Sternenfaust - 087 - Amnesie
versteckt, so dass man sich die harten Fakten, Termine oder Anweisungen am besten selbst noch einmal heraus schrieb. Er hob seinen Armband-Kommunikator vor die Brust und hielt ihn so in die Kamera, dass der Mann im Anzug das eingeblendete Ziffernblatt erkennen konnte. »Kommen Sie zum Punkt! In zehn Minuten muss ich die Krankengymnastik unserer drei speziellen Gäste überwachen.«
»In Ordnung. Dann also die Kurzfassung: Die Laboratorien, die das PFS-Virus herstellten, haben also auf der Basis der Erkenntnisse rund um das Mittel, mit dem Miss Moll, Gustafsson und Rudenko vergiftet wurden, eine neue Variante entwickelt. Diese Variante ist nicht übertragbar, sondern man kann eine Person nur durch eine subkutane Injektion damit infizieren. Die neue Variante trägt den Beinamen Amnesie und noch einmal – die Anträge, es als Anti-Trauma-Medikament auf den Markt zu bringen, laufen bereits. Sie können sich sicher denken, warum?«
Silbersdorff ging augenblicklich ein Licht auf. »Weil dieses Virus Dinge in Vergessenheit geraten lassen kann …«
»Genauso ist es. Nun, wir kennen da zufällig jemanden, der gerade einen günstigen Zugang zu unserem ›Kronzeugen‹ hat. Sie werden also morgen im Laufe des Tages eine Sendung aus dem Mars-Labor erhalten. Wir lassen Ihnen eine Probe der neuen Variante zukommen. Keine Sorge, seine Wirkungskraft wurde bereits klinisch erprobt und bestätigt. Rudenko wird ein paar Stunden nach der Injektion den Begriff PFS und alles, was damit zusammenhängt, vollkommen vergessen haben. Immerhin waren die Vorgänge in seinem Orbitalheim auch ein traumatisches Erlebnis für ihn. Sie können das also positiv sehen, Dr. Silbersdorff.«
»Inklusive unserer Beteiligung«, schloss Abraham Silbersdorff und lehnte sich zurück. Mit gespreizten Fingern fuhr er durch sein kräftiges schwarzes Haar und ein Lächeln huschte über sein Gesicht. Doch nur für eine kurze Weile, dann begannen Falten des Zweifels auf seiner Stirn aufzutreten. »So einfach, wie Sie sich das vorstellen, wird das leider doch nicht.«
Der Mann im Anzug stutzte. »Wieso? Geben Sie Rudenko die Spritze und alles regelt sich von selbst!«
»Und was ist mit Gustafsson und Moll? Die beiden waren beim Attentat Jurij R. Diaz’ in Rudenkos Eigenheim doch auch dabei. Wie steht es denn mit ihnen und den potentiellen Aussagen zur Sache?« Dieser Gedanke brachte Silbersdorff noch auf etwas anderes. »Und was ist mit Diaz selbst? Was man so hört, schweigt er auf dem Merkur in aller Seelenruhe vor sich hin. Aber für wie lange noch?«
»Diaz ist nicht das Problem. Der ist seit der Abspaltung der Drei Systeme nicht unsere Sache.« Der Tonfall des Mannes im Anzug klang unmissverständlich danach, nicht weiter nachzufragen. »Und Gustafsson und Moll werden, selbst wenn sie etwas gehört hätten, zu wenig Informationen haben, um die richtigen Schlüsse zu ziehen. Sie verdächtigen den Ratsvorsitzenden doch ebenfalls nur, bei der Aussetzung des PFS-Virus mitgemischt zu haben. Beweise haben auch sie nicht. Wir haben das in der Gruppe erörtert und halten diese Gefahr für vernachlässigbar. Die Amnesie Rudenkos können Sie noch, ohne dass es auffällt, auf den Giftstoff schieben, der den dreien von Diaz verabreicht wurde. Bei einer Häufung dieser ›Nebenwirkung‹ aber würden vielleicht unbequeme Fragen aufkommen. Sie brauchen sich im Übrigen keine Sorgen machen, ob Rudenko sich je wieder erinnern wird. Das wird er nicht. Die entsprechenden Erinnerungen werden komplett gelöscht und können auch nicht mit Hypnose oder Ähnlichem jemals reaktiviert werden.«
Silbersdorff spitzte die Lippen und nickte. »Einverstanden. Ich verabreiche Rudenko die neue Variante. Die GalAb-Wachen durchsuchen zwar auch mich, wenn ich in das Zimmer des Ratsvorsitzenden gehe, aber als Arzt bin ich, was das Tragen von Spritzen angeht, über jeden Verdacht erhaben. Schließlich werden dem Patienten auch Vitaminpräparate und die Stammzellen injiziert. Nein, ich mache mir eher Sorgen über die Wirkung. Valentina Duchamp, die Sicherheitsberaterin des Ratsvorsitzenden, ist schlau und wittert in jeder Aktion eine Verschwörung oder einen Hinterhalt. Wenn Rudenko nun plötzlich nichts mehr von dem Attentat weiß, dann wird sie vielleicht misstrauisch und stellt unangenehme Fragen.«
Der Anzug-Mann wiegte seinen Kopf hin und her und überlegte dabei. »Sie haben recht. Das hatte ich nicht bedacht. Die Duchamp ist brandgefährlich. Erst neulich hat sie sich in unserem
Weitere Kostenlose Bücher