Sternenfaust - 110 - Die Fünfte Kolonne
nicht«, stimmte Gernet ihr zu. »Aber ich weiß, wie es sich anfühlt, als Oberkommandierende auf Ganymed von einem der Männer, denen ich am meisten vertraut und auf dessen Urteil ich mich stets hundertprozentig verlassen habe, aufs Schlimmste hintergangen worden zu sein. Ich kann also ansatzweise nachempfinden, wie Sie sich fühlen. Und ich habe Sie herrufen lassen, um Ihnen ein paar Tipps zu geben, wie Sie mit dieser Situation am besten umgehen können.«
Isabella starrte sie aus großen Augen an, sagte aber kein Wort.
»Zunächst einmal«, fuhr Gernet fort, »hat die GalAb Sie und Ihre gesamte Familie auf Herz und Nieren durchleuchtet und bestätigt, dass keiner von Ihnen etwas über die Tätigkeit Ihres Vaters für den Temuran wusste. Wir kennen zwar immer noch nicht die genauen Zusammenhänge, wie es dazu kam, aber das tut jetzt nichts zur Sache. Aber weitere Untersuchungen werden Sie auch nicht mehr lange auszuhalten haben, denn Sie werden versetzt.«
Isabella verzog geringschätzig das Gesicht. »Also werfen Sie mich doch raus und tarnen das als Versetzung.«
»Ruhe!«, herrschte Gernet die störrische junge Frau an. »Wenn Sie so weiter machen, könnte ich das sehr schnell tun. Aber Sie irren sich, Fähnrich. Die Versetzung ist quasi eine Beförderung. Sie sind die Erste Ihres Jahrgangs, die aufgrund ihrer hervorragenden Leistungen auf einem Schiff eingesetzt wird. Sie melden sich mit Marschgepäck in zwei Tagen auf der CALYPSO IV bei Captain Angela McLeod. Und wenn ich Sie wäre«, fügte sie schmunzelnd hinzu, »würde ich jedem, der Ihnen krumm kommt stecken, dass dieser Einsatz sozusagen der erste Preis für Ihre Bestleistungen ist.«
»Danke, Ma’am«, murmelte Isabella. »Und ich bitte um Entschuldigung für mein ungebührliches Verhalten.«
Gernet winkte ab. »Darüber sehe ich mal in Anbetracht der Umstände hinweg. Captain McLeod weiß über Sie Bescheid, aber da Sie es dort nicht mit unreifen Kadetten, sondern mit erfahrenen Raumsoldaten zu tun haben, dürfte es keine Probleme geben – solange Sie nicht selbst welche verursachen.«
»Das werde ich nicht, Ma’am«, versprach Isabella. »Ich schwöre Ihnen, dass Sie niemals Grund haben werden, diese Entscheidung zu bereuen.«
»Gewiss nicht, denn wenn Sie Mist bauen, Fähnrich, bereuen Sie das, nicht ich. Aber«, fügte sie nachdrücklich hinzu, »lassen Sie mich Ihnen noch einen Rat mit auf den Weg geben. Joris Abenaike war zwar Ihr Vater, aber Sie sind nicht er und Sie sind auch nicht wie er. Sie haben nicht den geringsten Grund, seine Schuld ausgleichen zu wollen.«
»Nein, Ma’am, aber …« Isabella unterbrach sich und biss sich auf die Lippen.
Gernet blickte sie aufmerksam an. »Sprechen Sie nur frei heraus, Isabella«, forderte sie die junge Frau auf.
Isabella schluckte nervös. »Ma’am, die GalAb konnte oder wollte mir nichts dazu sagen, aber«, sie räusperte sich, ehe sie fortfuhr, »besteht die Möglichkeit, dass der Verrat meines … von Joris Abenaike einem genetischen Muster entsprach? Also in seinen Genen verankert war? Könnte es sein, dass er mir und meinen Geschwistern dieses Gen – oder was immer es ist – vererbt hat?« Sie blickte Suzanne Gernet beinahe verzweifelt an.
Gernet schwieg eine Weile, ehe sie offen antwortete: »In diesem Punkt sind wir uns nicht sicher, Fähnrich. Was ich Ihnen jetzt sage, unterliegt der absoluten Geheimhaltung. Kann ich mich darauf verlassen, dass das unter uns bleibt?«
»Jawohl, Ma’am!«
»Wir vermuten, dass tatsächlich erstklassige Genetiker an dem Projekt mitgewirkt haben könnten, die Ihren Vater und seine nach seinen eigenen Angaben existierenden Kameraden, nun, erschaffen haben. Die GalAb überprüft das gerade. Sollte sich das bestätigen, so werden wir Sie und Ihre Geschwister wie auch alle anderen Kinder möglicher J’eberde-Agenten daraufhin untersuchen, welche Gene diese Leute auf Sie übertragen haben. Nach allem, was wir wissen, gibt es so etwas wie ein ›Verräter-Gen‹ nicht, aber sollte das doch der Fall sein, so werden unsere Wissenschaftler es finden und eine Möglichkeit entwickeln, es zu neutralisieren.«
»Danke, Ma’am«, sagte Isabella, und es klang überaus erleichtert.
Als sie ging hatte zum ersten Mal seit Tagen das Gefühl, dass ihre Karriere im Star Corps doch kein abruptes Ende finden würde. Sie war jedenfalls entschlossen, sich der Chance, die sie gerade bekommen hatte, als würdig zu erweisen.
*
Kaneshar fühlte sich nicht
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