Sternenfaust - 092 - Widerstand
Frau den Kopf hob. Sie suchte den Namen der Genetik-Praxis, bei der sie sich einen Termin hatte geben lassen. Diese befand sich offensichtlich im linken Seitenarm des Erdgeschosses.
Kaum war die Frau aus dem Sonnenschein heraus und durch die Eingangstür im Gebäude verschwunden, tauchten zwei ähnlich gekleidete Gestalten aus einer Häuserschlucht auf. Sie bezogen gegenüber dem Hauseingang Stellung und schienen sich über irgendetwas zu unterhalten.
Die Frau im Gebäude bekam davon nichts mit. Sie hatte sich in der Eingangshalle schnell orientiert und war den Hinweisen auf den überall angebrachten Info-Screens gefolgt, so dass sie die Genetik-Praxis auf Anhieb gefunden hatte.
Das Wartezimmer war nur halb gefüllt. Erwartungsvoll schaute die Handvoll Menschen, die bis jetzt in Datenpads gelesen oder auf dem Touchscreen der Geräte, wie sie jeder besaß, herumgetippt hatten, die vermummte Person an, die soeben den Raum betreten hatte.
Die Frau atmete hörbar schnaufend aus, als ihr Blick auf eine angewidert dreinblickende Geschlechtsgenossin fiel. Einige Menschen hatten einfach kein Verständnis für die Privatsphäre, die ein solches Kleidungsstück bieten konnte! Zur Überraschung der allgemein misstrauisch wirkenden Patienten begann die Frau, sich ihrer Kutte zu entledigen. Zum Vorschein kam eine in normale Freizeitkleidung gewandte, hellhäutige und blonde Frau. Ihre vom T-Shirt freiliegenden Arme wiesen eine leicht rötliche Färbung auf.
Sonnenbrand. Das sah jeder.
Die Frau nahm nun ebenfalls die verspiegelte Sonnenbrille ab. Ihre roten Pupillen wanderten von einer Person zur nächsten. Dann setzte sie ein entschuldigendes Lächeln auf, ihre Haltung entspannte sich und sie wandte sich der Rezeption der Praxis am anderen Ende des Wartezimmers zu.
Da jetzt jeder gesehen hatte, wer da in die traute Gemeinschaft der Wartenden eingedrungen war, verlor sie das Interesse am Neuankömmling und widmete sich wieder ihren vorherigen Beschäftigungen.
Die Sprechstundenhilfe, die am Schreibtisch hinter dem Tresen des Empfangs saß, schaute zu ihr herauf. »Was kann ich für Sie tun?«
»Ja, also, ich habe einen Termin um 15 Uhr. Ich hatte mit einer Kollegin von Ihnen Kontakt, die mich unter dem Namen Nadine Misantrev eingetragen haben müsste.«
Die Sprechstundehilfe tippte einmal kurz auf den Bildschirm und nickte dann. »Sie hatten angegeben, ein Problem mit Ihrer kürzlich erfolgten Optimierung zu haben, Miss Misantrev?«
Die Frau machte eine zustimmende Geste. »Sehen Sie, ich habe da letzte Woche etwas machen lassen. Hautpigmentierungsanpassung. Ich bin viel unterwegs, hauptsächlich unter freiem Himmel. Deshalb bekomme ich im Sommer ziemlich schnell eine gewisse Bräune. Die Gene, Sie verstehen.« Sie lachte kurz.
Die Frau hinter dem Tresen grinste. »Klar.«
»Da ich meinen Teint aber gerne etwas blasser habe und mich nicht dauernd mit irgendwelchen Mitteln eincremen möchte, habe ich mir eine entsprechende Injektion geben lassen, damit der Farbton so bleibt, wie er ist. Anscheinend habe ich das nicht ganz vertragen. Eine allergische Reaktion.« Die Frau wies auf ihre roten Pupillen und auf die gerötete Haut an den Armen.
Die Sprechstundenhilfe winkte ab. »Schon verstanden. Das kann bei einem geringen Prozentsatz der Bevölkerung vorkommen, ist aber nichts Gravierendes, was man nicht korrigieren könnte. Eine normale Standard-Gen-Analyse müsste aufdecken, wie wir das Problem beheben und Pigmentierungsanpassung so regulieren können, dass diese Effekte nicht mehr auftreten. Der Doktor hat gleich für Sie Zeit und wird alles Weitere mit Ihnen besprechen.« Sie blätterte in den Unterlagen. »Sie sind zum ersten Mal bei uns?«
»Ja. Ich habe den Eingriff woanders machen lassen, habe mir aber sagen lassen, dass Ihre Praxis auf solche nachträglichen Korrekturen spezialisiert ist. Deswegen bin ich zu Ihnen gekommen.«
»Die richtige Entscheidung«, stimmte die Arzthelferin zu. »Wir brauchten dann allerdings noch eine Gen-Probe für die Unterlagen.«
»Kein Problem.« Die Frau zupfte sich ein paar Haare aus der blonden Mähne und reichte sie über den Tresen. »Genügt das?«
»Voll und ganz.« Die Sprechstundenhilfe zog einen kleinen Plastikbeutel aus der Schublade ihres Schreibtisches und steckte die Haarprobe hinein. »Aus den Follikeln Ihrer Haare werden wir genug Material extrahieren können. Sie werden dann gleich aufgerufen. Bitte nehmen Sie noch einen Augenblick Platz.« Dabei wies die Frau
Weitere Kostenlose Bücher