Sternenfaust - 104 - Die Kristalle von Dondari
Brandung. Savanna hatte das Gefühl, ein Mitglied der eigenen Familie verloren zu haben.
Erst jetzt fiel ihr auf, dass alle anderen Waffen trugen. Sie waren vorbereitet. Sie warteten.
»Die Schweine waren noch nicht hier, oder?«
Chang schüttelte den Kopf.
Savanna spürte heiße Wut in sich. Auf die Raumjäger. Die Piraten. Ihretwegen war Darek tot! Ihretwegen waren sie und Gendar Maras verletzt. Wenn diese Subjekte sie nicht mit ihren Strahlenschüssen in den Nebel gedrängt hätten, wäre das alles nicht passiert.
»Gib mir einen Nadler, Harry. Ich ballere diese Arschlöcher von den Füßen!«
Harry Chang drückte ihr schweigend eine Waffe in die rechte Hand. Sein faltiges Gesicht wirkte um Jahre gealtert.
»Ich hab’ sie anfliegen sehen, Van. Sie müssen jeden Moment hier sein.«
Stephens kniete sich neben Gendar Maras. »Wenn nicht bald Hilfe kommt, wird es für ihn zu spät sein. Falls er noch lebt, gelingt es mir vielleicht, ihn zu stabilisieren. In meinem Quartier habe ich noch weitere Messgeräte, die nützlich sein können. Aber Harry will erst mal, dass wir alle hier auf der Brücke bleiben.«
Chang nickte ernst. Als ob das Schicksal selbst auf seiner Seite wäre, hörten sie Schläge gegen Metall. Die Angreifer waren da. Wütend sah Savanna zum Schott.
Diese Bastarde geben sich nicht einmal Mühe, leise zu sein!
Harry Chang hatte das Schott zur Brücke geschlossen. Alle Acht nahmen ihre Waffen hoch und richteten sie auf den Durchgang. Savanna hatte ein leicht eingeschränktes Sichtfeld, doch sie sah wie das Schott unter der Bearbeitung mehrerer Geräte erbebte.
Laserstrahler und Schneidgeräte , dachte sie schaudernd. So wie es aussah, wollten sich die Raumräuber zu ihnen durcharbeiten. Dann erstarben die Geräusche. Hatten sie es nicht geschafft? Reichte die Kraft ihrer Maschinen nicht aus durch das dicke Metall zu kommen? Oder hatten sie die Lebenszeichen hinter der dicken Wand geortet und wollten es nicht auf eine Schießerei ankommen lassen?
Eine unheimliche Stille machte sich breit.
»Sie laden jetzt sicher das Holz aus«, meinte Harry wütend. »Ich scheiß’ auf den Warenwert. Für so was gibt es Versicherungen! Aber dass sie für ihre Gier nach Reichtum so gewissenlos zu Töten bereit sind … Wir hätten bei diesem Absturz leicht alle drauf gehen können! Im Grunde müssen wir froh sein, überlebt zu haben.«
Savannas Kopfschmerzen nahmen zu. Ihr war schlecht. Vor ihr lag Geridar Maras – ein Held.
Wieder fragte sie sich, warum der Dondari das getan hatte. Auf seinem Heimatplaneten musste es mehr Mut geben als auf ihrem. Du verdammter Idiot!
Sie versuchte ruhig zu atmen. Sie verstand den Dondari nicht. Aber sie wollte die Situation auch gar nicht verstehen. Alles lag grauenerregend klar vor ihr: Sie waren auf einem unwirtlichen Planeten havariert und wurden nun ausgeraubt. Mit ein bisschen Glück verschonten die Piraten sie und gaben sich mit dem zufrieden, was der Bauch der MERCHANT hergab. Vielleicht zogen sie nach dem Einsammeln der Beute frohen Mutes ab. Aber was dann? War ihr Notruf überhaupt im Karalon-System angekommen? Und selbst wenn … Sie waren so weit ab vom Schuss, dass es viele Tage dauern konnte, bis Rettung vor Ort war. Tage, die Gendar Maras nicht hatte.
Und wir vielleicht auch nicht.
Der Planet war gefährlich. Die genauen Strahlungswerte hatte sie nicht mehr bestimmen können. Wenn die Hülle der MERCHANT hinüber war – und das musste sie nach diesem Sturz und den schweren Zusammenstößen im Asteroidenfeld an einigen Stellen einfach sein – dann war es vielleicht nur eine Frage der Zeit, bis sie alle starben. Entweder an der Strahlung, giftigen Elementen in der Atmosphäre oder an mangelndem Sauerstoff.
Sie schloss die Augen. Diese Gedanken waren müßig. Es war besser, sie zu vergessen. Sie wollte schlafen, schlafen, schlafen … Nur nicht nachdenken …
Harry Chang berührte tröstend ihre unverletzte Schulter. »Das wird schon, Van. Wir schaffen das.«
Savanna sah auf Gendar Maras. Bitte. Halte durch. Sonst werde ich nie erfahren können, warum du eine so mutige und verrückte Tat begangen hast. Sie erinnerte sich an eine andere Zeit. An einen anderen Verrückten. Nein, es waren nicht nur die Dondari verrückt. Auch Menschen konnten verrückte Taten füreinander vollbringen.
Aber ich will das nicht! Ich will nicht dankbar sein müssen und eine solche Schuld auf mich laden!
Tja , meinte eine andere Stimme in ihr. Und dennoch freust du dich,
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