Sternenfaust - 129 - Der Gott im Exil (4 of 4)
Waffe in der ausgestreckten Rechten, trat die selbst ernannte Kommandantin der STERNENFAUST auf ihn und Bruder Izanagi zu. Franzen sah, wie sich Izanagi an seiner Seite versteifte. Hatte der Telepath gefunden, weswegen er ihn mitgenommen hatte? Franzen hoffte es. Falls nicht, war alles vergebens. Dann hatten sie sich völlig umsonst in diese Gefahr begeben.
Und würde auch der Rest ihres Planes klappen?
»Miss Berger«, grüßte Franzen und deutete ein Nicken an. »Bequem haben Sie’s hier, das muss ich schon sagen. So viel Platz …« Dabei ließ er seinen Blick durch den Raum schweifen. Nur wenige Stationen waren in Betrieb, und auch wenn Franzen kein Experte für diesen Schiffstyp war, begriff er sofort, dass der stolze Star Cruiser unterbesetzt war. Es schien, als sei nur noch eine Notbesatzung an Bord. Genug, um alle relevanten Arbeiten zu verrichten. Und »wenig genug« sozusagen, um das Risiko einer Revolte innerhalb der Revoltierenden zu minimieren. Wer auch immer hinter dieser Aktion steckte, ging mit Bedacht vor.
»Wo haben Sie Ihre Kollegen gelassen?« Franzen schenkte der jungen Offizierin einen naiven Blick und deutete auf eine der leer stehenden Konsolen. »Freier Tag? Betriebsausflug?«
Wie erwartet, reagierte die Anführerin der Meuterei unwirsch auf diesen Spott. Und wie ebenfalls erwartet, ließ sie ihre Marionetten die Drecksarbeit für sich erledigen. Franzen sah, wie Berger die Stirn in Falten legte, als müsse sie sich konzentrieren – und keine zwei Sekunden später löste sich einer der Soldaten aus ihrer Eskorte und rammte dem Kommandanten den Lauf seines Nadlers in den Rücken. Franzen keuchte und sank auf ein Knie.
»Betrachten Sie das als Anzahlung«, kommentierte Berger süffisant. »Ein kleiner Vorschuss für dumme Sprüche.«
Das Schauspiel läuft gut , dachte Franzen und gab vor, sich die schmerzende Stelle zu halten. Als er sich wieder aufrichtete – schön langsam, um nicht aus der Rolle zu fallen, in der Berger ihn sehen sollte – warf er Bruder Izanagi einen Blick zu. Der Christophorer nickte.
Wunderbar , dachte der Captain erleichtert. Dann kann’s ja losgehen. Zeit für den finalen Angriff!
»Sie haben mir übrigens meine Frage noch nicht beantwortet, Berger«, sagte er dann in sachlichem Tonfall. »Sind Sie nun von Haus aus blöd – oder nicht?«
*
Izanagi spürte es, noch bevor die Reaktion kam: Berger hatte genug. Ihre Wut war wie eine Welle, ein mentaler Tsunami, der von ihr ausging und seinen eigenen Geist zu überfluten drohte. Krampfhaft stellte sich der Telepath dem Ansturm entgegen, errichtete gedankliche Barrieren und versuchte, sich vor der Wucht der von Berger ausgehenden Eindrücke abzuschotten.
Doch es war zu spät.
Zu viele Bilder! Zu viele Emotionen! Alles und immer und überall auf einmal! Als hätte ihn jemand physisch am Kopf getroffen, sackte Izanagi Narada zusammen.
Vor seinen Augen drehte sich die Brücke. Franzen rief seinen Namen, doch in Izanagis Zustand drang die Stimme kaum noch zu ihm durch.
Die Knie wurden dem Christophorer weich, und eine unsichtbare Last schien mit einem Mal auf seinem Brustkorb zu liegen. Fäuste aus Eisen, bitterkalt und gnadenlos, pressten seine Lungenflügel zusammen und raubten ihm den Atem. Sein Schädel dröhnte. Das Geräusch des eigenen Blutes, rauschend wie ein Wasserfall, durchtoste seine Ohren (Oder ist das die Lüftung? Schon wieder die Lüftung?) , und das Pochen des eigenen Herzschlages wurde dank seiner überreizten Nerven zu einem Stakkato des Grauens, das ihn stetig näher an den Rand des Wahnsinns brachte.
Mit einem Mal schwanden die letzten Barrieren. Jedes Bewusstsein, jeder Gedanke an Bord der STERNENFAUST III hallte plötzlich in Izanagis Verstand wider. Ein unfassbares Chaos aus fremden, kontextlosen Erinnerungen, Eindrücken und Dialogfetzen begrub das unter sich, was Narada selbst ausmachte. Unwiederbringlich?
Fokussieren! , schrien sämtliche Lehrmeister, die er in seinem kurzen Leben gehabt hatte, gleichzeitig in dem Malstrom seiner Gedanken. Fokussieren!
Es waren Worte, die auf taube Ohren stießen. Ratschläge, die keine Hilfe mehr waren. Weil sie zu spät kamen. Izanagi Narada – einstmals von Sirius III, dann vom Mars und nun von einen obskuren Schiff des Far Horizon -Konzerns; Schüler und Bruder, Suchender und Wissender, Gläubiger und Telepath – ertrank in einem Meer aus mentalen Bildern, in dem es kein Land gab und die Wirklichkeit kaum mehr als eine ferne
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