Sternenfaust - 113 - Abgrund des Geistes
Sirius III mit einem schmerzhaften Absturz für seine Bemühungen.
Es hat keinen Zweck , dachte er und massierte sich den wild pochenden Knöchel mit den Fingerspitzen. Ich komme hier allein nicht mehr raus. Doch als er nach dem schlichten Funksender an seinem Gürtel griff, um Hilfe zu rufen, stellte er fest, dass das kleine Gerät, welches er zur Sicherheit meistens auf diesen Pilgergängen bei sich trug, hoffnungslos zerstört war. Es sah aus, als hätte ein Riese es in seine gewaltigen Hände bekommen und kräftig zugedrückt. Unrettbarer Elektroschrott und in Williams aktueller Lage absolut nicht zu gebrauchen.
Abermals wallte Panik in William auf. Hillarytown war weit und auch das heimische Kloster einen guten Marsch entfernt. So schnell würde ihn hier niemand finden, auch niemand vermissen. Sechs Stunden waren lang, wenn man auf den Retter wartete. Vielleicht aber nicht lang genug.
»Hilfe«, schrie der Christophorer durch die ramponierte Atemmaske, und wusste doch, dass niemand da war, der ihn hörte. »Hilfe, ich bin hier unten!«
Und eine kleine böse Stimme in seinen Gedanken ergänzte: Noch …
*
Das Blau in den großen Augen Frida Gudmundsdottirs war in den vergangenen Minuten noch ein wenig dunkler geworden, zumindest hatte Emma Kalani den Eindruck gewonnen, während sie ihrer Freundin von dem berichtete, was ihr widerfahren war. Von den Gedanken und Gefühlen, die nicht ihre eigenen gewesen waren. Und von dem Laserskalpell.
»Glaube mir, ich wollte das gar nicht«, sagte Emma, als sie den erschrockenen Ausdruck auf Fridas ohnehin schon leichenblassem Gesicht bemerkte, und hob die Arme, als könne sie die Schwere ihrer eigenen Worte mit dieser hilflosen Geste ein wenig abmildern. »Ich … ich bin nicht der Typ, der sich selbst verletzt. Und um mir das Hirn aus dem Schädel zu lasern, fehlt mir ebenfalls die Motivation.« Emma bemühte sich zu lächeln.
»Aber warum hast du …«, begann die junge Novizin leise, brach aber ab und sah die Freundin ernst an.
»Um dem Lärm ein Ende zu bereiten, nichts weiter. Du kannst dir nicht vorstellen, wie das war. Alles in mir war mir fremd, alles war nicht ich selbst. Bilder, die ich nicht kannte, die aber wie eigene Erinnerungen wirkten. Sehnsüchte und Emotionen, die nicht mir gehörten, mich aber vollends in ihren Bann schlugen. Ich war … tausend Personen auf einmal, zumindest im Geiste. Und mir war, als würde die echte Emma Kalani unter der Wucht dieser Gegensätze zerplatzen. Alles, was ich mit dem Skalpell erreichen wollte, war, einen Ausgang zu schaffen. Einen Druckausgleich, wenn du so willst.«
»Emma, du hättest sterben können! Du wolltest nichts weiter als wieder fliegen zu können. So hättest du das doch nie erreicht!«
Die Pilotin seufzte, sichtlich mitgenommen von der Erinnerung. »Soweit habe ich gar nicht gedacht, nicht denken können . Ich weiß, dass es nicht logisch von mir war. Aber in dem Moment galt keine Logik mehr! Hätte ich meinen Kopf abschrauben und wegwerfen können, Frida, dann hätte ich auch das mit Freuden getan. Es ging nicht mehr um Vernunft, nur noch um den Reflex. Und der Reflex rief: Raus damit.« Bei dem Gedanken an die schrecklichen Minuten zog ihr ein kalter Schauer über den Rücken, und Emma wickelte sich fester in die Decke des Krankenhausbettes, auf dem sie und Frida saßen. »Ich war das nicht, Frida«, sagte sie leiser und registrierte dankbar, wie die Freundin ihr die Arme um die Schultern legte. »Das … das hatte nichts mehr mit mir gemeinsam.«
Frida nickte. »Vertrau den Ärzten. Aber jetzt wird alles gut, du wirst sehen.«
Als hätte er nur auf ein Stichwort gewartet, betrat Dr. McAllister in diesem Augenblick den Raum. Mit leichtem Schmunzeln und einem angedeuteten Kopfnicken nahm der sympathische Chefarzt Fridas Anwesenheit zur Kenntnis, dann wandte er sich seiner Patientin zu. »Gute Nachrichten, Lieutenant Kalani. Die STERNENFAUST hat uns jetzt eine neue Dosierungsanweisung übermittelt, mit der eine Wiederholung der dramatischen Ereignisse, wie wir sie erlebt haben, ausgeschlossen werden soll. Dr. Kremer lässt Sie übrigens grüßen.«
»Na, wenn das nichts ist«, murmelte Frida sarkastisch, und Emma musste lachen.
»In Ordnung, Doktor«, sagte die Pilotin und wies auffordernd auf die medizinischen Gerätschaften an ihrem Krankenbett. »Dann legen Sie mal los.«
Während sich der Arzt an den Maschinen zu schaffen machte und die neuen Einstellungen vornahm, fragte Frida: »Und
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