Sternenfaust - 103 - Das Heiligtum
Abbild eines der Erbauer«, sagte er und führte ihnen vor, wie das Bild auf der Oberfläche durch Drehung in die richtigen Lichtverhältnisse hervorgerufen werden konnte.
»Aber das ist ja einer der Fremden, die uns damals von hier vertrieben haben!«, entfuhr es Dana Frost.
Tregarde nickte. »Und er sieht dem Fremden, den wir ein paar Wochen zuvor an Bord der STERNENFAUST hatten, verblüffend ähnlich, sodass man beinahe glauben könnte, einen direkten Verwandten von ihm zu sehen.«
»Das besagt aber nicht, dass diese Leute die Erbauer sind«, wandte Taglieri ein. »Es könnten auch genauso neugierige Forscher gewesen sein wie wir, die sich da unten umgesehen haben. Und dabei hat einer von ihnen das Ding da verloren.«
Frost blickte ihren Vorgesetzten ungläubig an. Er glaubt uns immer noch nicht , dachte sie und sagte laut: »Das ist natürlich denkbar. Ich sehe im Moment allerdings nichts, das der These des Doktors und mir widerspricht. Die Erdanaar wurden immerhin mehrfach hier in der Nähe gesichtet. Es ist anzunehmen, dass ihre Beziehung zu diesen Gebäuden über den reinen Besuch hinausgeht.«
Taglieri zuckte mit den Schultern. »Wenn sie die Geheimnisse dieses Heiligtums ganz für sich allein haben wollten, dann nicht«, beharrte er. »Aber es ist völlig müßig, darüber zu spekulieren. Viel wichtiger ist, endlich herauszufinden, welchem Zweck diese Bauten dienten.« Er blicke Mary Halova auffordernd an. »Gibt es schon Fortschritte hinsichtlich der Entschlüsselung der Texte?«
»Nein«, antwortete die Sprachwissenschaftlerin knapp. »So etwas braucht Zeit und lässt sich nicht übers Knie brechen.«
»Es könnte etwas mit Telepathie zu tun haben«, meinte Tregarde vorsichtig. »Als wir seinerzeit hier waren, berichtete William Beaufort von einem telepathischen Kontakt, als er eine der Säulen berührte. Die Erdanaar sind Wesen, bei denen ich überzeugt bin, dass sie große telepathische Fähigkeiten haben. Wenn sie also etwas mit den Ruinen hier zu tun haben, dann liegt der Verdacht nahe, dass in diesen Säulen eine Technik steckt, die eben einen solchen Kontakt ermöglicht.«
Vincent Taglieris Gesichtsausdruck war bei jedem Wort des Arztes spöttischer geworden. Jetzt erweckte der Oberkommandant der STERNENFAUST den Eindruck, als müsste er schwer an sich halten, um Tregarde nicht ins Gesicht zu lachen.
»Dr. Tregarde«, sagte er in einem Tonfall, als hätte er einen jungen Kadetten frisch von der Akademie vor sich, der noch grün und feucht hinter den Ohren war und nicht die geringste Ahnung vom Leben hatte. »Ich muss mich wirklich über Sie wundern. Bisher habe ich Sie für einen renommierten Wissenschaftler gehalten und nicht für einen weltfremden Phantasten.
Telepathie ist eine Erfindung von Leuten, die zu faul oder zu dumm sind, eine rationale Erklärung für scheinbar anders nicht erklärbare Phänomene zu finden, aber wissenschaftlich völlig unhaltbar. Dass diese weltfremden Christophorer-Mönche an so einen Unsinn glauben, mag ja noch angehen; schließlich schweben die ohnehin geistig in abgedrehten Sphären und Glauben statt Wissen gehört zu ihrem Alltag. Aber Sie können doch nicht ernsthaft in Erwägung ziehen, dass eine Säule , ein Stück toter Materie, ein Stein , der hauptsächlich aus Kalzium und Schwefel besteht, irgendwelche telepathischen Emanationen induziert. Ich bitte Sie!«
Tregarde presste für einen Moment die Lippen zusammen, und seine braunen Augen funkelten empört. Doch er beherrschte sich. »Nein, Admiral«, konterte er scheinbar gleichmütig, »das ist genauso unmöglich wie die Tatsache, dass unser Gehirn aus chemischen Prozessen und elektrischen Impulsen Gedanken formen kann. Völlig unmöglich, dass Nervenbahnen und Gehirnmasse, die aus ein paar Chemikalien mit einer Menge Wasser bestehen, in der Lage sind zu denken , Horatio.«
Taglieri runzelte die Stirn und begriff offensichtlich nicht, dass Tregarde auf ein Zitat aus Shakespeares »Hamlet« anspielte, das da lautete: »Es gibt mehr Ding’ im Himmel und auf Erden, als Eure Schulweisheit sich träumt, Horatio.« Taglieri setzte zu einer Erwiderung an, doch Frost kam ihm zuvor.
»Admiral, wenn ich Sie für einen Moment unter vier Augen sprechen dürfte. Jetzt gleich, wenn Sie gestatten.«
Taglieri zögerte kurz, fand das aber eine willkommene Gelegenheit, der unangenehmen Situation zu entrinnen. »In meinem Raum«, sagte er knapp und ging voran.
»Also, Commodore Frost, was gibt es so Wichtiges?«,
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