Sternenfaust - 152 - Am Scheideweg (2 of 2)
von Neso-Helemiiru werden sollte – bisher hatten sie sich auf keinen eingängigeren Namen für ihre neue Heimat geeinigt, und seit der Sache mit dem »Turanor-Berg« hütete sich der oberste Alendei, in derartigen Dingen auf seine Mitarbeiter zu drängen – und nickte zufrieden. Die Hilfsbauten aus vorgefertigten Wand-, Decken- und Bodenplatten, in denen sie momentan noch tagten und die Besiedelung dieses Planeten koordinierten, würden bald ein Ding der Vergangenheit sein. Fast war ihm, als kanalisierten seine Mit-Alendei den Schmerz, den sie wegen der verlorenen Zwillingswelten verspürten, in Energie. In den Willen, etwas Neues aus dem Nichts zu schaffen, in das ihr Schicksal sie verschlagen hatte.
Fast.
Turanor wusste, wie sehr sein Volk litt – diejenigen, die bereits hier waren und in den provisorischen Unterkünften hausten, auf den zahlreichen Baustellen arbeiteten und die neue Welt durch Terraforming ein wenig wohnlicher, erträglicher zu machen versuchten, und diejenigen, die noch im Transit oder gar auf Helemaii’nu waren. Die warteten.
Was ihnen allen widerfahren war, war eine Katastrophe, wie sie die Alendei nie zuvor hatten meistern müssen. Denn diesmal kam die Bedrohung nicht von außen, sie kam von innen. Die unwiederbringliche Zerstörung der Heimat bedeutete, und das Leid, das sie verursachte.
Das sah Turanor, wann immer er seinen Mitstreitern auf Neso-Helemiiru in die Augen sah. Er hörte es in ihren Gedanken, las es in ihren Gesten, ihrer Körperhaltung. Der gebückte Gang, der trübe Blick, die Gesichtszüge, die wirkten, als läge ein dünner, dunkler Schleier über ihnen. Alendei mochten keine dauerfröhlichen Wesen sein, aber sie waren auch nicht die Trauernden, als die sie sich seit Tagen präsentierten. Eigentlich.
Turanor hätte alles gegeben, um diese Schleier von ihnen zu nehmen. Er wusste nur nicht, wie. Wie betrog man Naturgewalten, überlistete man das Schicksal?
Guten Morgen, edler Turanor. Es geht voran, wie ich sehe. Turanor war so in Gedanken verloren gewesen, dass er Leilanii nicht hatte kommen hören. Nun zuckte er zusammen – woraufhin sie lächelte. Doch ihre Augen lächelten nicht. Hab keine Angst. Ich komme als Helferin, nicht um zu schaden.
Er winkte ab. Verzeih meine Unachtsamkeit. Mein Erschrecken basiert auf Gedanken, die nicht hierher gehören, weil sie mich nur von dem ablenken, was vor mir liegt.
Uns alle, Turanor. Uns alle. Sie nickte langsam. Jeder hier spürt es. Dies ist nicht unser Heim.
Er seufzte und kümmerte sich nicht, ob sie es bemerkte. Die Zeit für Fassaden war längst vorüber. So darfst du nicht denken, Leilanii. Wo ist der Geist des Neuanfangs, den wir vor Tagen erst dort drinnen heraufbeschworen? Wo bleibt dein Enthusiasmus für die Aufgabe, die vor uns liegt? Du selbst hast gesagt, es gehe voran.
Äußerlich , ja, stimmte sie ihm zu. Unsere Architekten und Bauleute leisten gute Arbeit, und auch die Evakuierung verläuft dank der Hilfe des Star Corps mittlerweile zügig. Unsere Körper mögen sicher die neue Heimat erreichen. Doch unser Inneres, unsere Gedanken, unsere Sehnsüchte … Sie alle verweilen noch immer auf unserer Heimat.
Wenige Meter vor ihnen surrten automatische Replikatoren durch die Luft, knapp oberkörpergroße Antigrav-Geräte, die Materie speicherten und nach vorprogrammierten Mustern und am vorgegebenen Ort in Form von Baumaterialien wieder abgaben. Ein komplexes System aus Datensträngen und Programmroutinen bestimmte ihr Handeln, das von einer bei der Bauaufsicht befindlichen Schnittstelle aus beaufsichtigt und koordiniert wurde. Das Geräusch der Maschinen, die quasi Hand in Hand mit den lebendigen Arbeitern an den zukünftigen Behausungen der Alendei werkelten, hatte etwas Beruhigendes, fand Turanor. So klang Fortschritt, selbst in der Fremde. So klang der Beweis, dass es weiterging. Immer.
Mein Schmerz ist nicht relevant , erwiderte er weitaus bitterer als er wollte. Niemandes Schmerz ist das. Wir sind nicht freiwillig auf dieser Welt, das ist richtig. Doch wir sind nun mal hier. Und das Beste, was uns zu tun bleibt, ist diese Lage zu unser aller Vorteil zu nutzen. Wie wir es beschlossen haben. Wie wir es alle wissen.
Er musste nicht in ihre Augen sehen, um zu erkennen, was sie dachte. Die Planeten-These, dieses Buschfeuer der Angst und des Zweifels, steckte ihnen allen in den Gliedern. Fürchten wir sie, weil uns Neso-Helemiiru wie die Bestätigung dieser Theorie vorkommt , fragte er sich, oder kommt uns
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