Sternenfaust - 092 - Widerstand
Yngvar MacShane. »Ja, Doktor Tregarde, er ist wieder bei Bewusstsein. Wir überprüfen, ob er transportfähig ist. Falls das der Fall sein sollte, bringen wir ihn auf die Krankenstation.«
Wieder sagte die metallische Stimme etwas. Diesmal mit fragendem Unterton.
MacShane antwortete: »Ja, richten Sie es her. Ich fürchte, er wird heute Nacht bei Ihnen auf der Krankenstation bleiben müssen. Himmel, Sie hätten sehen sollen, wie er die Augen verdreht hat und dann einfach zusammenfiel wie ein nasser Sack …«
*
»Irgendwie hatte ich geahnt, dass es doch noch ein paar Fragen geben würde, Mister Gustafsson«, meinte Wynton R. Canetti. Vijay konnte das Seufzen in seiner Stimme buchstäblich hören, doch er ließ sich nichts anmerken. »Aber das ließ sich wohl nicht vermeiden.«
»Allerdings nicht, Lordmanager!« Vijay Gustafsson sah eindringlich auf den Bildschirm, auf dem der mächtigste Mann der Drei Systeme einen genervten Eindruck vermittelte. »Es ist ab und zu doch ganz interessant, einmal mit ein paar Leuten vom Geheimdienst zu reden. Was da alles zutage gefördert wird, sie glauben es nicht. Eigentlich sollten wir in diesem Jahrhundert bereits über den Einsatz von Geheimdiensten hinweg sein, aber Sie wissen ja …«
»Sparen Sie sich die Andeutungen, Ratsmitglied.« Canettis Stimme klang gelangweilt, aber höflich. »Sagen oder fragen Sie, was Sie zu sagen oder zu fragen haben. Ich dachte, wir wären uns im Grunde genommen einig? Hat sich daran vielleicht etwas geändert?«
Gustafsson atmete durch. Sein Büro war nun schon seit mehr als 72 Stunden der Austragungsort dieser zähen Verhandlungen mit den Genetics. Er selbst hatte kaum geschlafen, und dann auch nur stundenweise auf der kleinen Ledercouch im Vorzimmer seines Büros. Seinen Turban hatte er dabei als behelfsmäßiges Kopfkissen benutzt.
Bei ihm, dem man die Hauptleitung dieses Projektes des Austausches Jurij R. Diaz’ gegen brisante Informationen übertragen hatte, liefen alle Fäden zusammen. Das Diplomatische Corps unter Jefica Moll und Wanda Ndogo hatte versucht, sämtliche von Canetti vorgebrachten Zeugen zu erreichen und erneut zu befragen. Das klappte, dank einer überraschend kooperativen Administration auf den Genetikerwelten, erstaunlich gut. Kaum eine der Personen, mit der man sprechen wollte, war nicht auf Anhieb ausfindig zu machen gewesen. Und wenn man doch einmal nicht weiterkam, halfen die einzelnen Systemadministrationen und Einrichtungen der Drei Systeme wo sie nur konnten. Jefica hatte zwar unzufrieden geknurrt, dass sie nichts anderes von Canetti erwartet hatte, aber nun gut, immerhin war die Geschichte hieb- und stichfest. Das Wort des Lordmanagers für die unbedingte Kooperation mit den Solaren Welten schien in der Tat schwer zu wiegen und von allen Institutionen – zumindest auf Anfrage – eingeholt und akzeptiert zu werden.
Die Überprüfung hatte ergeben: Die Genetics sagten anscheinend die Wahrheit. Mit noch so raffinierten Verhörtaktiken, Fangfragen und Versuchen, die Gesprächspartner in Widersprüche zu verwickeln, versuchten Moll und ihr Team noch mehr Informationen aus den ehemaligen Mitgefangenen von Diaz herauszukitzeln.
Ohne Erfolg. Ihre Aussagen waren umfangreich, detailgetreu und entsprachen in allen Punkten dem, was man in den überlassenen Aufzeichnungen vorgefunden hatte. Die Story um den Widerstand und Diaz’ Mitgliedschaft in demselben war wasserdicht und schien den Tatsachen zu entsprechen.
Ganz zur Freude der Interimsregierung der Solaren Welten. Im Moment wurde eine großangelegte Medienkampagne zur Veröffentlichung der Untersuchungen zum PFS-Virus vorbereitet. Sobald wie möglich wollte man den Menschen im Sol-System – und weit darüber hinaus – präsentieren, was die Ermittlungen ergeben hatten. Die neuen Informationen der Genetics waren der Schlüssel dazu gewesen. Diaz’ Auslieferung war ein mehr als fairer Preis.
Aber dann hatte die GalAb noch ein paar bisher geheimgehaltene Informationen an Gustafsson weitergereicht. Sie waren über Valentina Duchamp an Jefica Moll gegangen. Die rothaarige Schönheit genoss als ehemalige Agentin des Geheimdienstes noch dessen Vertrauen, und man hatte ihr geraten, die entsprechenden Informationen an das Ratsmitglied weiterleiten zu lassen. Wenn man schon die Ereignisse rund um Rudenko und Diaz aufklären wollen würde, dann doch bitte lückenlos.
Wobei ich mich frage, woher die GalAb so schnell von meinen Verhandlungen mit Canetti
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