zum Datennetz der Solaren Welten her – genauer gesagt zu den geheimen Datenfiles der GalAb. Sie verfolgte eine Idee, die ihr nach dem ergebnislosen Gespräch mit Rudenko gekommen war. Sie solle doch die Genetics fragen, hatte der Ratsvorsitzende von ihr gefordert, die wüssten ja auf alles eine feine sachliche Antwort. Doch erst die Begegnungen mit Jefica Moll hatte sie auf die richtige Spur gesetzt.
Nun, die Genetics der Drei Systeme werden mir nicht weiterhelfen wollen, dachte sie sarkastisch.
Mit Botschafter Aorangi Maunga und der Hilfe der STERNENFAUST-Crew war es erst kürzlich gelungen, direkt im Herzen der Genetiker-Föderation Zugang zu einem einzelnen Genetic zu erhalten, der direkt an der Quelle der Informationen saß. Nach Valentinas Ansicht sprach nichts dagegen, dass das wieder funktionieren konnte.
Der Rechner ging alle Personendaten auf dem Mars durch. »Im Bereich der Stadt Schiaparelli konnte eine Siedlung von im Zuge der Separation zwangsrückgesiedelter Genetics ausgemacht werden. Eingegebene
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