Sternenfaust - 102 - An vielen Fronten
strukturiert , dachte Suresh, während sie durch die kühlen und mit stuckartigen Ornamenten aus buntem Marmor geschmückten Arkaden gingen.
An dieser Stelle wurden Sureshs Gedanken wieder einmal von Wanda Ndogo unterbrochen. »Harath, gestatten Sie mir eine persönliche Frage, bevor wir zum offiziellen Teil unseres Gesprächs kommen. Sie stammen aus dem Hohen Haus Haskano – sind Sie mit Siron Talas verwandt?«
Gondrel Harath blieb in einer Wandelhalle, die um einen Hof in der Mitte des runden Gebäudes herumführte, stehen und sah Wanda Ndogo aufmerksam an. »Sie kennen meinen Onkel?«
Wanda nickte einmal. »Ich hatte das Vergnügen, ihn auf der Expedition zum Ursprung der Morax kennenzulernen. Ich war damals Besatzungsmitglied auf der STERNENFAUST II. Ich hoffe, es geht ihm gut?«
Gondrel antwortete nicht sofort, sondern musterte Wanda ein paar Momente, bevor er weitersprach. »Er ist genau genommen nur der Sohn meines dritten Großonkels väterlicherseits. Das Haus Haskano, dem ich angehöre, spricht nicht gerne über ihn. Einerseits sind ihm und seinem Mut die Änderungen zu verdanken, die unsere Gesellschaft im letzten Jahrzehnt vorangebracht haben. Andererseits waren diese Änderungen für unser Adelshaus nicht gerade von Vorteil … Loyalität ist eine hochgeschätzte Tugend auf Ebeem.«
Ein J’ebeem weiß eben genau, auf welcher Seite sein Brot gebuttert ist , dachte Suresh. Ihm fiel es schwer, den Gesichtsausdruck des Triumvirn unter dem über die gesamte rechte Kopf- und Gesichtshälfte Haraths eintätowierten Drachen, dem Zeichen für das Adelshaus Haskano, zu interpretieren. Und seien wir ehrlich – seinem Haus gegenüber war Siron Talas ja wirklich nicht gerade loyal. Kein Wunder, dass sie ihn hassen.
Wanda machte eine bestätigende Geste. »Er hat viel Mut bewiesen, so viel steht fest. Aber ich respektiere Ihre Haltung.«
Gondrel bestätigte die höfliche Bemerkung der Botschafterin mit einer knappen Geste, drehte sich auf dem Absatz um und ging mit großen Schritten weiter voran.
Das war ja jetzt wirklich kryptisch , dachte Suresh. Was war Gondrel Haraths persönliche Meinung über seinen Onkel? Vertrat er die Meinung seiner Sippe oder hatte er eine eigene, die vielleicht mit der seines Hauses nichts zu tun hatte?
Suresh starrte den Rücken des jungen Mannes an, der noch keine dreißig Jahre alt zu sein schien, doch natürlich konnte er aus diesem Anblick noch viel weniger interpretieren.
Das Ratsmitglied sah kurz zu Wanda Ndogo und bemerkte, dass sie ihm einen kurzen Blick zugeworfen hatte.
Und Suresh verstand auf einmal.
Die gesellschaftlichen Gegebenheiten auf Ebeem hatten sich geändert – keiner der stolzen Söhne Ebeems, entstammte er nun der vornehmen Adelskaste oder nicht, hätte freiwillig zugegeben, dass ihm die Änderungen von einer quasi-absolutistischen Diktatur zu einer Art parlamentarischer Monarchie nicht zusagte. Auch wenn das – vom Volk gewählte – Parlament seit etwas über einem Jahrzehnt von einem sogenannten Oberen und einem Unteren Triumvirat geführt wurde, die jeweils mehr Befugnisse besaßen, als so demokratisch geprägte Völker wie die Solaren Welten oder gar die Starr gutheißen konnten – für ebeemische Verhältnisse waren die Reformen, die das letzte Alte Triumvirat eingeführt hatte, geradezu revolutionär.
Dass Gondrel Harath jetzt zugab, dass sein Haus – eines der angesehensten Adelshäuser auf Ebeem – den Mann, dessen Mut diese Reformen zu verdanken gewesen waren, nicht sehr schätzte, war ein Signal an Wanda und an ihn.
Indem er zugibt, dass sein Haus den Volkshelden Talas nicht schätzt – und das als Konsul des Unteren Triumvirats, also des gemeinen Volkes! –, teilt er uns mit, dass er auf unserer Seite ist. Vielleicht kriegen wir doch noch etwas mehr heraus, als Wanda befürchtet hat , freute sich Suresh.
*
Irgendwo in Transalpha, in der Nähe von TASO-26267
Dr. Solomon Winterstein genoss seinen Triumph.
Er war auf diesem wunderschönen Schiff, dem besten und exquisitesten, was die Forschung der Solaren Welten in den letzten beiden Jahrzehnten zustande gebracht hatte und hatte gerade eine der kniffligsten Aufgaben gelöst, die ihm je aufgetragen worden war.
Natürlich hatte er sie nicht alleine gelöst, diese begabte kleine Navigatorin hatte ihm geholfen, aber dennoch, es war nicht leicht gewesen, die Kurse von J’ebeem-Schiffen zurück zu berechnen, die bereits seit Jahren in diesem Trümmerfeld
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