Sternenfaust - 092 - Widerstand
die Daten besagten, aber es war noch nicht ganz in ihrem Denkzentrum angekommen. Mal abgesehen davon, dass einiges von dem, was sie bisher zu wissen geglaubt hatte und sich in ihrem Kopf zu einer eigenen, ganz anderen Theorie geformt hatte, nicht mit dem zusammenpasste, was die Genetics an Tatsachen schafften. »Ich will das alles noch einmal vom Lordmanager persönlich erläutert bekommen.«
»Ja, ich auch«, murmelte Wanda und Gustafsson war ebenso neugierig, ob Wynton R. Canetti nicht doch noch etwas hinzuzufügen hatte, was im Dossier nicht enthalten war. Er betätigte die Schaltung, die den Lordmanager wieder auf den Bildschirm holte.
Canetti sah von dem Datenpad auf, das er anscheinend gerade gelesen hatte und die Andeutung eines Lächelns schlich sich auf seine Züge. »Sie melden sich recht schnell wieder. Ich denke, Sie sind überrascht von dem, was wir Ihnen da präsentiert haben?«
»Ich denke, es gibt keinen Grund zu der von Ihnen an den Tag gelegten Freude«, erwiderte Vijay Gustaffson ernst. »Wenn das alles stimmt, was wir hier vorgesetzt bekommen haben, ist die Lage in den Drei Systemen noch sehr viel instabiler, als Sie es mir dargestellt haben!«
Canetti spitzte die Lippen und schwieg bedeutsame drei Sekunden. »Das ist Ihre Interpretation der Situation«, sagte er dann unbeeindruckt, doch Vijay verstand. Natürlich würde Canetti nicht einfach zugeben, dass die Lage in Einstein, Epikur und Darelis so desolat war. Es war eine Sache, dies in einem Dokument, das eigentlich ein ganz anderes Thema hatte, durchblicken zu lassen – eine andere, es öffentlich und direkt zuzugeben. Und Vijay würde angesichts dieser Tatsachen einen Teufel tun und Canetti jetzt bloßstellen. »Ich bin mir sicher, dass wir das alles so weit unter Kontrolle haben, dass die Drei Systeme in nächster Zeit keine innenpolitischen Probleme bekommen werden«, fuhr Canetti fort. »Was nicht heißt, dass es nicht eines Tages so kommen könnte. Dieser Datenaustausch könnte erster Schritt sein, Schlimmeres zu verhindern, das auch nicht im Sinne der Solaren Welten wäre.«
»Wir hätten da noch ein paar Fragen. Beziehungsweise würden wir gerne noch einmal die Zusammenhänge von Ihnen selbst erläutert bekommen, und so sehen, ob wir auch die richtigen Rückschlüsse daraus gezogen haben«, bat Wanda Ndogo den Lordmanager.
»Ich helfe gern. Ich gebe zu, die Verbindungen sind nicht ganz eindeutig und einfach zuzuordnen, auch was die zeitliche Abfolge betrifft.«
Zumindest nicht für unsere beschränkten Gehirne , setzte Botschafterin Moll in Gedanken hinzu, was der Genetic wohl mit seinem süffisanten Unterton hatte mitschwingen lassen wollen.
»Beginnen wir ganz am Anfang«, setzte Gustafsson an. »Jurij R. Diaz wurde als veraltetes Ruler-Modell durch Sie ersetzt. Kein ungewöhnlicher Vorgang in den Drei Systemen , wie wir alle wissen. Diaz wird, aufgrund der damals noch neuen Abschiebepolitik, auf einen Planeten namens Mining X verbracht, wo er mit anderen älteren Genetic-Modellen seinen Lebensabend verbringen sollte. Auf dem Planeten regt sich Widerstand gegen diese, nun, nennen wir sie ›reale Sozialpolitik‹ – und Diaz ist mittendrin.«
»Soweit dürfte gerade Ihnen das ja bekannt vorkommen, Miss Moll, Miss Ndogo. So wird Diaz das Ihnen bei seiner, nun, Befreiung von Mining X erzählt haben, um seinen Asylantrag zu begründen«, kommentierte Canetti.
»Natürlich sind uns diese Umstände bekannt, Lordmanager«, erwiderte Moll und übernahm von Gustafsson die Rolle des Zusammenfassers. »Lassen Sie uns fortfahren. Auf Mining X war es also auch, wo Diaz mit einer Widerstandszelle in Kontakt kam. Und, nach allem, was wir hier lesen können, mit diesen Widerständlern zusammen den Plan fasste, die aktuelle Regierung der Drei Systeme , an deren Spitze Sie sich befinden, Lordmanager, zu denunzieren und abzusetzen. Die Mining X-Widerstandszelle ist dabei nur eine von zahlreichen, die auf den Genetikerwelten immer mehr an Einfluss gewinnen und auch vor terroristischen Akten nicht zurückschrecken.«
Canetti nickte. »Exakt. Die Videoaufzeichnungen einiger Gespräche von Mitabgeschobenen Diaz’ bestätigen das. Diese Individuen, denen eindeutig nachzuweisen war, dass sie dem Mining X-Widerstand angehörten, machten unabhängig voneinander übereinstimmende Aussagen in dieser Richtung. Diese Befragungen sind, wie Sie den begleitenden Dokumenten entnehmen können, selbstverständlich auf freiwilliger Basis durchgeführt
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