Sternenfaust - 088 - Ernte unter glühender Sonne
auf unzähligen Welten vertreten, deren Meere voll mit den Ernteschiffen der Firma waren. Doch hier, auf Marina III hatte wohl alles begonnen, was den Konzern später einmal so groß hatte werden lassen.
Der gesamte Gebäudekomplex erschien aus der Entfernung wie ein gigantisches Ernteschiff. Die Architekten hatten sich wirklich große Mühe gegeben, eine nahezu perfekte Illusion entstehen zu lassen. Valentina Duchamp sog die Luft reichlich lautstark ein, was ihr verwunderte Blicke der Begleitmannschaft einbrachte, die »ALG-Food« für die Delegation bereitgestellt hatte. Man hätte die Männer natürlich auch Aufpasser nennen können, doch Jefica Moll hielt sich da noch zurück.
Valentina schnalzte mit der Zunge. »Hier riecht es nicht nach Algen und Fisch – hier stinkt es nach Geld. Rudenko wusste schon, wohin er uns schicken musste.«
»Ja«, schmunzelte Jefica Moll. »Und wir freuen uns auch, dass er Sie mitgeschickt hat. Vielleicht haben Sie ja doch Lust, zu uns zu kommen, Schätzchen!«
Der Empfang im Inneren der Zentrale war höflich-freundlich, doch er zeigte Jefica Moll deutlich, dass ihre Anwesenheit hier nicht unbedingt so vorrangig behandelt wurde. Man wies den Frauen drei luxuriös ausgestattete Apartments zu – sie ganz einfach nur Zimmer zu nennen, das wäre sicher nicht fair gewesen. Wanda registrierte den Pomp, doch sie fragte sich, was sie mit einem solchen Aufwand anfangen sollte? Das war nun sicher nicht ihre Welt, und Luxus schien auf einer Welt wie Marina III auch merkwürdig fehl am Platz zu sein.
Valentina Duchamp trat durch die Verbindungstür, die ihr und Wandas Apartment voneinander trennte – wenn man sie denn verriegelt hätte.
»Schau an, auch bei dir alles in den gleichen Farben gehalten – Grün für das Algenzeug, das Gold steht für die Kohle, die ›ALG-Food‹ damit gemacht hat. Aber es sei ihnen gegönnt.« Ganz automatisch hatte die Sicherheitsfanatikerin damit begonnen, Wandas Räume nach Wanzen zu untersuchen. Das steckte in der Agentin einfach so drin. Fündig wurde sie allerdings nicht, was aber nicht heißen sollte, dass »ALG-Food« seine Gäste nicht bespitzelte. Wahrscheinlich verfügten die Sicherheitskräfte der Firma über die neuesten Techniken, die man nicht so einfach aufspüren konnte.
Eine junge Frau, die sicher aus einem Model-Katalog entsprungen war, betrat den Raum. Ihr Lächeln wirkte wie eingemeißelt. Ihr natürlich algengrünes, enganliegendes Kleid warf nicht eine einzige Falte – das war Wanda alles zu künstlich, zu perfekt. Valentina sah das nicht anders, denn sie verzog missbilligend die Mundwinkel.
»Die Herren lassen nun bitten.« Dann wandte die Frau sich wie eine Aufziehpuppe um und tippelte aus dem Apartment ohne sich davon zu überzeugen, dass man ihr auch tatsächlich folgte. Wanda Ndogo und Valentina Duchamp setzten sich in Bewegung. Die Agentin war alles andere als begeistert.
»Die Herren – aha. Sie lassen bitten«, knurrte sie. »Die sollen nur aufpassen, dass sie nicht die falschen Bitten aussprechen. Dagegen bin ich nämlich allergisch.«
Wanda legte einen Finger an ihre Lippen, immerhin musste man ja nicht sofort alle seine Ressentiments sofort aussprechen. Doch Valentina genoss es, nicht inkognito auftreten zu müssen und tat so, als hätte sie die Geste nicht bemerkt. Erst als Jefica Moll zu ihnen stieß, beruhigte sich die Agentin. Irgendwie gefiel ihr das hier alles überhaupt nicht. Am wenigsten der Gedanke, in den kommenden Stunden höfliche Floskeln und unsinniges Gerede über sich ergehen lassen zu müssen. Solche Gespräche verliefen doch im Prinzip immer gleich.
Doch wie sehr sie sich da irrte, wurde ihr schon sehr bald bewusst.
*
Mit offenem Mund starrte Valentina Duchamp auf den Anlegesteg, der sich an der Meeresseite des Gebäudes anschloss. Auch Wanda staunte: Nach einem Konferenzraum sah das hier aber wirklich nicht aus. Und an der Anlegestelle lag ein Prunkschiff, wie die Agentin es zuvor noch nicht gesehen hatte. Den anderen beiden Frauen erging es nicht viel anders, doch sie versteckten ihre Überraschung perfekt.
Am Steg warteten vier adrett gekleidete Männer – sicher ein wenig altmodisch, jedoch stilecht in schwarze Anzüge gewandet – die Wanda Ndogo vollkommen unbekannt waren. Nicht so Jefica Moll, denn die Botschafterin war es gewohnt, ihre Hausaufgaben zu machen, bevor ein erster Kontakt zustande kam.
Valentina Duchamp konnte den Blick nicht von diesem Schiff lassen – daher
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