Sternenfaust - 141 - Spuren im Weltraumfriedhof
ausgeschieden.
Die Speisen sahen verlockend aus, doch Tanguur hatte keinen Appetit. Er wandte sich vom Tisch ab und wandelte gemächlich zur anderen Seite des Saales, wo es sich Harath und Denirth in komfortablen Sesseln bequem gemacht hatten. Die meisten der Anwesenden besaßen tätowierte rechte Gesichtshälften, was sie als Adelige auswies. In diesen Körperzeichnungen waren viele Informationen untergebracht. Sie gaben zum Beispiel Aufschluss darüber, welchem Haus sein Träger angehörte und welche Stellung er darin einnahm. Narut Tanguur kannte sich sehr gut mit diesen Tätowierungen aus, obwohl er ein bürgerlicher J’ebeem war. Die hohe Position, die er als Triumvir innehatte, hatte mit der Zeit dazu geführt, dass er die Macht des Hochadels als weniger bedrohlich empfand. Ja, er brachte dem Adel inzwischen weit mehr Hochachtung entgegen, als zu der Zeit, als er noch kein Mitglied des Unteren Triumvirats gewesen war. Seine eigene Machtfülle verleitete ihn manchmal dazu, sich als Gleicher unter Gleichen zu fühlen, wenn er, so wie jetzt, mit dem Adel Ebeems zusammenkam. Zwar wurde er von den Aristokraten im Allgemeinen galant behandelt, dennoch kam es hin und wieder vor, dass sie ihn den Dünkel spüren ließen, mit dem sie auf das Bürgertum hinabblickten. Und dies versetzte ihm jedes Mal einen Stich, anstatt ihn, wie es früher gewesen war, aus dem Bewusstsein bürgerlicher Gleichberechtigung heraus aufbegehren zu lassen. Er war als Mitglied des Unteren Triumvirats vom Volk gewählt worden und hatte dessen Interessen zu vertreten, dennoch ertappte er sich hin und wieder bei dem Wunsch, in den Adelsstand erhoben zu werden.
So sehr Tanguur den Adel heimlich bewunderte, so zwiespältig war allerdings sein Verhältnis zum Adeligen Gondrel Harath. Dem Aristokraten aus dem Haus Haskano war alles nur so zugefallen. Obschon er ein Adeliger war, hatte das Volk ihn mit großer Mehrheit in das Untere Triumvirat gewählt, in der offensichtlich unerschütterlichen Überzeugung, in ihm einen überzeugten Vertreter der Volksinteressen zu haben. Hatte es Harath nötig gehabt, einen Wahlkampf zu führen? Nein! Schließlich war er der Großneffe des berühmten Siron Talas! Das Volk schien in seiner Naivität anzunehmen, dass die Kraft und das Ethos des berühmten Reformers von 520 ganz automatisch auch dessen Großneffe zukommen müsse, dass das Haus Haskano quasi ein Garant für die Wahrnehmung der Volksinteressen sei! Tanguur wollte zwar nicht leugnen, dass Harath über außenpolitisches Geschick verfügte – dennoch war dem Spross des Hauses Haskano alles in den Schoß gefallen! Er – Tanguur – und auch Bektran Denirth hatten sich im Wahlkampf gegen viele Konkurrenten durchsetzen müssen; sie hatten sich um Sponsoren aus der Industrie bemühen müssen; sie waren unermüdlich tätig gewesen und hatten einen Auftritt nach dem anderen absolviert; und sie hatten sich am Ende nur knapp gegen ihre Mitbewerber durchsetzen können. Nichts von alldem bei Gondrel Harath! Er war praktisch gedrängt worden, für das Untere Triumvirat zu kandidieren, und seine Wahl war quasi schon in dem Moment sicher gewesen, als er sich zur Kandidatur entschlossen hatte.
So war Tanguurs Verhältnis zu seinem Mit-Triumvirn Harath von Anfang an zwiespältig gewesen. Zum einen bewunderte er Harath für die schlichte Schicksalstatsache, dass er aus dem berühmten Haus Haskano stammte, zum anderen ärgerte er sich über jenen gut aussehenden jungen Mann, der bloß mit den Fingern zu schnippen brauchte, um das zu bekommen, was Tanguur nur mit viel Mühe, Geduld und Ausdauer zu erlangen vermochte.
Der Triumvir hatte den Saal durchquert und war bei seinen Kollegen angekommen. Er zog sich mit seinem verbliebenen Arm einen Sessel heran und nahm Platz.
»Was macht die Verletzung?«, erkundigte sich Bektran Denirth und deutete vage auf eine Stelle, an der nur Tanguur einen Arm sehen konnte.
»Die Simulation ist eine wirkliche Erleichterung. Mit dieser Schusswaffe hätte Kasmaar Tamris vermutlich auch einen Drachen niederstrecken können. Aber kann ich dem Toten böse sein? Er war nicht mehr Herr seiner Sinne – manipuliert von diesen dreisten Erdanaar.«
»Von einem dreisten Erdanaar, um genau zu sein«, sagte Harath. »Wir sollten nicht ungerecht sein und ein ganzes Volk verurteilen. Es ist Yonar und sein sogenannter Rat der Wahrung, dem der Intrigant Zaruk angehörte. Die Erdanaar machen eine schwere Zeit durch – ihr Volk ist gespalten.«
»Wie
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