Sternenfaust - 110 - Die Fünfte Kolonne
er gar nicht erst einen Versuch in diese Richtung, sondern lächelte verächtlich. »Ohne den Computerfehler, der zur falschen Zeit passierte, hätten Sie mich nie erwischt«, war er überzeugt. »Und wenn er nicht so schnell wieder behoben worden wäre, wäre ich längst weg, bevor Sie mir auf die Schliche gekommen wären.«
»Oh, Sie haben sich durch Ihre Weigerung, das Wahrheitsserum zu nehmen, verdächtig genug gemacht. Sie werden sehen, was wir jetzt alles machen können. Ich freue mich schon auf das, was Sie mir alles zu erzählen haben.« Laurie blickte ihn kopfschüttelnd an. »Mr. Abenaike, Sie sind doch ein Mensch «, erinnerte er ihn. »Wie viel zahlen die J’ebeem Ihnen für Ihren Verrat?«
Joris Abenaike verzog das Gesicht zu einem Grinsen. »Nichts, Agent Laurie, denn Sie verkennen die Fakten. Ich bin nur genetisch ein Mensch, aber ich wurde als J’ebeem geboren, und meine Loyalität gehört meinem Volk – nicht den Menschen. Und ich habe noch eine Menge ›Geschwister‹, die alle so sind wie ich. Doch Sie werden keinen einzigen davon finden.« Er lachte höhnisch.
»Joris Abenaike – oder wie immer Sie heißen – Sie sind verhaftet wegen Hochverrats.«
Abenaike ließ sich widerstandslos Handfesseln anlegen und abführen. Doch zu Lauries Verblüffung und der seiner Leute begann er jetzt zu singen. Zumindest hörte sich die wortlose Reihenfolge von Tönen, die er von sich gab, wie eine kurze Melodie an, wenn sie auch einige Dissonanzen enthielt. Unmittelbar nach dem letzten Ton wurde er aschfahl und kippte ohne einen Laut um.
»Was zum Teufel!«, entfuhr es dem Agenten, der ihn am Arm gehalten hatte, und er bückte sich rasch, um Abenaikes Puls zu fühlen. »Er ist tot, Sir«, stellte er tonlos an Laurie gewandt fest.
Laurie presste ärgerlich die Lippen zusammen. »In die Pathologie mit ihm! Ich will wissen, woran er gestorben ist. Und wir statten seiner Wohnung und seiner Familie einen Besuch ab.«
*
»Sie könnten praktisch überall sein!« Die mit gepresster Stimme und angespanntem Gesichtsausdruck vorgebrachte nüchterne Feststellung von Jasper Mitchell, dem Vorsitzenden des Hohen Rates der Solaren Welten, brachte die Sache auf den Punkt und trug nicht dazu bei, die düstere Stimmung dieser geheimen Sitzung zu heben. Schließlich erfuhr man nicht alle Tage, dass die J’ebeem es irgendwie geschafft hatten, Agenten zu fabrizieren, die genetisch zu hundert Prozent Menschen, ideologisch aber durch und durch J’ebeem waren, die treu zur j’ebeemischen Regierung und dem Reich standen, weshalb man sie im Imperium der J’ebeem J’eberde nannte – eine Kombination aus »J’ebeem« und »J’erde«, dem Jubar-Wort für »Mensch«.
Zumindest behauptete das Lauries Quelle beim j’ebeemischen Geheimdienst Temuran, die er diesbezüglich sofort nach Joris Abenaikes Tod kontaktiert hatte. Zwar wusste der Agent selbst nichts Genaues darüber, sondern kannte nur vage Gerüchte, aber er würde der Sache nachgehen.
»Was sie mit Sicherheit auch sind«, stimmte Laurie der Meinung des Ratsvorsitzenden über die potenziellen Aufenthaltsorte der Spione jetzt nüchtern zu. »Bis zum Beweis des Gegenteils müssen wir davon ausgehen, dass tatsächlich jeder Mensch ein J’eberde-Agent sein könnte. Auch Sie, Sir, oder ich oder Admiral Gernet.«
Suzanne Gernet, die Leiterin des Star Corps-Einheiten auf Ganymed, schnaufte ungehalten. »Das ist doch wohl nicht Ihr Ernst, Mr. Laurie. Ich kann lückenlos nachweisen, dass ich von Geburt an in den Solaren Welten gelebt habe. Wie sollte ich da wohl eine J’eberde sein können?«
»Mit Verlaub, das konnte Joris Abenaike auch. Wir haben seinen gesamten Lebenslauf von der Wiege bis zur Bahre durchleuchtet, und ich versichere Ihnen, dass es absolut nichts gab, das darauf hingedeutet hätte, dass er nicht der war, der er zu sein vorgab.«
»Dann haben Ihre Leute ihre Arbeit nicht gründlich genug gemacht!«, schnappte Gernet gereizt. Sie nahm die Entlarvung Abenaikes sehr persönlich, denn immerhin hatte sie dem Mann in vollem Umfang vertraut und sich auf sein Urteil stets verlassen. »Abenaike muss irgendwann aus dem Nichts in den Solaren Welten aufgetaucht sein, und das muss sich doch in irgendeiner Form nachweisen lassen! Suchen Sie ehemalige Schulkameraden von ihm oder Lehrer, Ausbilder, Wohnungsmanager. Irgendwer muss doch den echten Abenaike gekannt und sich Gedanken über dessen Verschwinden gemacht haben. Es gibt garantiert entsprechende Spuren,
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