Sternenfaust - 141 - Spuren im Weltraumfriedhof
Und jetzt frage ich Sie, Vincent, denn ich möchte Sie auf meiner Seite wissen – was stellt für uns eine größere Bedrohung als die Kridan dar?«
Vincent löste seine steife Sitzhaltung, streckte seinen Oberkörper und ließ die Hände auf die Lehnen gleiten. Er musste nicht auf Bidlos Frage antworten, denn es war unzweifelhaft, von was die Admiralin sprach: von jenen riesigen quallenartigen Objekten, die den Flotten der Solaren Welten und der Kridan bei deren Heimatwelt den Garaus gemacht hatten.
»Ich höre«, sagte Vince in neutralem Tonfall.
»Wir verfügen über ein zweifach redundantes Datenbank-System, das sich auf Ganymed, Vesta und Karalon befindet. In regelmäßigen Abständen findet ein automatischer Abgleich aller drei Datenbanken statt. Hier werden sämtliche auch nur möglicherweise militärisch relevanten Daten gespeichert. Eine Hauptkategorie nennt sich schlicht Materialwissenschaft . In einer Unterkategorie werden sämtliche auf dem Schiffsfriedhof vorgenommenen materialwissenschaftlichen Analysen gespeichert.«
Komm zum Punkt, Alex!
»Seit etwa drei Wochen haben wir in der Karalon-Datenbank einen Datensatz, der zwar wissenschaftlich interessant, aber bis vor zwei Tagen von keiner größeren Bedeutung war. Dieser Datensatz beinhaltet die Analyseergebnisse von bestimmten Wrackteilen, die in jenem 3 Millionen Kubikkilometer großen Teil des Schiffsfriedhofs gefunden wurden. Diese Wrackteile lassen sich keinem Schiffstyp einer uns bekannten Spezies zuordnen, was natürlich nichts Außergewöhnliches ist, da wir dort ja vielen Wracks unbekannter Herkunft begegnet sind.«
Komm zum Punkt, Alex!
»Etwas interessanter ist dagegen die Materialbeschaffenheit dieser Wrackteile. Das Metall zeigt vorzugsweise einen kubischen Gittertyp, an manchen Stellen ist er aber durch einen hexagonalen ersetzt. Genau an diesen Stellen variiert auch die Menge der Valenzelektronen – sie sind dort in spezifischer Weise bei allen gefundenen Wrackteilen um einen bestimmten Betrag reduziert. Ich brauche nicht näher darauf einzugehen – das komplette Datenmaterial werden wir auf die STERNENFAUST transferieren.«
Bitte, Alex, um was geht es?
»Auf jeden Fall haben alle diese Stellen eine spezifische, unverwechselbare Signatur. Wie dies zustande kam, war Gegenstand von Spekulationen, die vor zwei Tagen beendet wurden – als unsere Datenbank ihren routinemäßigen Abgleich mit der von Vesta durchführte. Ein Vergleichsalgorithmus, der sämtliche Kategorien durchforstet, zeigte uns exakt dieselbe Signatur bei denjenigen Schiffen der Solaren Flotte, die nicht nur das Desaster bei Kridania überstanden, sondern deren Beschädigungen mit Sicherheit durch den Beschuss …«
»… der verdammten Quallen verursacht wurde!«, rief Vince.
»Richtig, Vincent.« Alex Bidlo machte eine Pause. Vince knetete sein Kinn. Das war allerdings eine sensationelle Information. Spuren der Quallen – im Weltraumfriedhof.
»Und diese um 0,02 Gigahertz erhöhte Grundstrahlung?«
»Wird von jedem der genannten Wrackteile emittiert – aber nicht von den Star-Corps-Schiffen auf Vesta, die von den Quallen getroffen wurden. Damit haben wir ein Merkmal totaler Übereinstimmung und ein Merkmal totaler Differenz.«
Vincent atmete hörbar aus. Dann fragte er in ruhigem Tonfall: »Wie lautet der Einsatzbefehl für die S.C.S.C. STERNENFAUST, Admiral Bidlo?«
»Fliegen Sie zum Schiffsfriedhof nach Transalpha und suchen Sie nach weiteren Hinweisen auf die quallenartigen Angreifer. Die Zielkoordinaten werden Ihnen übermittelt. Priorität hat das Aufspüren möglichst kompletter Schiffswracks mit der spezifischen Materialsignatur. Vielleicht können wir so in den Besitz von intakten Datenspeichern gelangen, die uns Aufschlüsse über die Quallen liefern. Es gibt im Augenblick kein Schiff, das besser für diese Aufgabe geeignet wäre als die STERNENFAUST, Vincent.«
»Ich fühle mich verpflichtet, darauf hinzuweisen, dass die STERNENFAUST lediglich einen virtuellen, im Rechner simulierten Stapellauf hinter sich hat, seit dem sie repariert und aufgerüstet wurde.«
»Ich weiß, Vince. Deshalb führen Sie bitte alle notwendigen Testläufe in verkürzter Form auf Ihrem Flug zum Schiffsfriedhof durch. Die Admiralität hat für die Tests im Einsteinraum zwei Stunden angesetzt. Wenn es keine gravierenden Beeinträchtigungen gibt – wovon ich ausgehe –, wechseln Sie anschließend in den HD-Raum mit Kurs Lor Els Auge und führen gleichzeitig die
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