Sternenfaust - 103 - Das Heiligtum
Knochen?
Doch das war es natürlich nicht, worauf er in erster Linie spekulierte, obwohl das natürlich ideal gewesen wäre. Er hoffte, irgendetwas zu finden, das ihm und den anderen Aufschluss darüber geben konnte, wie die Wesen aussahen, die Eranaar errichtet hatten – irgendetwas, das er vor fünfzehn Jahren vielleicht übersehen hatte. Und natürlich interessierte ihn in diesem Zusammenhang ganz besonders DNA. Ganz gleich, wie lange ein Knochen bereits in der Erde lag und den erodierenden Umweltbedingungen ausgesetzt war, mit der modernen Technik in den Labors der STERNENFAUST war es problemlos möglich, den Aufbau der DNA zumindest teilweise zu rekonstruieren. Bei anderen Gegenständen, an denen die DNA einmal gehaftet hatte, war es schwieriger, da sie mit der Zeit so zerfiel, dass auch die besten Scanner keine Spuren mehr zu finden vermochten.
Tregarde fühlte, wie ein Adrenalinstoß durch seinen Körper schoss, als der Scanner einen kleinen Gegenstand anzeigte, der relativ dicht unter der Erdoberfläche etwa dreihundert Meter genau nördlich vom Heiligtum entfernt lag. Zu seinem Glück bestand der Boden hier aus Sand und von der Erosion glattpolierten Kieselsteinen, sodass es ihm nicht schwerfiel, die Schicht, die den Gegenstand bedeckte, mit den Händen beiseitezuräumen.
Zum Vorschein kam ein etwa handtellergroßer Erdbrocken, in dem der Gegenstand eingeschlossen war. Tregarde klopfte die Hülle vorsichtig auf, wischte die Erde vollständig von ihm ab und betrachtete nachdenklich, was der Boden von Aditi freigegeben hatte: einen ovalen, dunklen Stein aus einem unbekannten Mineral, dessen glatt polierte Oberfläche metallisch in allen Regenbogenfarben schimmerte. Er sah wunderschön aus und war möglicherweise einmal ein Schmuckstück gewesen, obwohl sich nirgends an ihm etwas fand, womit man ihn irgendwo hätte befestigen können.
Doch als Tregarde den Stein hin und her drehte und das Licht der Sonne in einem bestimmten Winkel auf ihn fiel, erschien auf der Oberfläche inmitten der Regenbogenfarben die Abbildung einer Figur – einer Figur, die eindeutig wie ein Mensch aussah …
*
»Scheiße!«, fluchte Morten Jackville und reagierte instinktiv. Emma Kalani zog den Jäger im steilen Winkel hoch und ließ ihn einen halben Looping rückwärts machen, der Abstand zwischen ihn und den Meteoroid brachte. Doch gegenwärtig besaß der fast einen halben Kilometer durchmessende Gesteinsbrocken eine größere Geschwindigkeit als der Jäger. Jackville aktivierte augenblicklich das Bordgeschütz und feuerte einen breiten Fächerstrahl auf den Meteoroid. Der Brocken zerplatzte in Tausende von kleinen Splittern, und Jackville stieß erleichtert die Luft aus.
»Meine armen Nerven!«, beschwerte er sich. »Mensch, Emma, wenn du das öfter machst, bekomme ich noch einen Herzinfarkt!«
»War aber trotzdem ein gutes Manöver«, meldete Paolo Hoffer von der STERNENFAUST und zuckte zusammen, als ein Schatten über seine Konsole fiel. Er sah auf und blickte in die Augen von Commander John Santos, der absolut nicht den Eindruck erweckte, als fände er amüsant, was er auf dem Bildschirm wohl schon eine Weile beobachtet hatte.
»Darf ich fragen, was dieser Unsinn zu bedeuten hat, Lieutenants?« Seine Stimme klang beinahe so eisig wie die von Dana Frost, wenn sie das »Eisbiest« herauskehrte. »Sie haben eine Aufgabe zu erfüllen und nicht herumzuspielen wie undisziplinierte Anfänger. Ich erwarte von Ihnen, dass Sie sich auf der Stelle am Riemen reißen! Ihre Spielchen heben Sie sich gefälligst für den Flugsimulator auf. Haben Sie mich verstanden?«
»Ja, Sir!«, versicherte Hoffer und machte keinen Versuch, sich zu rechtfertigen.
Emma Kalani war knallrot geworden und brachte ihren Jäger augenblicklich wieder auf Kurs. »Verstanden, Sir!«, bestätigte sie kleinlaut. »Wir fahren mit der Mission wie befohlen fort.«
»Schön«, fand Santos. »Und sobald Sie an Bord zurückgekehrt sind, melden Sie sich umgehend bei mir. Sie alle. Bis dahin werde ich mir ein paar geeignete Disziplinarmaßnahmen für Sie ausgedacht haben.«
»Scheiße«, murmelte Johnny Bayonne, doch Santos hörte es trotzdem.
»Und gerade Sie, Mr. Bayonne, sollten besser gar nicht erst auf den Gedanken kommen, dass ich Sie verschone, nur weil Sie und Clavell neulich ein so gutes Manöver hinbekommen haben. Ich dulde in meiner Truppe keine Disziplinlosigkeit. Da Sie das offensichtlich noch nicht begriffen haben oder es Ihnen entfallen ist,
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